Taxiräuber vor Gericht: „Es tut mir leid“
Räuberische Erpressung in zwei Fällen lautet die Anklage gegen einen Familienvater aus Kamp-Lintfort. Der 50-Jährige hatte zwei Taxifahrer bedroht und beraubt. Der Beschuldigte gestand eine dieser Taten und bat das Opfer um Entschuldigung.
MOERS/KAMP-LINTFORT Wegen räuberischer Erpressung in zwei Fällen muss sich seit Mittwoch ein 50-jähriger Mann aus Kamp-Lintfort vor der auswärtigen Strafkammer des Landgerichtes Kleve in Moers verantworten. Die Vertreterin der Anklage wirft dem Angeklagten vor, am 10. und 13. August 2020 zwei Taxifahrer, von denen er sich nach Rheinberg bringen ließ, mit einem gefährlichen Werkzeug bedroht zu haben, um sich zu Unrecht zu bereichern. Tatwerkzeug soll ein Messer mit längerer Klinge gewesen sein. Die erste Tat räumte der Angeklagte gestern ein, bat das Opfer nach dessen Zeugenaussage um Verzeihung. „Ich hatte nicht vor, Sie zu verletzten. Es tut mir von Herzen leid“. An die zweite Tat konnte er sich nicht erinnern. Seit dem 15. August sitzt er in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt ( JVA) Willich.
Er ließ sich weder zur Person noch zur Sache ein, gab aber nach einer Sitzungspause durch seinen Anwalt eine Erklärung ab. Ja, er habe sich am Nachmittag des 10. August mit dem Taxi nach Rheinberg bringen lassen, den Taxifahrer am Ende der Fahrt mit einem Messer bedroht, sich von ihm die Geldbörse mit rund 530 Euro geben lassen und sei dann weggelaufen. Aber er habe sich nie zum IS bekannt. „Ich bin Kurde, ich war niemals dem IS zugewandt“, sagte der Angeklagte. Und weiter: „Ich möchte nicht zurück ins Gefängnis. Ich bin krank, brauche Hilfe.“Der 50-Jährige, der sich bislang nicht hat begutachten lassen, ließ durch seinen Anwalt wissen, dass er das jetzt doch tun möchte und am liebsten in die JVA in Kleve verlegt werden würde.
Der Taxifahrer (57) konnte sich im Zeugenstand noch ganz genau an den 10. August 2020 erinnern. „Ich sollte einen Fahrgast aus Repelen abholen“, lautete sein Auftrag aus der Zentrale. Gegen 16 Uhr sei er dort gewesen, der Mann sei hinten eingestiegen, habe als Fahrtziel das St.-Nikolaus-Krankenhaus in Rheinberg genannt. Unterwegs habe der Fahrgast gesagt, er wolle erst schwimmen gehen, und habe ihn an dem psychiatrischen Krankenhaus
vorbei zu einem dahinter liegenden Waldstück dirigiert. 21,20 Euro standen auf dem Taxameter, als er anhalten sollte. Der Mann habe gefragt, ob er 100 Euro wechseln könne. „Ich habe mein Portemonnaie geholt und angefangen, das Wechselgeld zu zählen. Auf einmal zieht er ein Messer, hält es mir in Halshöhe, will die Geldbörse.“Er habe sehr viel Angst gehabt, so der Taxifahrer im Gerichtssaal. „Ich hab ihm gesagt, dass ich drei Kinder habe.“
Der Mann habe ihn aufgefordert auszusteigen, sei selber ums Auto herumgekommen und habe ihn auch mit Blick auf das Handy, das er in der Hand hielt, gewarnt: „Ruf bloß nicht die Polizei oder mach ein Foto, sonst werden die dich töten. Ich bin vom IS-“Dann sei er weggegangen Richtung Wald, der Taxifahrer meldete den Vorfall bei der Zentrale. zehn Minuten später sei die Polizei da gewesen.
Er hätte nie damit gerechnet, dass die Fahrt so ein Ende nimmt. „Wir haben uns unterwegs unterhalten, auf türkisch. Er kommt auch von der Schwarzmeerküste, genau wie ich. Wir haben gesprochen wie Kollegen.“Worüber, will Richter Huismann wissen. „Über Politik. Wir hatten unterschiedliche Meinungen. Er war für Erdogan, ich nicht. Er hat mich auch mehrfach gefragt, warum ich nicht in die Moschee gehe.“Ob der Angeklagte der Mann sei, den er nach Rheinberg gefahren habe? „Ich bin mir nicht sicher. Er trug eine schwarze Maske und hatte ein Käppi
auf. Ich konnte nur seine Augen sehen“, so der Taxifahrer.
Die zweite Tat wird Gegenstand des zweiten Prozesstages am Dienstag, 10. Februar, sein. Sie ereignete sich nur drei Tage später, am13. August gegen 20 Uhr. Erneut soll sich der Kamp-Lintforter von einem Taxifahrer nach Rheinberg chauffiert haben lassen. Am Terrazoo habe der Angeklagte aussteigen wollen. Der Taxifahrer habe ihm helfen wollen, sein Fahrrad aus dem Kofferraum zu holen. Plötzlich habe der Angeklagte laut Anklagevertreterin ein Küchenmesser gezückt, den Taxifahrer bedroht und gefordert: „Gib mir dein Portemonnaie, dann passiert dir nichts.“Aus Angst getötet zu werden, habe der Taxifahrer ihm die Geldbörse mit 100 Euro gegeben. Auch in diesem Fall soll der Räuber, bevor er flüchtete, mit dem Islamischen Staat (IS) gedroht haben. „Du bist gegen IS, ich bin IS“, soll er gesagt haben.
Nächste Verhandlung
Der Prozess wird am Mittwoch, 10. Februar, um 9.30 Uhr in Moers fortgesetzt.