Geheime Beerdigung wider Willen
Klaus Dapper ließ seine Mutter in Duisburg anonym bestatten. Was er nicht wusste: Er darf nicht erfahren, wo ihre Asche begraben ist.
Es ist ein trüber Winternachmittag. Trocken, aber düster. Klaus Dapper geht zwischen den Gräbern auf dem Parkfriedhof Hochheide entlang. Dapper wohnt nicht weit von dem Friedhof entfernt. Es ist der Ort, an dem er seine Mutter beerdigen lassen wollte. Ob es auch so gekommen ist, weiß nur die Friedhofsverwaltung. Und die wird es Dapper nicht sagen. Denn seine Mutter ist anonym bestattet worden.
Wenn ein Mensch in Duisburg anonym beerdigt wurde, erfahren seine Angehörigen nicht den Ort. Das war einmal anders. Doch die Stadt machte schlechte Erfahrungen. Die Felder seien zum Picknick aufgesucht und vermüllt worden, heißt es. Also wurden die Regeln geändert. „Ich kann es verstehen“, sagt Dapper. Mit der Stadt habe er auch kein Problem. „Ich bin verärgert über das Beerdigungsunternehmen.“Er sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass solche Regeln in Duisburg gelten. „Sonst hätte ich definitiv sofort ‚Stop’ gesagt. Anonym kann meine Mutter auch in Wladiwostok liegen.“
Klaus Dapper wurde 1948 in München geboren. Sein Vater fand als Kältetechniker Arbeit in Duisburg. Als Dapper sechs oder sieben Jahre alt war, zog die Familie um. Später ließen sich seine Eltern scheiden. Die Mutter ging zurück nach München, der Vater starb bereits vor längerer Zeit in Berlin. Dapper blieb in Duisburg, wurde Musiker. Er hat eine Frau und einen erwachsenen Sohn. Zu seiner Mutter in München habe er stets ein sehr gutes Verhältnis gehabt, sagt er. Am Ende war sie dement. Im Alter von 99 Jahren starb sie Ende Juli. „An Altersschwäche“, sagt Dapper.
Nach ihrem Tod wird es ein wenig chaotisch. Dapper erfährt zunächst durch einen Pfleger seiner Mutter davon, der die Polizei-Banderole vor ihrer Tür bemerkt. Die Beamten wussten nicht, wer der nächste Verwandte ist. Dann drängt das in München beauftragte Beerdigungsinstitut auf die weiteren Schritte. „Meine Mutter wollte verbrannt und anonym beerdigt werden“, sagt Dapper. „Das war ihr Wunsch.“Er wollte sie nach Duisburg überführen lassen. „Ich habe gedacht, so kann ich das Feld besuchen.“Auf Empfehlung einer Nachbarin beauftragt er das Beerdigungsinstitut Karl Schumacher. Ab diesem Punkt gehen die Meinungen auseinander.
Ein junger Mann sei mit seinem Laptop vorbeigekommen, sagt Dapper. „Es war ein ganz komisches Gespräch. Eigentlich habe nur ich gesprochen.“Darüber, dass er den Ort des Grabes nicht erfahre, habe ihn der Mitarbeiter nicht aufgeklärt. Das bestätigt auch Dappers Frau, die bei dem Termin ebenfalls dabei war. „Für mich war es die erste Beerdigung, um die ich mich kümmern musste“, sagt Dapper. Er habe nicht gewusst, wie das läuft. „Ich ging davon aus, dass mir jemand sagt: a, b, c – das sind die Möglichkeiten.“Das sei jedoch nicht geschehen.
„Es ist selbstverständlich, dass wir darüber aufklären“, sagt Karl-Markus Schumacher, Geschäftsführer des beauftragten Bestattungsunternehmens. „Aus unserer Sicht ist da nichts schiefgelaufen.“Mit den Mitarbeitern sei abgesprochen, dass eine Beratung zu erfolgen habe. Beispielsweise werde dabei auch erwähnt, dass die anonyme Bestattung in den Niederlanden günstiger und eine Beerdigungsteilnahme möglich sei. „Wenn die Angehörigen dann sagen, es soll trotzdem in Duisburg stattfinden, dann ist das so“, sagt Schumacher.
Ein Gespräch, zwei Versionen. Nach dem Besuch des Mitarbeiters sei ihm noch etwas weiteres negativ aufgefallen, so Dapper. Der Kostenvoranschlag für die Beerdigungskosten war höher als die Summe, die er dem Institut am Ende bezahlen musste. Dapper hatte sich damit bereits „überzahlt“. Nach einem Anruf habe sich eine Mitarbeiterin der Firma wegen der schlechten Beratung bei ihm entschuldigt, sagt Dapper. „Aber das kann man nicht mehr gutmachen.“
Dapper erfuhr erst nach der Beerdigung seiner Mutter davon, dass er den Ort nicht wissen dürfe. Er ließ sich die Regeln von den zuständigen Duisburger Wirtschaftsbetrieben erklären und hielt sich erst einmal zurück. „Ich habe bewusst gewartet, bis sich die erste Wut gelegt hatte. Das hätte sonst noch einen Prozess wegen übler Nachrede gegeben.“Erst ein halbes Jahr nach dem Tod seiner Mutter meldete er sich bei unserer Redaktion. „Ich will zumindest andere davor bewahren, dass ihnen sowas auch passiert.“