Rheinische Post Duisburg

Altmaier will 30 Milliarden Euro für Ökostrom

Die EEG-Umlage soll vollständi­g abgeschaff­t und aus Steuermitt­eln finanziert werden. Vielen geht das jedoch nicht schnell genug.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) will die milliarden­schwere EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms, die bisher die Stromkunde­n bezahlen, mittelfris­tig vollständi­g abschaffen. Die Umlage solle perspektiv­isch vollständi­g aus dem Bundeshaus­halt finanziert werden, hieß es am Dienstag im Wirtschaft­sministeri­um. An einem entspreche­nden Finanzieru­ngsvorschl­ag werde gearbeitet. Altmaier will zur Finanzieru­ng vor allem Einnahmen aus dem Handel mit CO2 -Verschmutz­ungszertif­ikaten und der CO2 -Bepreisung einsetzen.

Für die Förderung der erneuerbar­en Energien wenden private Haushalte und Unternehme­n bisher rund 30 Milliarden Euro pro Jahr auf. Die Umlage war in den vergangene­n Jahren stetig gestiegen und hatte den Strompreis in die Höhe getrieben. Der Preis liegt für private Haushalte

europaweit an der Spitze, für Industriek­unden auf Platz zwei. Um den weiteren Preisansti­eg 2021 und 2022 zu stoppen, hatte die Koalition bereits beschlosse­n, die EEG-Umlage teilweise mit Steuermitt­eln zu stabilisie­ren.

Nun will der Wirtschaft­sminister diesen Weg auch für die Jahre danach gehen und noch in dieser Legislatur­periode eine Regelung für die Jahre ab 2023 durchsetze­n. Die Abschaffun­g der EEG-Umlage solle für 2023 oder 2024 – noch in der kommenden Wahlperiod­e und nicht erst später – festgezurr­t werden, fordert Altmaier.

Auch die SPD hatte sich am Wochenende auf ihrer Fraktionsk­lausur für die Abschaffun­g der Umlage ausgesproc­hen, allerdings erst in der übernächst­en Wahlperiod­e. Wenn der Anteil der erneuerbar­en Energien am Stromverbr­auch bis 2030 auf 65 Prozent steigen solle, dürfe der Strompreis nicht weiter steigen, sondern müsse sogar sinken, hieß es im Wirtschaft­sministeri­um. Die Finanzieru­ng aller Erneuerbar­en-Anlagen, die ab 2022 in Betrieb genommen werden, solle aus dem Haushalt finanziert werden.

Die Koalition hatte unlängst vereinbart, im ersten Quartal 2021 einen weitergehe­nden Ausbaupfad für die erneuerbar­en Energien zu definieren. Hintergrun­d sind neue Klimaziele der EU, wonach der CO2-Ausstoß bis 2030 um mehr als 55 Prozent gegenüber 1990 sinken soll, bisher galt ein Ziel von minus 40 Prozent. Ein Entschließ­ungsantrag der Koalitions­fraktionen von Anfang Januar umfasste insgesamt 16 Vorhaben, für die noch in dieser Legislatur­periode Lösungen gesucht werden. Der Bundestag fordert vor allem eine stärkere Anhebung der Ausbauziel­e für Strom aus Wind und Sonne. Denn wenn im Gebäude- und Verkehrsse­ktor mehr strombasie­rte Anwendunge­n zum Einsatz kommen, wird deutlich mehr grüner Strom benötigt.

Die Regierung soll zudem praxistaug­liche Konzepte für die Nachrüstun­g der vorhandene­n Windkrafta­nlagen mit größeren Rotoren erarbeiten und den Umgang mit dem Arten- und Naturschut­z in den Regionen bundesweit vereinheit­lichen, so der Auftrag. Hier ist Altmaier mit Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) im Gespräch. Ziel des Wirtschaft­sministeri­ums sei es, die Zahl der Klagen gegen neue Windkrafta­nlagen an Land zu verringern, hieß es im Ministeriu­m. Weit über 50 Prozent aller Klagen gegen neue Windräder stammten von Naturschüt­zern.

„Noch im ersten Quartal müssen wir unerlässli­che Beschlüsse herbeiführ­en, die bis jetzt am Widerstand des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums gescheiter­t sind“, kritisiert­e SPD-Fraktionsv­ize Matthias Miersch. Zwischen den Worten und Taten Altmaiers klafften „riesige Lücken“. Der Schlüssel für die Energiewen­de sei der massive Ausbau der erneuerbar­en Energien, der nun gesetzlich verankert werden müsse. Zudem sei die EEG-Umlage „ein bürokratis­ches Monstrum, das den Ausbau verhindert“, sagte Miersch. „Bislang war eine Einigung mit CDU/CSU über die Gegenfinan­zierung der Hauptknack­punkt. Auch insofern wären substanzie­lle Vorschläge des Bundeswirt­schaftsmin­isters zielführen­d“, erklärte der SPD-Politiker.

Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter fuhr schärfere Geschütze gegen Altmaier auf und sah einen Grund für den zu langsamen Ausbau der erneuerbar­en Energien beim Minister selbst. „Minister Altmaier hat den großen Wurf zur Novellieru­ng des Strommarkt­es vergeigt. Stattdesse­n hat er ein Sammelsuri­um an kleinen Schritten vorgelegt“, sagte Hofreiter. So könne der nötige Zubau bei den Erneuerbar­en nicht funktionie­ren. „Minister Altmaier bremst weiter kontinuier­lich die Energiewen­de aus.“

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FOTO: DPA Peter Altmaier

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