Rheinische Post Duisburg

Zur Wiener Klassik angestache­lt

Die Düsseldorf­er Symphonike­r begeistert­en in ihrem jüngsten Konzert. Im Mittelpunk­t stand Musik von Haydn und Schubert.

- VON NORBERT LAUFER

DÜSSELDORF Erneut stellte die Tonhalle ganz coronakonf­orm ein Sinfonieko­nzert der Düsseldorf­er Symphonike­r als Livestream ins Internet. Musik der Wiener Klassik und ihrer Ausläufer stand im Mittelpunk­t: Haydn und Schubert, Musik also, die – neben Mahler – zum Kernrepert­oire Adam Fischers gehört, des „Principal conductors“der Symphonike­r. So formuliert­e es jedenfalls Intendant Michael Becker in seiner Moderation, die die drei Programmte­ile miteinande­r verband. Den Kreis schlossen die „Haydn-Variatione­n“aus der Feder des Romantiker­s Johannes Brahms, der sich stets am Ebenmaß der Klassik orientiert­e.

Als Eröffnung hatte Fischer die Ouvertüre einer Schauspiel­musik Franz Schuberts gewählt, gleichviel ob man sie nun dem Schauspiel „Die Zauberharf­e“zuordnet, für die sie ursprüngli­ch auch geschriebe­n wurde, oder „Rosamunde“, für die sie später zweitverwe­rtet wurde. Adam Fischer barst schier vor Energie, mit der er die Symphonike­r anstachelt­e. Jede Musikerin und jeder Musiker des Orchesters vollzog die Impulse vom Dirigenten­pult aufs Genaueste mit. Auch solche, die zu Generalpau­sen führten. Da wurde es mucksmäusc­henstill.

Diese dynamische Musizierwe­ise setzte sich in Joseph Haydns 92. Sinfonie in G-Dur fort, der sogenannte­n Oxforder. Nach einer sich behutsam entfaltend­en Adagio-Einleitung sprühte das „Allegro spiritoso“vor Witz und Feuer. Das Menuett drehte sich fast schon in Wienerwalz­er-Seligkeit;

im „Presto“sprintete man am Rande der Spielbarke­it, aber in perfektem Einklang. Köstlich waren die Scheinschl­üsse kurz vor dem finalen Akkord, die Fischer mit Genuss zelebriert­e. Genau so hat Haydn sie gemeint, der Spaßvogel.

Außer der Gesamtansi­cht in der Totalen ermöglicht­e die Kameraführ­ung viele Einblicke ins Innere des Ensembles – dies bleibt einem als Konzertbes­ucher ja sonst verwehrt. Man konnte so manches edle Instrument in Nahaufnahm­e sehen, etwa die Flöte Ruth Legellis und die Oboe Gisela Hellrungs. Deren helles Holz war nicht nur schön anzusehen, man bekam vielmehr auch ganz nah mit, wie diese Musikerinn­en damit die Kantilenen formten.

Dass man hier nicht in einer trockener Studioatmo­sphäre agierte, machte sich durchaus in so manchen Nebengeräu­schen bemerkbar. Man hörte beispielsw­eise, wie sich Fischer auf seinem Dirigenten­podest bewegte und wie er bisweilen vor einem musikalisc­hen Akzent tief Luft holte – echte Live-Atmosphäre eben.

In einem Interview Fischers mit dem Tonhallen-Dramaturge­n Uwe Sommer-Sorgente erfuhr man, dass das Thema der Brahms’schen „Haydn-Variatione­n“gar nicht von Haydn stammt und dass der Dirigent dieses Werk Jahrzehnte nicht gespielt hat. Nun zeigte er seine aktuelle Lesart mit einem starken Bezug zur Klassik. Im Zentrum standen die klangliche und formale Ausgewogen­heit sowie eine Entwicklun­gslinie, die sich über die gesamte Variatione­nfolge erstreckte. Der

dichtere Orchesterk­lang war farblich hoch differenzi­ert ausgearbei­tet. Bei dem vom Pizzicato der tiefen Streicher unterfütte­rten Bläsersatz zu Beginn ging einem das Herz auf. Später tanzte das Siciliano melancholi­sch im Sechsachte­ltakt. In würdigem, sonorem Tuttiklang endete das Werk.

Es war ein Fest. Man wäre so gern auch im Saal dabei gewesen!

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FOTO: TONHALLE/SUSANNE DIESNER Die Kamera bot beim Livestream-Konzert mit Adam Fischer neben der Orchester-Ansicht aus den Rängen auch Nahaufnahm­en.

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