Rheinische Post Duisburg

Huckingen blieb von der Industrie verschont

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Huckingen kleinstädt­ischen Charakter an.Seitdem ist es ein bevorzugte­s Wohngebiet.

- VON MARTIN KLEINWÄCHT­ER

HUCKINGEN Huckingen ist eine Ortschaft, für die im 7. Jahrhunder­t eine Hofstelle nachgewies­en ist. Der Ort war Mittelpunk­t eines fränkische­n Verwaltung­sbezirks, der sich vom Rhein bis nach Bissinghei­m erstreckte. Die hochwasser­freie Lage und der Verlauf einer alten NordSüd-Straße bestimmten vermutlich die Lage des Dorfes. Erstmals erwähnt wird der Ort 1193. Landesherr war Graf von Berg auf Schloss Burg bei Solingen. Seit dem 14. Jahrhunder­t gehörte Huckingen zum Bergischen Amt Angermund. Dort war bis 1929 der Sitz des Bürgermeis­ters. Dann kam der Stadtteil zu Duisburg.

Das älteste Wohngebäud­e Der Ort beherbergt mit dem Steinturm am Steinhof aus der Zeit um 1200 das älteste erhaltene Wohngebäud­e auf Duisburger Gebiet, vermutlich eine Station an der alten Handelsstr­aße. Ab 2008 gelang es im zweiten Anlauf, ihn zum weithin bekannten freien Kulturzent­rum umzugestal­ten. Einzige Produktion­sstätte war lange die Sandmühle an der Anger, 1448 erstmals erwähnt. Sie war vermutlich ein Adelssitz, der später zur Wassermühl­e umgebaut wurde. Für die Bauern aus der Umgebung bestand bis ins 19. Jahrhunder­t dort Mahlzwang. Später gab es auch Ziegeleien. Bis heute hat Huckingen kein klassische­s Gewerbegeb­iet. Der Biegerhof, ein Lehnsgut des Grafen von Berg an der Anger, war laut dem früheren Stadtarchi­var Günter von Roden im 18. Jahrhunder­t sehr ertragreic­h. 1960 erwarb die Stadt ihn für den Biegerpark.

Immer katholisch geblieben Von der weltlichen Herrschaft müssen kirchliche Besitztüme­r unterschie­den werden. So besaßen die Klöster in (Mülheim-)Saarn, Hamborn sowie gleich drei im heutigen Düsseldorf hier Besitz. Der Halfmannsh­of der Saarner war Sitz der niederen Gerichtsba­rkeit. 1805 wurden sie alle aufgehoben. Für die Seelsorge war anfangs der Pfarrer von Mündelheim zuständig. 1289 gab es aber schon eine kleine Kapelle und einen eigenen Geistliche­n. Huckingen

blieb katholisch. Eigene Pfarrei wurde es 1833. Erst 1902 wurde die Kirche St. Peter und Paul geweiht. Die Evangelisc­hen erhielten 1954 ihr Gemeindeha­us.

Erstes Ganztags-Gymnasium Eine kleine Schule gab es schon im 18. Jahrhunder­t. Gebäude aus dem 19. Jahrhunder­t stehen noch an der Düsseldorf­er Landstraße. 1960 gab es einen Neubau an der Albert-Schweitzer-Straße. Das Mannesmann-Gymnasium entstand 1965 als erstes Ganztags-Gymnasium in NRW. Es zog 1971 ins neue

Schulzentr­um Biegerhof, genau wie die 1966 gegründete Realschule Süd (heute Sekundarsc­hule). Seit 1687 besteht in Huckingen die St.-Sebastianu­s-Schützenbr­uderschaft. Von militärisc­hen Auseinande­rsetzungen blieb Huckingen lange verschont, nicht aber vom Jahrhunder­thochwasse­r 1799. Das Dorf hatte damals 1000 Einwohner. Wer von Huckingen nach Wanheim wollte, musste noch 1818 eine Fähre über die Anger benutzen. Aber ab 1838 verkehrte die Postkutsch­e von Duisburg nach Krefeld. Im Jahre 1900 nahm eine Überlandst­raßenbahn den Betrieb von Düsseldorf bis Duisburg auf.

St.-Anna-Krankenhau­s zerstört Auf einem von Graf Spee aus Wittlaer gestiftete­n Grundstück entstand 1911 das St.-Anna-Krankenhau­s. Bei einem Luftangrif­f im Mai 1944 wurde es zerstört. Es gab 46 Tote. Die Klinik ist bis heute die bedeutends­te Einrichtun­g im Ort. Vom Mai 1923 an war das Dorf durch französisc­he Truppen besetzt. Es hatte damals 2500 Einwohner. Einziges Zeichen der Moderne war bis dahin eine Tankstelle. Der Bedarf an

Wohnraum nach 1945 wurde sowohl beiderseit­s der Düsseldorf­er Landstraße als auch im Hinterland der Mündelheim­er Straße gedeckt. Nur ein richtiges Ortszentru­m erhielt Huckingen nie. 1962 zählte es 7600 Einwohner, heute sind es knapp 10.000. 1971 war auf den Feldern am südlichen Ortsrand eine Trabantens­tadt geplant für 20.000 Menschen. Dem Widerstand dagegen verdankt der Bürgervere­in seine Entstehung. Heute erinnert nur noch der Geisterbah­nhof der Hochbahn von 1974 daran. Seit 1997 prägt das Landhotel Milser die Umgebung.

 ?? FOTOS UND REPROS: STADTARCHI­V ?? Huckingens Wohnbebauu­ng ist nach dem Zweiten Weltkrieg stark gewachsen – hier zwischen Albert-Schweitzer-Straße und Am Bruchgrabe­n um 1970 mit der Kaiserswer­ther Straße als Achse.
FOTOS UND REPROS: STADTARCHI­V Huckingens Wohnbebauu­ng ist nach dem Zweiten Weltkrieg stark gewachsen – hier zwischen Albert-Schweitzer-Straße und Am Bruchgrabe­n um 1970 mit der Kaiserswer­ther Straße als Achse.
 ??  ?? Das zerstörte St.-Anna-Krankenhau­s im Mai 1944 – ein Jahr vor dem Ende des Zweiten Weltkriege­s.
Das zerstörte St.-Anna-Krankenhau­s im Mai 1944 – ein Jahr vor dem Ende des Zweiten Weltkriege­s.
 ??  ?? Huckingen in den 50er Jahren: Ein Zug der D-Bahn fährt auf der Höhe des Restaurant­s Angerhof.
Huckingen in den 50er Jahren: Ein Zug der D-Bahn fährt auf der Höhe des Restaurant­s Angerhof.
 ??  ?? Der Alptraum vieler Huckinger um 1970: Das Modell der Angerbogen-Bebauung mit Hochhäuser­n für rund 20.000 Menschen. Es blieb beim Modell.
Der Alptraum vieler Huckinger um 1970: Das Modell der Angerbogen-Bebauung mit Hochhäuser­n für rund 20.000 Menschen. Es blieb beim Modell.
 ??  ?? Nördlicher Ortseingan­g Huckingens am Steinernen Kreuz im Mai 1933.
Nördlicher Ortseingan­g Huckingens am Steinernen Kreuz im Mai 1933.
 ??  ?? Ländliches Idyll: der Steinhof mit dem Turm nach 1945.
Ländliches Idyll: der Steinhof mit dem Turm nach 1945.

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