Reisen im Wohnzimmer
Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Programme stillen das Fernweh auch in der Corona-Pandemie. Die Angebote sind überaus reichhaltig – Raritäten inklusive.
Neulich stellten wir hier großartige Porträts von berühmten Personen vor, die in den Mediatheken der Fernsehsender zu sehen sind. Nun reisen wir zu nahen und fernen Ländern und Menschen.
„Zugspitze – da will ich hin!“
Der Ausblick tut fast schon ein bisschen weh in den Augen: die gleißend weißen Schneehänge des Zugspitzmassivs, angestrahlt von der Morgensonne am wolkenlosen Himmel. In der Ferne liegen München und der Starnberger See. Unten im Tal schneidet die deutsch-österreichische Grenze eine weiße Linie in den Winterwald. So viel Glück wie SWR-Moderator Michael Friemel hat man wohl selten: ein solches Winterpanorama, dazu eine menschenleere Terrasse auf der Bergstation in knapp 3000 Metern Höhe. Denn die Region um Deutschlands höchsten Gipfel ist ein echter Touristenmagnet. Nicht nur wegen der urigen Hütten, Wanderwege und dem Wintersportparadies. Michael Friemel zeigt dem Zuschauer auch unbekanntere Seiten dieser Region, etwa die Forschungsstation am Schneefernerhaus. Dort betreiben Wissenschaftler Umweltforschung und sammeln Daten zum Klimawandel. Auch ein Besuch auf der Olympiaschanze lohnt sich unbedingt – der Blick vom Balken hinab ist allerdings nur etwas für Mutige. Und auch im Tal lässt sich allerhand entdecken, nicht nur im lebhaften Garmisch-Partenkirchen, das abseits der Geschäftsstraßen auch beschauliche Seiten hat. Wer noch mehr Abwechslung sucht, kann bei null Grad im Igludorf übernachten – oder doch lieber den Tag gemütlich in der Kaiserschmarrnhütte ausklingen lassen (3sat-Mediathek). ha
„Inselhelden – Die Wal-Retter von Campobello Island“
Es ist ja wie bei fast allen Reise- und Naturdokumentationen: Irgendwann wird man ruhig und still, voller Ehrfurcht, wie schön und bewahrenswert diese Welt doch ist! So auch bei diesem Film von Regisseur Ulf Marquardt, der noch bis zum 15. April in der Arte-Mediathek zu sehen und zu bestaunen ist. Ehrlich gesagt, die kanadische Insel Campobello kannte ich bisher nicht, jenes wunderbare Stückchen Erde, das an der Grenze zwischen den USA und Kanada zu finden ist und deren Bewohner sich einer großen Aufgabe widmen: der Rettung der Wale, die Opfer der Fischerei werden. Die riesigen Tiere, insbesondere der sogenannte Nördliche Glattwal, hängen am Meeresboden fest – gefangen von langen Seilen.
Jedes Jahr sterben auf diese qualvolle Weise die beeindruckenden Meerestiere. Und es gibt nur noch 400 Wale dieser Art. Alle machen in diesem Rettungsteam der Insel mit: der Wirt und der Meeresforscher, der Künstler und der Fischer. Das ist aber keine bloß romantische Aufgabe, sondern oft eine lebensgefährliche Unternehmung. Erst kürzlich starb ein Inselbewohner bei einer der Aktionen. Begleitet wird dieser selbstlose Einsatz von unglaublichen schönen Aufnahmen der Insel, des Meeres, der Tiere. Die Macht der Bilder macht sensibel für die Bedrohung unserer Welt – durch den Menschen (Arte-Mediathek). los
„Seen-Sucht nach Süden –
Die oberitalienischen Seen“
Vor 245 Jahren erfüllte sich Johann Wolfgang von Goethe einen Lebenstraum. Der 37-Jährige brach zu einer Italienreise auf. Sie begann mit einem Abenteuer: Als der Dichter in Malcesine am Gardasees die Burgruine der Stadt zeichnete, hielten ihn die Einwohner für einen österreichischen Spion. Das Missverständnis kratzte keineswegs am strahlenden Bild, das Goethe in seinen Reiseberichten über das Land malte, „wo die Zitronen blühn“. Es wurde der Sehnsuchtsort für Millionen Deutsche. Die Reise-Doku „SeenSucht nach Süden“führt just zu den noch immer atemberaubenden
Seen Norditaliens: dem Lago Maggiore, Comer See und Gardasee. Sie lässt die Menschen, die dort leben, arbeiten oder urlauben, Geschichte und Geschichten erzählen, führt in mondäne Hotels, zeigt die Faszination der uralten Kulturlandschaft. Genau das, was man an einem verregneten Wintertag in Deutschland braucht (3sat-Mediathek). bew
„Traumhafte Bahnstrecken der Schweiz: Im Glacier Express von Zermatt nach St. Moritz“
Ich möchte so gerne mal im Glacier-Express fahren. Die Waggons haben Panoramafenster, das heißt, sie sind oben und an der Seite aus Glas. So wird man in acht Stunden von Zermatt nach St. Moritz gezogen und kann schauen. Als „langsamster Schnellzug der Welt“wird die Schmalspurbahn bezeichnet. Es gibt ein Bordrestaurant, und das hat eine Luxusklasse, die „Excellence“heißt. Diese Doku widmet sich ihr in Person von Kim Varela Maneta. Der ist Portugiese und kümmert sich als Concierge um die Gäste. Er serviert Rinderfilet, und wie schön muss das sein, von ihm nachgeschekt zu bekommen, dabei an der Quelle des Rheins vorbeizufahren und durch die Kantone, deren Namen man sonst nur aus „Aktenzeichen XY... ungelöst“kennt: Graubünden, Uri, Walllis. Durch das Mattertal fährt der Glacier-Express vorbei an Visp und Brig. Danach geht es durch das Goms und den Furkatunnel. Nachdem der Glacier-Express das Urserental und Andermatt hinter sich gelassen hat, geht es über den Oberalppass nach Graubünden. Zwischen Disentis und Chur passiert der Zug die Rheinschlucht. Und dann: St. Moritz. Toller Film (3sat-Mediathek). hols
„Bhutan – Glücksland im Wandel“Auch auf dem Dach der Welt stehen die Uhren der Moderne und der Globalisierung nicht still. Für Heilpilze müssen die Nomaden auf 5000 Meter Höhe klettern, damit sie verkauft werden können. Leider mindert der Klimawandel die Ernte. Trotzdem arbeiten die Menschen im kleinen, buddhistisch geprägten himalayaischen Königreich Bhutan unermüdlich für das Glück aller im Lande, das sogar staatlich garantiert ist. In der Arte-Dokumentation erleben wir Biobauern, die essbare Blüten verkaufen und dazu die EU-Zertifizierung überleben müssen. Andere Familien schicken ihre Kinder ins Kloster, damit sie Mönche werden. Da fließen Tränen. Milch aus den Eutern der Yaks fließt leider nicht mehr reichlich, weil es auf den Bergen immer wärmer wird und die Tiere oft krank sind. Viel lernt man in diesem eindrucksvollen Bericht aus einer entlegenen Region der Erde (Arte-Mediathek). w.g.