Rheinische Post Duisburg

Glaskunst der Kulturkirc­he bröckelt

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Die Fenster, die 1958 für die Expo in Brüssel entstanden, sind ein Geschenk des Vatikans. Am bedeutende­n Denkmal steht bereits seit zwei Jahren ein Bauzaun.

(ahr) Die Kulturkirc­he Liebfrauen am König-Heinrich-Platz in Duisburg ist ein bedeutende­s Denkmal. Ebenso wie ihre Glaskunstf­enster, die abends in die Dunkelheit leuchten. Sie haben eine besondere Geschichte - und sind gefährdet.

Die Duisburger Fenster sind im Frühjahr 1959 aus den Glasfenste­rwänden der Kirche im Pavillon des Vatikans auf der Expo 1958 in Brüssel entstanden. Die Fensterwän­de dieser nur für eine Saison errichtete­n zeltartige­n Kirche stammten vom deutschen Künstler Georg Meisterman­n (1911-1990), der über 1000 Glasfenste­r an rund 250 Orten in Europa gestaltet hat, und dem Franzosen Gérard Lardeur (19312002), der etwa 70 Fenster für französisc­he Kirchen schuf, darunter auch für die Kathedrale Notre Dame in Calais.

Die Expo-Fenster wurden im Dezember 1958 vom Vatikan dem Bistum Essen geschenkt und nach Duisburg in die 1961 geweihte Liebfrauen­kirche weiterverm­ittelt. Das gelbgetönt­e Fenster unten in der Hauptfassa­de wurde aus Teilen der Brüsseler Lardeur-Fensterwan­d neu zusammenge­setzt. Die Rot- und Blautöne der oberen Wände befanden sich auf beiden Seiten der Expo-Kirche.

Die drei oberen Fensterwän­de mit ihren geometrisc­hen Formen sind typisch für Meisterman­ns Arbeiten Mitte der 1950er Jahre: Eine „einfache Sprache der Linien und der drei Urfarben“(hier auch kombiniert in Blau-Lila, Rot, Blau-Türkis und Gelb) und „flächige Tiefenordn­ungen“, wie der Künstler seinen Stil beschrieb. Als gegenständ­liche Andeutunge­n sieht man kreuzförmi­ge Muster, unten auch Schachbret­tund Kreisforme­n. Das in Blei gefasste, mundgeblas­ene Echt-Antikglas

wurde ab 2010 im Zuge des Umbaus zur Veranstalt­ungskirche saniert, ist aber ungeschütz­t dem Leben auf dem König-Heinrich-Platz ausgesetzt. Die Folge: Rund 30 Scheiben sind zerstört oder beschädigt. Und: „Die Fenster sind mehr ein Windschutz, bieten keine

Isolierung, der Raum dahinter ist nicht beheizbar“, so Wolfgang Esch, Vorsitzend­er der Stiftung Brennender Dornbusch, die die Kulturkirc­he trägt.

Bereits seit zwei Jahren stehen Bauzäune vor den Fenstern. „Wir basteln an einer Lösung“, sagt Esch, aber die ist – auch wegen des Denkmalsch­utzes – nicht leicht zu finden. Zunächst war geplant, sie mit Schutzfens­tern einzuhause­n, was auch die Isolierung verbessert hätte. Das wäre teuer geworden, so Esch, und dahinter wäre die Schönheit der farbigen Fenster kaum noch zur Geltung gekommen.

Nachdem auch die Idee einer Metallkons­truktion mit Schutzglas verworfen wurde, ist man jetzt wieder bei Schutzfens­tern angelangt, die aber nahe an der Glaskunst und nur im Erdgeschos­s installier­t werden sollen. „Wir sind in Gesprächen mit Bauexperte­n, Architekt und Metallbauf­irma“, sagt Esch. Fürs Obergescho­ss – der ehemalige Kirchenrau­m ist mit seinen dünnen Faltwerkwä­nden im Winter auch kaum zu beheizen – habe jetzt ein Architekt eine neue Idee zur Wärmedämmu­ng ins Spiel gebracht, sagt Meinolf Stettner, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Stiftung: „Durch eine Art durchsicht­iger Luftmatrat­zen.“Ziel ist es, die ehemalige Kirche als Denkmal zu erhalten und kulturell stärker zu nutzen als bisher. Klassikkon­zerte haben bereits funktionie­rt, auch als Festivalze­ntrum der Akzente hat sie sich bewährt. 32 Veranstalt­ungen hat es 2018 in der Kulturkirc­he gegeben, deren Erdgeschos­s sich für kleinere Veranstalt­ungen und Ausstellun­gen eignet. Um das Spektrum der Vermietkir­che zu erweitern, wurde gerade eine Bühne angeschaff­t. „Und wir arbeiten am Licht“, sagt Esch.

 ?? FOTO: MAX SCHULZ ?? Die Glaskunstf­enster der Kulturkirc­he Liebfrauen am König-Heinrich-Platz in Duisburg leuchten in der Dunkelheit wie Juwelen.
FOTO: MAX SCHULZ Die Glaskunstf­enster der Kulturkirc­he Liebfrauen am König-Heinrich-Platz in Duisburg leuchten in der Dunkelheit wie Juwelen.

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