Hilfe für junge Mütter in der Pandemie
In der Mutter-Kind-Wohngruppe der Lebenshilfe in Homberg läuft der Alltag unter selbst auferlegten CoronaSchutzmaßnahmen weiter. So gilt unter anderem ein strenges Betretungsverbot.
HOMBERG (MF) Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf den Alltag der Mutter-Kind-Wohngruppen der Lebenshilfe aus. Seit fast drei Jahren unterstützt der Verein mit einer vollstationären Einrichtung in Homberg Mütter und Väter mit Kleinkindern, die nicht in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. „Unseren Geburtstag im Mai werden wir erneut nicht feiern können“, sagt Leiterin Claudia Keller etwas resigniert.
Die selbst auferlegten Corona-Maßnahmen sind streng: Es gilt ein strenges Betretungsverbot der Einrichtung an der Ecke Margarethenstraße/Hochfeldstraße, Besuch kann nur in einem sterilen Besuchszimmer empfangen werden. „Wir haben auch Schwangere und Risikopatienten, und Kleinkinder tragen keine Maske. Einige Frauen haben hier ihr Zuhause, da müssen sie keine tragen, wenn sie nicht möchten.“
Das habe auch praktische Gründe: „Das Jugendamt hat bereits angemerkt, dass Masken in der Zusammenarbeit mit Kleinkindern nicht förderlich sind. Sie brauchen für ihre Sprachentwicklung einen freien Blick auf die Mundmotorik und die Gesichtsmimik“, sagt Keller. Man müsse pädagogisch genau hinsehen, um Sprachfehlern vorzubeugen. Als die Pandemie ihre Schlinge enger zog, waren Mitarbeiter und Bewohnerinnen gut vorbereitet.
„Wir sind Krankheiten durchaus gewohnt, denn die Bewohnerinnen schleppen manchmal Krätze, Flöhe oder ein Magen-Darm-Virus ins Haus ein. Deswegen waren wir schon im Januar, Februar, bevor es richtig losging mit Corona, mit Masken und Schutzausrüstung ausgestattet“, schildert Keller. Angst vor einer Infektion herrsche jedoch nicht. „Alle sind sehr bedacht. Manche Frauen müssen wir jedoch dran erinnern, sich die Hände zu waschen.“
Für die Bewohnerinnen sei es sehr anstrengend, auf soziale Kontakte zu verzichten. „Wir haben deshalb unsere Tablets für Videokonferenzen zur Verfügung gestellt, lange bevor alle das gemacht haben. Auch mit Ärzten und dem Jugendamt haben wir so kommuniziert.“Man habe es den Frauen und den Kindern so bequem wie möglich gemacht. „Da haben wir schon mal einen Videoabend mehr gemacht oder öfter Pizza bestellt. Die verbrachten ja auch den Großteil ihrer Freizeit in den eigenen vier Wänden. Zwischen den Müttern ist ein großer Zusammenhalt entstanden – wir gegen den Rest der Welt“, sagt Keller. Von einem aktiven Fall sind das Team und die Bewohnerinnen bisher verschont geblieben.
„Wir hatten mal einen Verdachtsfall und die Frauen mussten in ihren Zimmer bleiben, bis ein negativer Test vorlag. Das waren keine schönen zwei Tage“, sagt Keller. Auch Mitarbeiter seien einmal infiziert gewesen, was aber rechtzeitig aufgefallen sei.
Die Lebenshilfe Duisburg mit Geschäftssitz an der Mülheimer Straße betreibt zwölf Hilfeeinrichtungen für Heranwachsende, Erwachsene und Senioren im ganzen Stadtgebiet, darunter ein Therapiezentrum für Menschen mit Autismus. Die Wohngruppe für Mütter und Kinder ist die einzige vollstationäre Anlaufstelle.
35 Mitarbeiter kümmern sich hier um zwölf Mütter und Väter mit Kindern im Alter zwischen null und sechs Jahren. Mitarbeiter helfen gegenseitig aus – auch an Weihnachten. Im Mutter-Kind-Wohnbereich leben junge Frauen mit ihrem Nachwuchs, die durch besondere Lebensumstände vorübergehend nicht in ihre Wohnung zurückkönnen. Ganz anders ist es in der Begleiteten Inobhutnahme. Die Bewohnerinnen können nicht in ihre angestammte Bleibe zurück, sie bleiben solange, bis ihre Perspektive geklärt ist. „Für eine stationäre Einrichtung läuft das sehr diszipliniert. Es ist eben was anderes, weil da Leute wohnen, bisher gab es aber keine kritischen Situationen“, sagt Michael Reichelt, Geschäftsführer
der Lebenshilfe. Selbst über die Weihnachtstage hätten die Mitarbeiter Vorsorge getroffen. „Wir haben Leute gefunden, die eingesprungen wären, wenn jemand in Quarantäne gemusst hätte. Es haben alle an einem Strang gezogen, um die Tage halbwegs erträglich zu machen.“
Zu einem Anstieg sozialer Notfälle führe der Lockdown jedoch nicht: „Das ist die Wahrnehmung der Öffentlichkeit, dass es durch Corona mehr Fälle von Kindeswohlgefährdung gibt. Die hat es in unseren Kindergärten auch gegeben, das hat aber nichts mit der Pandemie zu tun. Speziell auf unsere Begleitete Inobhutnahme trifft das nicht zu“, erklärt Keller.
Dennoch sorge die Pandemie für Probleme, wendet Reichelt ein: „Die stationäre Aufnahme läuft schleppend, da die Jugendämter länger brauchen, bis ihre Maschinerie mit Kostenübernahme und Hilfeleistungen angelaufen ist. Da bleiben schon mal Plätze leer“, sagt er. „Wir kreiden das aber auch bei uns an: Unsere Buchhaltung beispielsweise ist nicht ausschließlich digital, das sorgt für Verzögerungen.“