Stadt warnt vor „Hochwasser-Tourismus“
Der Scheitel der Hochwasserwelle am Rhein wird am Wochenende erwartet. Für Donnerstagabend wurde ein Überschreiten der Marke 1 (9,30 Meter) gemeldet. Die Wirtschafsbetriebe warnen vor Hochwasser-Tourismus.
Für Spaziergänger ist der Blick über den Rhein bei Hochwasser einzigartig, für die Schifffahrt ist er mit Einschränkungen verbunden, für die Wirtschaftsbetriebe mit viel Arbeit. Für den Donnerstagabend rechnete die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung mit einem Pegelstand von etwa 9,35 Meter – fünf Zentimeter über der Hochwassermarke I. Wird sie erreicht, dürfen Schiffe nur noch mit reduzierter Geschwindigkeit und in der Mitte der Fahrrinne unterwegs sein. „Der Höchststand wird am Wochenende mit 9,50 bis 9,80 Meter erwartet“, teilt Silke Kersken, Sprecherin der Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD) mit. Eine Einstellung der Schifffahrt ist in Duisburg daher nicht zu befürchten. Erst bei Erreichen der Hochwassermarke II dürfen die Binnenschiffe nicht mehr auf dem Rhein unterwegs sein – und das ist erst ab einem Pegel von 11,30 Meter in Ruhrort der Fall.
Für die Binnenschifffahrt und den Duisburger Hafen ist meist Niedrigwasser das größere Problem, wenn die Schiffe ihre Ladekapazitäten verkleinern müssen. Ähnliches gilt auch für die Werkshäfen von Thyssenkrupp in Schwelgern und Walsum. Hier werden jährlich rund 23 Millionen. Tonnen Rohstoffe umgeschlagen. Zu den gelöschten Mengen gehören insbesondere Erz, Kohle, Koks sowie Hüttensand. „Der Rhein die Hauptader, über die wir mit Hilfe unserer eigenen Flotte die für die Produktion notwendigen Rohstoffe beziehen“, erklärt ein Unternehmenssprecher auf Anfrage der Redaktion.
Das derzeitige Hochwasser bereitet dem Konzern indes noch kein Kopfzerbrechen: „Hochwasserlagen, die unsere Versorgung mit Gütern und Rohstoffen über den Rhein beeinträchtigen, sind äußerst selten. Auch derzeit sind wir noch deutlich von einem für uns kritischen Pegelstand entfernt“, heißt es bei Thyssenkrupp. Im Bedarfsfall, so der Sprecher, könnte man auch verstärkt auf die Anlieferung per Bahn setzen: „Wir haben in der Vergangenheit zur Vorbeugung auf Rhein-Niedrigwasser etwa einen Kohlezug angemietet, über den täglich rund 3000 Tonnen angeliefert werden können.“Im Übrigen ermögliche das Rohstoff- und Lagermanagement
des Unternehmens, eine etwaige vorübergehende Einschränkung des Wassertransports durch Hochwasser zu kompensieren. Dass die derzeitige Situation ein Problem für den Stahlproduzenten wird, ist daher eher unwahrscheinlich: „Aktuell sehen wir keine Notwendigkeit, Vorkehrungen über die normalen Maßnahmen hinaus zu treffen. Wir sind noch deutlich von einem für uns kritischen Pegelstand entfernt“, so der Unternehmenssprecher.
Da sind die Sorgen bei den Wirtschaftsbetrieben schon größer. So mussten Mitarbeiter am Donnerstag eine Schotterfläche an der Rheindeichstraße zwischen Homberg und Baerl sperren, der von Spaziergängern gerne als Parkplatz genutzt wird. Damit ist jetzt Schluss: „Durch die Fußgänger, die mit ihren Fahrzeugen den Bereich anfahren, ist es zu Beschädigungen am Deich gekommen“, erklärte WBD-Sprecherin Silke Kersken.
Aus Sicherheitsgründen mussten auch in anderen Bereichen Sperrungen vorgenommen werden, so zum
„Wir bitten jedoch alle Duisburger, im Hinblick auf die Pandemie, auf Hochwasserbesuche zu verzichten“
Silke Kersken Wirtschaftsbetriebe Duisburg
Beispiel in Hüttenheim im Bereich des Tennisclubs Duisburg-Süd sowie in der Nähe der Landmarke Tiger & Turtle. Die Deiche sind durch die Regenfälle der vergangenen Tage aufgeweicht und rutschig, so dass ein Betreten außerhalb der Deichkrone schnell zum Ausrutschen führen kann – und an manchen Stellen ist dann das Rheinwasser schon recht nahe gekommen. Zum jetzigen Zeitpunkt dürften Fußgänger und Radfahrer die Deiche in den Bereichen noch begehen beziehungsweise befahren, die nicht gesperrt sind, so die WBD. Trotzdem lautet der Appell: „Wir bitten jedoch alle Duisburger, im Hinblick auf die Pandemie, auf „Hochwasserbesuche“zu verzichten“, so Silke Kersken.
Offensichtlich gibt es auch Zeitgenossen, die ziemlich rücksichtslos vorgehen. So weisen die Wirtschaftsbetriebe darauf hin, dass die Absperrungen durch Schaulustige nicht zur Seite geschoben, beschädigt oder gestohlen werden dürfen. Alle Absperrungen dienten der Sicherheit
und sollten eigentlich als Gefahrenhinweis gelten.
Bereits am Sonntag war das Sperrtor am Marientor in der Innenstadt vorsorglich geschlossen worden. Dadurch wird verhindert, dass das Hochwasser bis in den Innenhafen drückt. Auch weitere Rheinzufahrten sowie die „Nato-Rampe“in Neuenkamp. Die Mühlenweide in Ruhrort steht bereits seit Tagen vollständig unter Wasser – eine Situation, die wohl noch einige Tage anhalten soll. Seite C 3