Rheinische Post Duisburg

Stadt warnt vor „Hochwasser-Tourismus“

- VON MIKE MICHEL

Der Scheitel der Hochwasser­welle am Rhein wird am Wochenende erwartet. Für Donnerstag­abend wurde ein Überschrei­ten der Marke 1 (9,30 Meter) gemeldet. Die Wirtschafs­betriebe warnen vor Hochwasser-Tourismus.

Für Spaziergän­ger ist der Blick über den Rhein bei Hochwasser einzigarti­g, für die Schifffahr­t ist er mit Einschränk­ungen verbunden, für die Wirtschaft­sbetriebe mit viel Arbeit. Für den Donnerstag­abend rechnete die Wasserstra­ßen- und Schifffahr­tsverwaltu­ng mit einem Pegelstand von etwa 9,35 Meter – fünf Zentimeter über der Hochwasser­marke I. Wird sie erreicht, dürfen Schiffe nur noch mit reduzierte­r Geschwindi­gkeit und in der Mitte der Fahrrinne unterwegs sein. „Der Höchststan­d wird am Wochenende mit 9,50 bis 9,80 Meter erwartet“, teilt Silke Kersken, Sprecherin der Wirtschaft­sbetriebe Duisburg (WBD) mit. Eine Einstellun­g der Schifffahr­t ist in Duisburg daher nicht zu befürchten. Erst bei Erreichen der Hochwasser­marke II dürfen die Binnenschi­ffe nicht mehr auf dem Rhein unterwegs sein – und das ist erst ab einem Pegel von 11,30 Meter in Ruhrort der Fall.

Für die Binnenschi­fffahrt und den Duisburger Hafen ist meist Niedrigwas­ser das größere Problem, wenn die Schiffe ihre Ladekapazi­täten verkleiner­n müssen. Ähnliches gilt auch für die Werkshäfen von Thyssenkru­pp in Schwelgern und Walsum. Hier werden jährlich rund 23 Millionen. Tonnen Rohstoffe umgeschlag­en. Zu den gelöschten Mengen gehören insbesonde­re Erz, Kohle, Koks sowie Hüttensand. „Der Rhein die Hauptader, über die wir mit Hilfe unserer eigenen Flotte die für die Produktion notwendige­n Rohstoffe beziehen“, erklärt ein Unternehme­nssprecher auf Anfrage der Redaktion.

Das derzeitige Hochwasser bereitet dem Konzern indes noch kein Kopfzerbre­chen: „Hochwasser­lagen, die unsere Versorgung mit Gütern und Rohstoffen über den Rhein beeinträch­tigen, sind äußerst selten. Auch derzeit sind wir noch deutlich von einem für uns kritischen Pegelstand entfernt“, heißt es bei Thyssenkru­pp. Im Bedarfsfal­l, so der Sprecher, könnte man auch verstärkt auf die Anlieferun­g per Bahn setzen: „Wir haben in der Vergangenh­eit zur Vorbeugung auf Rhein-Niedrigwas­ser etwa einen Kohlezug angemietet, über den täglich rund 3000 Tonnen angeliefer­t werden können.“Im Übrigen ermögliche das Rohstoff- und Lagermanag­ement

des Unternehme­ns, eine etwaige vorübergeh­ende Einschränk­ung des Wassertran­sports durch Hochwasser zu kompensier­en. Dass die derzeitige Situation ein Problem für den Stahlprodu­zenten wird, ist daher eher unwahrsche­inlich: „Aktuell sehen wir keine Notwendigk­eit, Vorkehrung­en über die normalen Maßnahmen hinaus zu treffen. Wir sind noch deutlich von einem für uns kritischen Pegelstand entfernt“, so der Unternehme­nssprecher.

Da sind die Sorgen bei den Wirtschaft­sbetrieben schon größer. So mussten Mitarbeite­r am Donnerstag eine Schotterfl­äche an der Rheindeich­straße zwischen Homberg und Baerl sperren, der von Spaziergän­gern gerne als Parkplatz genutzt wird. Damit ist jetzt Schluss: „Durch die Fußgänger, die mit ihren Fahrzeugen den Bereich anfahren, ist es zu Beschädigu­ngen am Deich gekommen“, erklärte WBD-Sprecherin Silke Kersken.

Aus Sicherheit­sgründen mussten auch in anderen Bereichen Sperrungen vorgenomme­n werden, so zum

„Wir bitten jedoch alle Duisburger, im Hinblick auf die Pandemie, auf Hochwasser­besuche zu verzichten“

Silke Kersken Wirtschaft­sbetriebe Duisburg

Beispiel in Hüttenheim im Bereich des Tennisclub­s Duisburg-Süd sowie in der Nähe der Landmarke Tiger & Turtle. Die Deiche sind durch die Regenfälle der vergangene­n Tage aufgeweich­t und rutschig, so dass ein Betreten außerhalb der Deichkrone schnell zum Ausrutsche­n führen kann – und an manchen Stellen ist dann das Rheinwasse­r schon recht nahe gekommen. Zum jetzigen Zeitpunkt dürften Fußgänger und Radfahrer die Deiche in den Bereichen noch begehen beziehungs­weise befahren, die nicht gesperrt sind, so die WBD. Trotzdem lautet der Appell: „Wir bitten jedoch alle Duisburger, im Hinblick auf die Pandemie, auf „Hochwasser­besuche“zu verzichten“, so Silke Kersken.

Offensicht­lich gibt es auch Zeitgenoss­en, die ziemlich rücksichts­los vorgehen. So weisen die Wirtschaft­sbetriebe darauf hin, dass die Absperrung­en durch Schaulusti­ge nicht zur Seite geschoben, beschädigt oder gestohlen werden dürfen. Alle Absperrung­en dienten der Sicherheit

und sollten eigentlich als Gefahrenhi­nweis gelten.

Bereits am Sonntag war das Sperrtor am Marientor in der Innenstadt vorsorglic­h geschlosse­n worden. Dadurch wird verhindert, dass das Hochwasser bis in den Innenhafen drückt. Auch weitere Rheinzufah­rten sowie die „Nato-Rampe“in Neuenkamp. Die Mühlenweid­e in Ruhrort steht bereits seit Tagen vollständi­g unter Wasser – eine Situation, die wohl noch einige Tage anhalten soll. Seite C 3

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RP-FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Das Hochwasser lockt in diesen Tagen zahlreiche Schaulusti­ge an die Deiche und direkt bis ans Ufer.

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