Rheinische Post Duisburg

Merkels Durchhalte­appell

Die Kanzlerin erläutert im Fernsehen ihre Corona-Politik – und verteidigt sich.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Schleppend­er Impfstart, geschlosse­ne Schulen und Geschäfte, Angst vor Virusmutat­ionen: Der Januar war für die Menschen in Deutschlan­d eine Belastung, die Nerven liegen bei vielen blank. Die Politik gerät in die Defensive, muss den Lockdown und seine Folgen immer wieder rechtferti­gen und um Verständni­s bitten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entschloss sich nach dem zähen Impfgipfel, ins Fernsehen zu gehen und erneut für ihren Weg zu werben. In der ARD-Sendung „Farbe bekennen“legt sie am Dienstagab­end dar, was sie in dieser Krise bewegt und an welcher Stelle sich das Land gerade befindet.

So bekräftigt Merkel ihre Zusage, dass bis Ende des Sommers jede Person in Deutschlan­d ein Impfangebo­t bekommen werde. Aber: „Wenn die Mutationen einen Impfstoff unwirksam machen würden, dann würde sich die Sache anders darstellen“, fügt sie hinzu. Bisher haben Hersteller wie Biontech jedoch betont, dass ihre Impfstoffe auch gegen die registrier­ten Mutanten wirken.

Sie habe Verständni­s für den Frust über überlastet­e Hotlines, sagt Merkel, doch „auch mit mehr Geld“hätte man nicht schneller Impfstoff besorgen können. „Im Großen und

Ganzen“sei auch nichts schiefgela­ufen bei der Bestellung durch die EU. So habe es in Großbritan­nien für Astrazenec­a eine Notzulassu­ng gegeben. In Europa sei der Impfstoff mit der Gründlichk­eit der normalen Zulassung geprüft worden. Merkel betont, sie stelle sich nicht grundsätzl­ich gegen Impfstoffe aus China oder Russland – diese müssten aber eine normale Zulassung durchlaufe­n, Hersteller müssten ihre Studien öffentlich machen.

Es wurme sie, dass andere Länder beim Impfen schneller seien, aber man werde dieses Defizit aufholen, versichert die Kanzlerin. Das Impfmanage­ment wiederum hätten die Bundesländ­er im Alleingang machen wollen, da gebe es unterschie­dliche Konzepte, erwähnt sie dann noch. So ganz allein will der Bund die Schuld für den langsamen Impfstart nicht auf sich nehmen. Mehr Druck auf Hersteller werde das Problem nicht lösen, aber an fehlenden Ampullen werde man auch nicht scheitern, fügt sie mit Blick auf die Diskussion um Notfallplä­ne der Industrie hinzu.

Wie geht es nun weiter? Der Lockdown ist bis zum14. Februar vereinbart; am 10. Februar wird sich die Kanzlerin erneut virtuell mit den Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten treffen. Merkel macht den Bürgern wenig Hoffnung auf eine baldige Lockerung – trotz sinkender Infektions­zahlen. Sie bitte alle Menschen, „noch eine Weile durchzuhal­ten“. Zwar gebe es jetzt bundesweit eine Sieben-Tage-Inzidenz unter 100. „Das ist eine gute Leistung, da waren wir lange nicht. Aber damit haben wir noch nicht wieder die Kontrolle über das Virus durch die Gesundheit­sämter.“

Die Kanzlerin ruft die Menschen dazu auf, mit der Einstellun­g an das Problem heranzugeh­en, man könne das Virus besiegen, indem man ihm nicht die Möglichkei­t gebe, Menschen zu infizieren. Das bedeute, Abstand zu halten und wirklich vorsichtig zu sein. „Wenn wir das noch eine Weile durchhalte­n, dann wird es besser werden.“Aber, und das ist ihr auch wichtig: Lockerunge­n werde es auch nicht erst geben, wenn alle Bürger geimpft seien.

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FOTO: DENZEL/BUNDESREGI­ERUNG/DPA Merkel mit Tina Hassel und Rainald Becker.

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