Chaotische Aufklärung
Rom hat gesprochen. Aber Rom hat nicht entschieden. Vielmehr gibt es eine Einschätzung der Glaubenskongregation, dass Kardinal Woelki nicht pflichtwidrig gehandelt haben soll, als er 2015 den mutmaßlichen Missbrauchsfall eines Düsseldorfer Priesters dem Vatikan verschwieg. So weit, so gut? Mit dem Vatikan ist in dieser Angelegenheit zuletzt vielfach Kontakt aufgenommen worden: Der Münsteraner Bischof Felix Genn hatte das vermeintliche Fehlverhalten pflichtgemäß gemeldet und damit ein Untersuchungsverfahren förmlich eingeleitet. Auch Woelki wurde vorstellig und bat den Papst selbst um eine Beurteilung.
Kirchenrechtlich scheint der Fall unter Experten längst nicht so klar zu sein, wie es Rom jetzt erscheinen lässt. Die Einschätzung der obersten Glaubenshüter im Vatikan lässt zu viele Fragen unbeantwortet. Aufklärung braucht Vertrauen, das aber frühzeitig im Erzbistum zerstört wurde. Ebenso schüren nicht nachvollziehbare Entscheidungswege in Rom eher das Misstrauen. Warum wurde die von Bischof Genn beantragte Untersuchung nicht einfach durchgeführt, damit auf diese Weise eine vielleicht nachvollziehbare Klarheit geschaffen werden kann? Derzeit arbeiten Juristen in Köln an einem zweiten Gutachten, in dem jene Bistumsverantwortliche genannt werden sollen, die Missbrauchsfälle vertuscht haben. Eine Veröffentlichung ist für Mitte März geplant. Sollten die Juristen darin aber zu der Einsicht kommen, Kardinal Woelki habe doch seine Pflicht verletzt, wäre das Glaubwürdigkeitschaos perfekt. Ganz zu schweigen von den Ergebnissen des ersten Gutachtens, das das Erzbistum weiter unter Verschluss hält. Transparenz sieht anders aus. Über die Einschätzung des Vatikan kann sich niemand freuen. Rom hat der Aufklärung hierzulande keinen Dienst erwiesen.
BERICHT ROM SIEHT KEINE PFLICHTVERLETZUNG, TITELSEITE