„Es kommt vor, dass man bedroht wird“
wichtig. Im schlimmsten Fall wird ein Arzt vorbeigeschickt.
Seit 2021 können unter der Nummer auch Termine für die Corona-Impfung vereinbart werden, dazu gibt es im Rheinland die direkte Durchwahl 0800 116117-01. Am Montag, 25. Januar, und in den Tagen danach, stand diese Nummer in der Kritik. Zehntausende, wenn nicht gar Hundertausende Senioren versuchten, sie anzurufen. Nicht immer mit Erfolg. Viele kamen nicht durch – und wenn, waren regelmäßig die vorhandenen Termine ausgebucht. Denn eine andere Geschichten über den Impfstart erzählen die Betroffenen selbst. Es gibt Berichte von Senioren, die es mehr als 200 Mal probiert haben sollen. Noch am selben Tag erklärte Ministerpräsident Armin Laschet: „Der Impfstart in NRW ist gelungen“.
Mehr als eine Million Anrufe gingen 2020 im Callcenter ein, das ist Rekord, und wenig überraschend lag das vor allem an einem Umstand: Der Corona-Pandemie. Waren es im Januar noch rund 80.000 Anrufe, stieg die Zahl im April auf 120.000. Nicht immer ging es um medizinische Notfälle. Oft wollten die Anrufer schlicht Informationen haben. „Wir sind überrannt worden. Aber wo sollten die Leute hin mit ihren Fragen?“, sagt Klein.
Anfangs ging es noch um allgemeine Themen. Ist das Virus gefährlich? Wann muss man sich testen? Später kamen viele Fragen von Urlaubsrückkehrern und zur Corona-App. Nahezu jeder Mitarbeiter hat einen medizinischen Hintergrund. Regelmäßig werden sie geschult – auch darin, wie man mit schwierigen Gesprächspartnern umgeht. „Wir erleben eine neue Qualität der Aggressivität“, sagt Klein. Dazu gehören auch Dorhungen.
Vorerst hat sich der Andrang gelegt. Bald könnte es jedoch weitergehen: wenn die unter 80-Jährigen geimpft werden dürfen und wieder die Telefone klingeln. Wann es soweit ist, weiß aber auch Klein nicht.
„Für die Arbeit im Callcenter braucht man vor allem eins: Empathie. Manche, die hier anrufen und einen Termin für die Impfung wollen, werden laut. Da kommt es auch mal vor, dass man beleidigt und bedroht wird. „Ihr bekommt hier ja gar nichts geschissen“, hat letztens ein Mann gesagt und aufgelegt.
Ich arbeite seit sechs Jahren im Callcenter. Ende 2020 habe ich erfahren, dass auf mich ein Mammutprojekt wartet. Zusammen mit rund 1000 Kollegen der Firma Sitel organisiere ich im Auftrag beider
Kassenärztlichen Vereinigungen in NRW die telefonische Terminvergabe für die Impfungen aller über 80-Jährigen im Land. Wer die 116 117 wählt, um einen Termin auszumachen, landet bei uns. Heute führe ich jeden Tag fast 150 Gespräche.
Natürlich ist es für die Anrufer ärgerlich, wenn die Leitung besetzt ist oder gerade keine Termine mehr frei sind. Aber wir geben jeden Tag unser Bestes . Wenn man dann nach einer langen Schicht Feierabend hat, ist es schon ärgerlich zu lesen, dass die Vergabe der Termine gescheitert sein soll. Aus meiner Sicht ist sie das nicht.
Wir haben sehr vielen Senioren einen Termin anbieten können – auch schon am ersten Tag. Mittlerweile sind fast alle Kapazitäten bis in den März vergeben. Jeder, der möchte, wird aber einen Termin bekommen. Manchmal rufen auch die Kinder oder Enkel an und machen gleich einen Termin für mehrere Verwandte aus. Zeit für Smalltalk haben wir nicht, auch wenn gerade sehr alte Anrufer oft verunsichert sind. Kann ich trotz meiner Vorerkrankung geimpft werden? Welche Nebenwirkungen gibt es? Da müssen wir an den Hausarzt verweisen.
Es kommt auch vor, dass Leute anrufen, die jünger sind. Denen erklären wir, dass sie noch warten müssen. Einige diskutieren deshalb und wollen gar nicht mehr aufhören. Aber hier sind die Beschwerden an der falschen Adresse. Wir haben die Regeln nicht gemacht.
Der Name der Mitarbeiterin ist der Redaktion bekannt. Sie möchte anonym bleiben.