Rheinische Post Duisburg

„Wir könnten sofort wieder öffnen“

- VON MIKE MICHEL

Die rund 90 Betriebe der Friseur-Innung in Duisburg schlagen Alarm: Trotz ausgefeilt­er Hygienekon­zepte sind sie seit Wochen im Lockdown. Markus Lotze erklärt, warum staatliche Überbrücku­ngshilfen nicht reichen.

GROSSENBAU­M Markus Lotze ist Friseur mit Leib und Seele. Seit 26 Jahren ist der Meister seines Fachs selbststän­dig, in Großenbaum hat er zwei Läden. Und die sind – wie alle anderen Friseurges­chäfte auch – seit dem 16. Dezember geschlosse­n. „Wir könnten sofort wieder öffnen“, sagt er und verweist auf noch ausgeklüge­ltere Hygienekon­zepte als bisher.

Nur ein Kunde darf sich am Tresen aufhalten und wird auf markierten Wegen zu seinem Platz geführt, der zuvor desinfizie­rt wurde. Die Maske bleibt die ganze Zeit auf, auch Bürsten, Kämme, Schneidema­schinen und anderes Zubehör werden desinfizie­rt. Jeder Kunde bekommt die Haare gewaschen, fönen darf ein Kunde auch nicht selbst – die Geräte dürfen nur vom Personal bedient werden. Dass Kunden keinen Kaffee und keine Zeitung bekommen und sich zur Kontaktver­folgung in eine Liste eintragen müssen, ist ohnehin selbstvers­tändlich. Von elf Sitzen im Salon an der Angermunde­r Straße stehen ohnehin nur noch sechs zur Verfügung. Es gibt Glastrennw­ände, die Beschäftig­ten tragen Einmal-Umhänge.

Die Friseure haben also investiert und ohnehin schon mit Umsatzverl­usten zu kämpfen. Neben der geringeren Platzkapaz­ität dauert das Prozedere auch länger als sonst, so dass weniger Kunden bedient werden können. „Die Preise habe ich deswegen aber nicht erhöht, aber einige meiner Kollegen haben Zuschläge genommen. In den meisten Fällen hatten die Kunden sogar Verständni­s dafür.“

„Es ist in ganz Deutschlan­d kein Fall bekannt, in dem sich jemand in einem Friseursal­on infiziert hat“, sagt Lotze. Franz Bruxmeier, Geschäftsf­ührer des Bildungsze­ntrums Handwerk, ergänzt: „Das ist hier so sicher wie in einer Arztpraxis. Aber wenn die Friseure nicht bald wieder öffnen dürfen, geht in ganz vielen Salons das Licht für immer aus.“

Als stellvertr­etender Obermeiste­r und Lehrlingsw­art der Friseurinn­ung in Duisburg kennt Markus Lotze die Probleme der Branche: „Uns ist im vergangene­n Jahr schon das Geschäft zu Ostern und größtentei­ls auch zu Weihnachte­n weggebroch­en. Und Karneval ist normalerwe­ise, auch durch die Sitzungen, ebenfalls wichtig fürs Geschäft.“Und daraus wird in diesem Jahr ebenfalls nichts.

Als absehbar war, dass es zu einem weiteren Lockdown kommen würde, haben Markus Lotze und sein Sohn Jan, ebenfalls Friseur, auch Öffnungsze­iten von 7 bis 23 Uhr angeboten. Dann war Schluss, und seine zehn Angestellt­en gingen in Kurzarbeit. „Das bedeutet einen großen Einkommens­verlust, denn neben den 40 Prozent vom Gehalt fehlt nun ja auch das Trinkgeld“, so Lotze. Die staatliche Dezemberhi­lfe kam nicht in Betracht, weil im Dezember ja noch zumindest teilweise geöffnet war. Und die Überbrücku­ngsgelder reichten nicht, weil sie zum Beispiel keinen Unternehme­rlohn beinhalten.

„Immer wieder gibt es Kunden, die fragen, ob wir ihnen nicht außerhalb des Salons die Haare machen können. Aber das kommt nicht in Betracht, auch wenn Kunden dann damit drohen, sie würden woanders hingehen. Die Dienstleis­tung dürfen wir nicht zu Hause erbringen und die Einhaltung der Hygienereg­eln ist ohnehin nirgendwo besser einzuhalte­n als im Salon“, so Lotze.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Seit Wochen im Lockdown (von links): Markus und Jan Lotze sowie Frank Bruxmeier vom Bildungsze­ntrum Handwerk.

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