Merkels Durchhalteappell
Die Kanzlerin erläutert im Fernsehen ihre Corona-Politik – und verteidigt sich.
BERLIN Schleppender Impfstart, geschlossene Schulen und Geschäfte, Angst vor Virusmutationen: Der Januar war für die Menschen in Deutschland eine Belastung, die Nerven liegen bei vielen blank. Die Politik gerät in die Defensive, muss den Lockdown und seine Folgen immer wieder rechtfertigen und um Verständnis bitten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entschloss sich nach dem zähen Impfgipfel, ins Fernsehen zu gehen und erneut für ihren Weg zu werben. In der ARD-Sendung „Farbe bekennen“legt sie am Dienstagabend dar, was sie in dieser Krise bewegt und an welcher Stelle sich das Land gerade befindet.
So bekräftigt Merkel ihre Zusage, dass bis Ende des Sommers jede Person in Deutschland ein Impfangebot bekommen werde. Aber: „Wenn die Mutationen einen Impfstoff unwirksam machen würden, dann würde sich die Sache anders darstellen“, fügt sie hinzu. Bisher haben Hersteller wie Biontech jedoch betont, dass ihre Impfstoffe auch gegen die registrierten Mutanten wirken.
Sie habe Verständnis für den Frust über überlastete Hotlines, sagt Merkel, doch „auch mit mehr Geld“hätte man nicht schneller Impfstoff besorgen können. „Im Großen und
Ganzen“sei auch nichts schiefgelaufen bei der Bestellung durch die EU. So habe es in Großbritannien für Astrazeneca eine Notzulassung gegeben. In Europa sei der Impfstoff mit der Gründlichkeit der normalen Zulassung geprüft worden. Merkel betont, sie stelle sich nicht grundsätzlich gegen Impfstoffe aus China oder Russland – diese müssten aber eine normale Zulassung durchlaufen, Hersteller müssten ihre Studien öffentlich machen.
Es wurme sie, dass andere Länder beim Impfen schneller seien, aber man werde dieses Defizit aufholen, versichert die Kanzlerin. Das Impfmanagement wiederum hätten die Bundesländer im Alleingang machen wollen, da gebe es unterschiedliche Konzepte, erwähnt sie dann noch. So ganz allein will der Bund die Schuld für den langsamen Impfstart nicht auf sich nehmen. Mehr Druck auf Hersteller werde das Problem nicht lösen, aber an fehlenden Ampullen werde man auch nicht scheitern, fügt sie mit Blick auf die Diskussion um Notfallpläne der Industrie hinzu.
Wie geht es nun weiter? Der Lockdown ist bis zum14. Februar vereinbart; am 10. Februar wird sich die Kanzlerin erneut virtuell mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten treffen. Merkel macht den Bürgern wenig Hoffnung auf eine baldige Lockerung – trotz sinkender Infektionszahlen. Sie bitte alle Menschen, „noch eine Weile durchzuhalten“. Zwar gebe es jetzt bundesweit eine Sieben-Tage-Inzidenz unter 100. „Das ist eine gute Leistung, da waren wir lange nicht. Aber damit haben wir noch nicht wieder die Kontrolle über das Virus durch die Gesundheitsämter.“
Die Kanzlerin ruft die Menschen dazu auf, mit der Einstellung an das Problem heranzugehen, man könne das Virus besiegen, indem man ihm nicht die Möglichkeit gebe, Menschen zu infizieren. Das bedeute, Abstand zu halten und wirklich vorsichtig zu sein. „Wenn wir das noch eine Weile durchhalten, dann wird es besser werden.“Aber, und das ist ihr auch wichtig: Lockerungen werde es auch nicht erst geben, wenn alle Bürger geimpft seien.