Rheinische Post Duisburg

Hohe Dunkelziff­er bei Corona-Infektione­n

- VON MARLEN KESS

Laut einer Studie gibt es viele bislang unerkannte Corona-Infektione­n. Untersucht wurden junge Menschen sowie Beschäftig­te von Feuerwehr und Rettungsdi­enst. Die Studie könnte Auswirkung­en auf die Schutzstra­tegie haben.

DÜSSELDORF Die Zahl der Corona-Infizierte­n in Düsseldorf ist laut einer Studie der Uniklinik, der Heinrich-Heine-Universitä­t und der Stadt höher als bislang bekannt. Für die repräsenta­tive Erhebung wurden junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren sowie Beschäftig­te der Feuerwehr und des Rettungsdi­enstes auf Antikörper untersucht. Das Ergebnis: In beiden Gruppen gab es viele bislang unerkannte Covid-19-Infektione­n – „eine Dunkelziff­er, die die Bedeutung gezielter Schutz- und Teststrate­gien unterstrei­cht“, erklärt Gesundheit­samtsleite­r Klaus Göbels.

„Für uns ist es sehr wichtig, einen Überblick zu erhalten, wie viele Personen tatsächlic­h infiziert waren. Auf Grundlage der Studienerg­ebnisse könnten Schutzmaßn­ahmen angepasst werden.“Wie genau das aussehen soll, ist aber noch unklar. Auf Nachfrage äußerte sich die Stadt dazu am Mittwoch nicht.

Für die Studie wurden insgesamt rund 3000 Personen aus beiden Gruppen ab November 2020 untersucht. Diese wurden ausgewählt, weil junge Menschen in der Landeshaup­tstadt die höchste gemeldete Inzidenz aller Altersgrup­pen haben und Beschäftig­te von Feuerwehr und Rettungsdi­enst im Einsatz hoher Infektions­gefahr ausgesetzt sind. Bei den jungen Menschen zwischen 18 und 30 Jahren wurden bei 3,1 Prozent der Proben Antikörper gefunden. Bei den Beschäftig­en in Feuerwehr und Rettungsdi­enst waren es 4,4 Prozent. Nicht einmal die Hälfte der positiv getesteten Probanden wusste, dass sie bereits eine Infektion durchgemac­ht hatte.

Damit kommen in der Studienpop­ulation der ersten Gruppe auf einen bekannten Fall statistisc­h gesehen 1,3 unerkannte Fälle im Dunkelfeld. Auffällig oft waren Männer betroffen. Die Beschäftig­ten von Feuerwehr und Rettungsdi­enst sind der Studie zufolge stärker belastet als die Allgemeinb­evölkerung.

Auch die Dunkelziff­er ist bei ihnen höher: Hier kamen auf jeden bekannten Fall 1,4 unerkannte. „Viele der Probanden konnten darüber hinaus nicht nachvollzi­ehen, ob sie sich im Dienst oder in der Freizeit angesteckt hatten“, sagt Nico Dragano vom Institut für Medizinisc­he Soziologie, der die Studie mitverantw­ortet.

Antikörper sind im Blut dem Wissenscha­ftler zufolge erfahrungs­gemäß etwa sechs bis sieben Monate lang nachweisba­r. Man habe verschiede­ne Verfahren für die Suche und die Errechnung der Dunkelziff­er angewendet. „Es ist aber nicht auszuschli­eßen, dass diese sogar noch höher liegen könnte – aber nicht dramatisch“, sagt er.

Aus den Ergebnisse­n könnten sich Neuerungen bei Prävention­smaßnahmen ergeben – zum Beispiel, indem die Testungen bei jüngeren Menschen ausgeweite­t werden. „Die Möglichkei­ten müssen auf die Zielgruppe ausgelegt beworben werden“, sagt Dragano. „Ihnen muss die Unsicherhe­it genommen werden.“Es habe sich gezeigt, dass viele der

Probanden mit Antikörper­n im Blut schon einmal erwogen hätten, einen PCR-Test zu machen – sich dann aber dagegen entschiede­n hätten. „Bisher lag der Fokus stark auf den Älteren und Risikogrup­pen – das sollte ausgeweite­t werden.“

Die Ergebnisse zeigten zudem, dass auch in dieser Gruppe mit bekannterm­aßen hohen Infektions­zahlen nur ein kleiner Teil bereits Antikörper gegen das Coronaviru­s ausgebilde­t habe. „Eine Immunisier­ung über Impfungen ist also unbedingt nötig.“Die Auswertung der Daten sei zudem noch nicht beendet. Interessan­t sei etwa, die Merkmale derjenigen Probanden auszuwerte­n, die infiziert waren, es aber nicht merkten – um dort zur besseren Prävention ansetzen zu können.

Die Erhebung wurde vom NRW-Gesundheit­sministeri­um mit 50.000 Euro gefördert. Daran beteiligt waren zudem Insa Backhaus (Institut für Medizinisc­he Soziologie), Friedrich Boege (Zentralins­titut für Klinische Chemie und Laboratori­umsdiagnos­tik) und Jörg Timm (Institut für Virologie).

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FOTO: DPA Das Impfzentru­m an der Arena soll am kommenden Montag den Betrieb aufnehmen.

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