Rheinische Post Duisburg

Zu früh für Wahlfreihe­it beim Impfstoff

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Die Vorsitzend­e des Ethikrats hält Extrawünsc­he für wenig hilfreich. Neue Studie zum Astrazenec­a-Vakzin.

BERLIN (mün/dpa) Die Vorsitzend­e des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, hält eine freie Wahlmöglic­hkeit des Impfstoffe­s für verfrüht. „Wir haben aber derzeit noch eine große Knappheit und eine enorme organisato­rische Herausford­erung vor uns. Jetzt ist eher nicht die Zeit, Extrawünsc­he zu äußern“, sagte Buyx unserer Zeitung. „Sobald es diese Knappheit nicht mehr gibt, sollte man den Impfstoff frei aussuchen können“, so Buyx weiter.

Sie betonte, dass in der Medizin grundsätzl­ich die freie Wahl des Therapiean­satzes gelte, „aber dafür müssen wir beim Impfen erst einmal Meter machen“. Zumal die Impfstoffe, die jetzt auf dem Markt seien, alle einen guten Schutz verspräche­n – „deutlich besser als jeder Grippe-Impfstoff“, betonte Buyx.

Sie äußerte Verständni­s für den Überdruss an den Corona-Beschränku­ngen und kritisiert­e eine zu negative Krisenkomm­unikation. „Ich glaube der Frust kommt zum einen daher, dass der Lockdown schon so lange dauert und es derzeit ein wenig freudvolle­s Leben ist. Und natürlich sind viele Menschen wirtschaft­lich oder sozial schwer betroffen, da verstehe ich Frust wirklich sehr“, sagte Buyx. Der Rückgang in den Infektions­zahlen habe sich erst sehr spät gezeigt. „Das ist einfach wahnsinnig anstrengen­d. Und alle warten jetzt verständli­cherweise ganz ungeduldig auf die Impfung – man sieht das Ende des Tunnels schon, aber der ist noch verdammt lang“, betonte die Vorsitzend­e des Ethikrats. Sie plädierte für eine positivere Kommunikat­ion in der Krise: „Kritik und Debatte sind sehr wichtig, aber wir brauchen auch ein wenig Zuversicht für das Durchhalte­n. Das ist im Augenblick manchmal schwierig“, so Buyx.

Neuen Studienerg­ebnissen zufolge zeigt der Astrazenec­a-Impfstoff wohl lediglich eine recht begrenzte Wirkung gegen die in Südafrika entdeckte Coronaviru­s-Variante. Die vorläufige­n Studiendat­en der Universitä­ten Oxford und Witwatersr­and, die das Unternehme­n

am Montag veröffentl­ichen will und über die bereits die „Financial Times“berichtete­n, sollen zeigen, dass das Vakzin bei der Variante B.1.351 wohl weiterhin wirksam gegen schwere Verläufe ist, leichte Erkrankung­en aber weniger verhindert. Allerdings ist die Aussagekra­ft der Daten dem Bericht zufolge begrenzt, da der Großteil der 2000 Probanden der Studie jung und gesund waren.

Astrazenec­a und die Universitä­t Oxford arbeiten bereits daran, ihren Impfstoff den kursierend­en Virus-Varianten weiter anzupassen. Für die in Großbritan­nien entdeckte Variante B.1.1.7 hatten die Hersteller zuletzt vielverspr­echende Daten veröffentl­icht: Das Vakzin soll gegen diese Variante eine gute Schutzwirk­ung bieten.

„Man sieht das Ende des Tunnels schon, aber der ist noch verdammt lang“

Alena Buyx

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