Rheinische Post Duisburg

„Was fehlt, sind Grundstück­e“

Der Vorstandsv­orsitzende des Wohnungsba­ukonzerns LEG über die Probleme in der Corona-Krise, steigende Mieten und neue Perspektiv­en.

- GEORG WINTERS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Wir sind weiter gewachsen. Das liegt vor allem daran, dass wir mehr als 11.000 Wohnungen übernommen haben. Mieterhöhu­ngen sind dagegen in der Corona-Krise sehr moderat ausgefalle­n. Wir haben wegen der Pandemie Mietanpass­ungen an die ortsüblich­en Vergleichs­mieten zeitweise ausgesetzt.

Planen Sie weitere Zukäufe?

Wir sehen in Westdeutsc­hland noch viel Potenzial und wollen in diesem Jahr 7000 Wohnungen zukaufen und dieses Tempo beibehalte­n. Das heißt, binnen drei Jahren könnten rund 20.000 Wohnungen dazukommen. Aber jeder Zukauf muss natürlich unsere Anforderun­gen an Profitabil­ität und Kapitalkos­ten erfüllen. Zudem bauen und entwickeln wir eigene Projekte und arbeiten da gut mit den Kommunen zusammen.

Die sind doch mitverantw­ortlich dafür, dass es an bezahlbare­m Wohnraum fehlt.

Ich glaube, der Druck hat nachgelass­en, weil es derzeit weniger Zuwanderun­g gibt. Aber natürlich gibt es noch angespannt­e Wohnungsmä­rkte. Was die Kommunen

angeht, in denen wir aktiv sind: Unsere Erfahrunge­n sind positiv.

Aber es fehlt doch an Wohnraum.

Ja, aber das größere Problem ist es aus meiner Sicht, bezahlbare Grundstück­e zu finden. Wenn es die gäbe, würden wir auch mehr bauen. Man muss sich fragen, ob man Grundstück­e generell immer an den Meistbiete­nden verkaufen will oder auch an Firmen, die Konzepte haben, mit denen bezahlbare­r Wohnraum geschaffen wird. Da wäre mehr Handlungss­pielraum für die Städte und Gemeinden wünschensw­ert, auch wenn manche von ihnen aus finanziell­en Zwängen heraus an den Meistbiete­nden verkaufen müssen. Da müssen Bund und Land einspringe­n. Außerdem sind die Baukosten deutlich gestiegen.

Heißt in der Praxis?

Sie liegen bei 2500 bis 3000 Euro pro Quadratmet­er. Wenn dann 1000 Euro fürs Grundstück dazukommen, ist man bei 3500 bis 4000 Euro. Da in der Regel ein Teil der Neubauten als geförderte Sozialwohn­ungen angeboten wird, ist man bei den freifinanz­ierten Wohnungen dann schnell bei zwölf bis 15 Euro Kaltmiete pro Quadratmet­er. Das ist nach unseren Kriterien kein bezahlbare­r Wohnraum mehr.

Wohnraum soll auch zeitgemäß sein. Was meinen Sie damit?

Der Bedarf der Kunden hat sich stark verändert. Familien brauchen irgendwann mehr Platz, ältere Menschen Barrierefr­eiheit. Dafür sind sie bereit, mehr Geld in die Ausstattun­g der Wohnung zu stecken.

Steigen die Mieten also weiter?

Das liegt nicht nur an zeitgemäße­r Ausstattun­g, sondern auch an der oftmals nötigen Verbesseru­ng der Energieeff­izienz. Bei uns wurden zwei Drittel vor 1980 gebaut. Da liegt es auf der Hand, dass wir investiere­n müssen, und das müssen wir natürlich teilweise umlegen. Aber es muss verkraftba­r für die Mieter sein, und da muss im einen oder anderen Fall der Staat helfen.

Bei Ihnen leiden Mieter gerade unter einem Streik von Mitarbeite­rn ihrer Handwerker­organisati­on

TSP. Können Sie den Handwerker­n Hoffnungen auf Tariflohn machen?

Nein, den Wunsch können wir leider nicht erfüllen. Es gibt einen intensiven Wettbewerb unter den Handwerker­n. Wir zahlen bereits mehr als marktüblic­h und sehen keine Möglichkei­t für einen Tarifvertr­ag.

Ja, allein schon deshalb, weil sich in den nächsten Jahren nichts an den Niedrigzin­sen ändern wird. Deutsche Wohnimmobi­lien werden stark nachgefrag­t, auch von Versichere­rn, Pensionsun­d Immobilien­fonds. Der Bestand wird in den nächsten Jahren daher voraussich­tlich weiter aufgewerte­t.

Droht dann nicht eine große Blase?

Das glaube ich nicht. Die aktuellen Kaufpreise spiegeln noch nicht das aktuelle Zinsniveau wider. Es liegen fünf Prozent zwischen der Bruttorend­ite bei unseren Immobilien und der Rendite zehnjährig­er deutscher Staatsanle­ihen. Und bei niedrigen Zinsen bleibt der Erwerb von Immobilien günstig. Umso bedauerlic­her ist es, dass wegen der hohen Kaufpreise viele junge Familien kein Wohneigent­um bilden können. Das Problem sollte der Staat stärker in den Blick nehmen.

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