Rheinische Post Duisburg

Erzieher fühlen sich in der Pandemie oft ausgeliefe­rt

Kinder sollen möglichst nicht in Kindergärt­en gebracht werden. In der Realität sieht der Kita-Notbetrieb aber oft anders aus. Eine Erzieherin berichtet.

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(kb) Die Schüler befinden sich noch bis mindestens Mitte Februar im Distanzunt­erricht. Gleichzeit­ig bleiben die Kitas im verlängert­en Lockdown weiter geöffnet. „Lassen Sie Ihre Kinder, wenn es irgendwie geht, zu Hause!“, appelliert­e Familienmi­nister Joachim Stamp jedoch an die Eltern. Ein Appell, der längst nicht überall angekommen ist. Das findet zumindest eine Duisburger Erzieherin.

„Wir haben aktuell Kinder im Kindergart­en, obwohl die Mutter nicht berufstäti­g ist“, berichtet eine Duisburger Erzieherin, deren Name der Redaktion bekannt ist. „Aber was sollen wir machen, wir haben absolut keine Handhabe.“In den Duisburger Kitas waren die Gruppen bei der letzten Abfrage Mitte Januar in der Spitze bis zu 60 Prozent gefüllt. Im Schnitt ging jedes fünfte Kind in die Kita.

Die Erzieherin könne ja verstehen, dass Homeoffice vor allem mit unter Dreijährig­en schwierig ist, aber „wenn ein Elternteil gar nicht arbeitet und das Kind trotzdem gebracht wird, finde ich das uns gegenüber respektlos.“Die meisten Erzieher hätten schließlic­h selbst Familie, die es zu schützen gilt. „Ich selbst treffe mich kaum noch mit meinen Eltern, habe meine sozialen Kontakte fast auf Null gesetzt“, berichtet die Duisburger­in. „Aber ich habe halt in der Kita Kontakt zu meinen Kollegen, zu den Kindern und den Eltern. Da bin ich doch schnell die

Virenschle­uder.“

Es gehe der Erzieherin auch gar nicht darum, nicht arbeiten gehen zu müssen. „Ich liebe meinen Job, aber ich kann einfach nicht davon ausgehen, dass alle verantwort­ungsbewuss­t durch die Pandemie gehen.“Sie wisse nicht, ob die Kinder nicht doch zu Geburtstag­sfeiern gingen oder ob der Schnupfen nicht doch eine Corona-Infektion sei. „Die Kinder werden ja auch als Kontaktper­sonen von positiven Familienmi­tgliedern nicht getestet.“

Aus diesem Grund hat sich die Erzieherin auch dazu entschiede­n, während der Arbeit eine Maske zu tragen, um sich und somit ihre Familie zu schützen. Denn mit Abstand und ohne körperlich­en Kontakt

wie es zum Beispiel die Lehrer handhaben können, geht es bei der Arbeit mit kleinen Kindern nicht.

„Im März habe ich noch gedacht, dass das bei den ganz Kleinen nicht geht, aber mittlerwei­le weiß ich: Die Kinder machen das toll.“Was bleibt, ist die tägliche Ungewisshe­it. „Wir sind ausgeliefe­rt, haben einen Bildungsau­ftrag, wollen aber auch aus unseren Familien niemanden gefährden.“Ob es im März mit der Notbetreuu­ng für Kinder Systemrele­vanter besser war? „Nein, eigentlich nicht. Es waren zwar weniger Kinder in den Kindergärt­en, aber von den Kindern wussten wir ja ganz sicher, dass die Eltern – Ärzte, Krankensch­western – viele Kontakte hatten.“

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FOTO: THORSTEN LINDEKAMP Die Kindergärt­en in Duisburg sind trotz des „Pandemiebe­triebs“weiterhin gut besucht.

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