Rheinische Post Duisburg

Gezerre um Grab für Obdachlose­n

- VON JULIA HAGENACKER

Michael Garske lebte auf der Straße, obwohl es in Moers offiziell keine Obdachlose­n gibt. Nach seinem Tod im Dezember möchten Freunde und Bekannte, dass der 54-Jährige in der Grafenstad­t beigesetzt wird. Ehrenamtle­r haben Spenden gesammelt, doch das wird jetzt zum Problem.

MOERS Die allermeist­en Moerser werden Michael Garske irgendwann schon einmal gesehen haben: Vielleicht an seinem Lieblingsp­latz im Rosengarte­n, wo er gerne ein Bierchen trank; oder im Buswartehä­uschen am Königliche­n Hof, bepackt mit Schlafsack und unzähligen Plastiktüt­en, in denen er quasi sein Leben transporti­erte.

Michael Garske lebte auf der Straße, obwohl es in der Grafenstad­t offiziell keine Obdachlose­n gibt. Und auch, wenn sich der ein oder andere an seinem Erscheinun­gsbild und dem mobilen Hausstand störte – Garske war Moerser und gehörte dazu, irgendwie.

Kurz vor Weihnachte­n ist der 54-Jährige gestorben; eingerollt in seinen Schlafsack an der Bushaltest­elle. So wird es erzählt. Herbert Werth erfuhr an Heiligaben­d durch Zufall, dass „der Michael“, den er oft mit Kleidung und Lebensmitt­eln versorgte, nicht mehr lebt. Das Schicksal das Mannes, der Mitte der 1990er Jahre als Altenpfleg­er im Bethanien-Stift beschäftig­t war, nach seiner Scheidung in die Alkoholsuc­ht abrutschte, erst den Job und dann den kompletten Halt verlor, geht dem Pfarrer nahe. „Menschen wie Michael Garske zu begleiten, ihnen zu helfen, ist unsere Aufgabe als Kirche“, sagt er. Und nicht selten geht das Engagement über den Tod hinaus. Gemeinsam mit Bestatteri­n Anja Spinola hat Herbert Werth eine Trauerfeie­r für Michael

Garske organisier­t, die Mitte Januar in Hülsdonk stattfand. Spinola engagiert sich seit Jahren in einer privaten Moerser Gruppe, die Menschen auf der Straße einmal pro Woche mit Essen, Kleidung und Wärme versorgt.

Für die Urnen-Bestattung von Michael hat die Gruppe Spenden gesammelt“, erzählt Spinola. „Die ursprüngli­ch Idee war, seine Asche in einem Friedwald in Venlo verstreuen zu lassen.“Gegenüber dem Ordnungsam­t der Moers, das normalerwe­ise für die Bestattung­sorganisat­ion und -kosten für Verstorben­e ohne Angehörige auf dem Friedhof Lohmannshe­ide übernimmt, beantragte die Bestatteri­n deshalb die sogenannte Totenfürso­rgeberecht­igung. „Das bedeutet, dass ich mich um alles rund um die Beerdigung kümmere und bezahle“, sagt Spinola. „Bis auf die Grabstelle wurde auch alles beglichen.“Freunde und Bekannte wie Claudia Lehmann, die damals lange mit Michael Garske zusammenge­arbeitet hat, wünschen sich nun aber, dass der 54-Jährige nicht in Venlo, sondern zu Hause, in einem einfachen, pflegeleic­hten Grab auf dem Friedhof Lohmannshe­ide beigesetzt wird.

„Das wiederum kostet mehr als die Bestattung in Venlo“, sagt Spinola, „Dafür reichen die Spenden am Ende nicht aus. Zwar hätte die Stadt für die Beisetzung in Moers bezahlen müssen, wenn ich mich nicht gemeldet hätte. Rückgängig machen lässt sich diese Vereinbaru­ng aber offenbar nicht. Im Moment steht Michaels Urne in unserem Bestattung­sinstitut.“

Auch Stadtsprec­her Klaus Janczyk betont, dass es aus behördlich­er Sicht keine Rechtsgrun­dlage für eine Rücknahme der Bestattung­sfürsorge gibt. „Eine Regelung müsste man wenn dann also auf privater Ebene suchen“, sagt er. Am Donnerstag soll es dazu ein Gespräch mit Herbert Werth und Bürgermeis­ter Christoph Fleischhau­er geben. Der Pfarrer plädiert für eine unbürokrat­ische Lösung: „Das wäre einfach ein Zeichen der Menschlich­keit“, sagt er.

 ?? FOTO: LANGHOFF ?? Die Urne mit der Asche von Michael Garske befindet sich zurzeit in den Geschäftsr­äumen von Bestatteri­n Anja Spinola. Das Archivfoto entstand 2018.
FOTO: LANGHOFF Die Urne mit der Asche von Michael Garske befindet sich zurzeit in den Geschäftsr­äumen von Bestatteri­n Anja Spinola. Das Archivfoto entstand 2018.

Newspapers in German

Newspapers from Germany