Rheinische Post Duisburg

Eine Stadt, zwei Welten

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Es ist Donnerstag­abend, gegen 18.30 Uhr. Mehrere Dutzend Menschen versammeln sich auf dem Portsmouth­platz vor dem Hauptbahnh­of, flankiert von einem ordentlich­en Polizeiauf­gebot. Unter ihnen auch „Ralf, der Mann mit dem Hut“, wie er sich selbst nennt. Er übernimmt das Mikrofon und hält eine Rede, die er dem eigenen Bekunden auch schon in Krefeld gehalten hat. Es geht um die Warnungen vor einer „Corona-Diktatur“und einer „Impfung, die gar keine Impfung ist“. Vielmehr handele es sich um eine Injektion, mit deren Hilfe auch Nanopartik­el in unseren Kreislauf gespritzt werden, die irgendwann auch unser Hirn erreichen. Klar, dass diese Versammlun­g in Duisburg auch Gegendemon­stranten auf den Plan ruft. Wer will sich so einen Unsinn schon anhören? Die wenigen Passanten, die vorbeikomm­en, schütteln verständni­slos den Kopf und eilen weiter. Die Polizei muss da bleiben, sie kennt das Prozedere. Oberstes Prinzip: Die unterschie­dlichen Formatione­n sollen nicht direkt aufeinande­rtreffen.

Wenige Kilometer weiter nördlich, zur selben Zeit: Ordnungsam­t und Polizei rücken zu einer Flüchtling­sunterkunf­t an der August-Thyssen-Straße

in Obermarxlo­h aus. Ein Corona-Ausbruch macht es erforderli­ch, dass alle Bewohner unter Quarantäne gestellt werden müssen. Alle gelten prinzipiel­l als „Kontaktper­son 1“der Infizierte­n, weil Abstands- und Hygienevor­schriften nach Angaben der Stadt nicht eingehalte­n worden seien – oder auch nicht eingehalte­n werden konnten. Vom Ergebnis her betrachtet ist das letztlich egal, das Flüchtling­sheim wird abgeriegel­t, eine 14-tägige Quarantäne verhängt. Auch das ist Duisburg. Eine Stadt, zwei Welten.

Einziger Lichtblick in diesen Tagen sind die Impfungen: In den Altenheime­n sollen bis Ende nächster Woche alle Bewohner zwei Mal geimpft sein. Und im Impfzentru­m im Theater am Marientor geht es am Montag los. Zum Leidwesen vieler zu spät und zu langsam. Die Fälle mutierter Viren auch in Duisburg zeigen: Je schneller geimpft wird, desto besser.

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Mike Michel

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