„Was fehlt, sind Grundstücke“
Der Vorstandsvorsitzende des Wohnungsbaukonzerns LEG über die Probleme in der Corona-Krise, steigende Mieten und neue Perspektiven.
Wir sind weiter gewachsen. Das liegt vor allem daran, dass wir mehr als 11.000 Wohnungen übernommen haben. Mieterhöhungen sind dagegen in der Corona-Krise sehr moderat ausgefallen. Wir haben wegen der Pandemie Mietanpassungen an die ortsüblichen Vergleichsmieten zeitweise ausgesetzt.
Planen Sie weitere Zukäufe?
Wir sehen in Westdeutschland noch viel Potenzial und wollen in diesem Jahr 7000 Wohnungen zukaufen und dieses Tempo beibehalten. Das heißt, binnen drei Jahren könnten rund 20.000 Wohnungen dazukommen. Aber jeder Zukauf muss natürlich unsere Anforderungen an Profitabilität und Kapitalkosten erfüllen. Zudem bauen und entwickeln wir eigene Projekte und arbeiten da gut mit den Kommunen zusammen.
Die sind doch mitverantwortlich dafür, dass es an bezahlbarem Wohnraum fehlt.
Ich glaube, der Druck hat nachgelassen, weil es derzeit weniger Zuwanderung gibt. Aber natürlich gibt es noch angespannte Wohnungsmärkte. Was die Kommunen
angeht, in denen wir aktiv sind: Unsere Erfahrungen sind positiv.
Aber es fehlt doch an Wohnraum.
Ja, aber das größere Problem ist es aus meiner Sicht, bezahlbare Grundstücke zu finden. Wenn es die gäbe, würden wir auch mehr bauen. Man muss sich fragen, ob man Grundstücke generell immer an den Meistbietenden verkaufen will oder auch an Firmen, die Konzepte haben, mit denen bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. Da wäre mehr Handlungsspielraum für die Städte und Gemeinden wünschenswert, auch wenn manche von ihnen aus finanziellen Zwängen heraus an den Meistbietenden verkaufen müssen. Da müssen Bund und Land einspringen. Außerdem sind die Baukosten deutlich gestiegen.
Heißt in der Praxis?
Sie liegen bei 2500 bis 3000 Euro pro Quadratmeter. Wenn dann 1000 Euro fürs Grundstück dazukommen, ist man bei 3500 bis 4000 Euro. Da in der Regel ein Teil der Neubauten als geförderte Sozialwohnungen angeboten wird, ist man bei den freifinanzierten Wohnungen dann schnell bei zwölf bis 15 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Das ist nach unseren Kriterien kein bezahlbarer Wohnraum mehr.
Wohnraum soll auch zeitgemäß sein. Was meinen Sie damit?
Der Bedarf der Kunden hat sich stark verändert. Familien brauchen irgendwann mehr Platz, ältere Menschen Barrierefreiheit. Dafür sind sie bereit, mehr Geld in die Ausstattung der Wohnung zu stecken.
Steigen die Mieten also weiter?
Das liegt nicht nur an zeitgemäßer Ausstattung, sondern auch an der oftmals nötigen Verbesserung der Energieeffizienz. Bei uns wurden zwei Drittel vor 1980 gebaut. Da liegt es auf der Hand, dass wir investieren müssen, und das müssen wir natürlich teilweise umlegen. Aber es muss verkraftbar für die Mieter sein, und da muss im einen oder anderen Fall der Staat helfen.
Bei Ihnen leiden Mieter gerade unter einem Streik von Mitarbeitern ihrer Handwerkerorganisation
TSP. Können Sie den Handwerkern Hoffnungen auf Tariflohn machen?
Nein, den Wunsch können wir leider nicht erfüllen. Es gibt einen intensiven Wettbewerb unter den Handwerkern. Wir zahlen bereits mehr als marktüblich und sehen keine Möglichkeit für einen Tarifvertrag.
Ja, allein schon deshalb, weil sich in den nächsten Jahren nichts an den Niedrigzinsen ändern wird. Deutsche Wohnimmobilien werden stark nachgefragt, auch von Versicherern, Pensionsund Immobilienfonds. Der Bestand wird in den nächsten Jahren daher voraussichtlich weiter aufgewertet.
Droht dann nicht eine große Blase?
Das glaube ich nicht. Die aktuellen Kaufpreise spiegeln noch nicht das aktuelle Zinsniveau wider. Es liegen fünf Prozent zwischen der Bruttorendite bei unseren Immobilien und der Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen. Und bei niedrigen Zinsen bleibt der Erwerb von Immobilien günstig. Umso bedauerlicher ist es, dass wegen der hohen Kaufpreise viele junge Familien kein Wohneigentum bilden können. Das Problem sollte der Staat stärker in den Blick nehmen.