Sorgen in Lothringen
Im französischen Département Moselle an der deutschen Grenze gibt es Hunderte Infektionen durch die Virusvarianten. In Metz fordert man einen weiteren Lockdown.
PARIS/METZ Mit großer Sorge beobachten französische Mediziner die rasante Ausbreitung von Corona-Infektionen im Département Moselle im Nordosten des Landes. Besonders alarmierend ist, dass in der Region unmittelbar an der Grenze zum Saarland innerhalb der vergangenen vier Tage rund 300 Fälle identifiziert worden sind, die auf die hochansteckende brasilianische und südafrikanische Variante zurückgehen. „Die Situation ist seit einigen Tagen sehr schwierig“, sagte Jean Rottner, konservativer Präsident der Region GrandEst. „Die Inzidenz liegt inzwischen bei 400 Fällen, mit einer starken Zunahme bei jungen Menschen.“Die Lage in den angrenzenden Départements des Grand-Est sei hingegen relativ stabil. Im Elsass und am Hochrhein liegt der Inzidenzwert inzwischen deutlich unter 200.
Insgesamt ist die ansteckendere Coronavirus-Variante aus Großbritannien nach Schätzungen der Regierung derzeit für 20 bis 25 Prozent der Corona-Infektionen in Frankreich verantwortlich. Dagegen seien auf die südafrikanische und brasilianische Variante landesweit nur für etwa vier bis fünf Prozent der Infektionen zurückzuführen, sagte Gesundheitsminister Olivier Véran.
Der konservative Bürgermeister von Metz, François Grosdidier, forderte angesichts der unkontrollierten Ausbreitung des Virus bereits die Rückkehr zu einem harten Lockdown. Patrick Weiten, Präsident des Département Moselle, will schnelle Hilfe von der Zentralregierung in Paris und fordert, dass wesentlich mehr Impfdosen in die Corona-Region geliefert werden, damit die Bevölkerung schneller immunisiert werden kann.
Frankreich ist eines der von der Corona-Pandemie am schwersten getroffenen Länder. Seit Beginn im vergangenen Frühjahr sind mehr als 80.000 Menschen gestorben. Seit Monaten wird versucht, die Infektionszahlen zu senken, was allerdings nur sehr langsam gelingt. Binnen 24 Stunden waren am Freitag in Frankreich erneut etwas mehr als 21.000 Corona-Neuinfektionen gemeldet worden. Aus diesem Grund gilt im ganzen Land seit einigen Wochen eine Ausgangssperre ab 18 Uhr – aber es gibt keine generellen Ausgangsbeschränkungen am Tag. Einzelhandel und Schulen haben weitgehend geöffnet. Restaurants, Kultureinrichtungen, Skilifte sind geschlossen. Véran betonte, es gehe nun darum, zusammenzuhalten und Zeit zu gewinnen, um einen neuen Lockdown zu verhindern.
In den an die Region Grand-Est angrenzenden deutschen Bundesländern wird die Situation in Frankreich sehr genau beobachtet. Der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans (CDU), schließt eine Schließung der Grenzen zu Frankreich oder Luxemburg nicht aus. „Wenn es krasse Unterschiede gibt zwischen den Inzidenzen, dann wird uns nichts anderes übrigbleiben“, sagte er der Sendergruppe RTL/N-TV. Rückendeckung erhielt Hans von seinem baden-württembergischen Kollegen Winfried Kretschmann (Grüne). Auch der hat bereits von möglichen Grenzkontrollen wie im vergangenen Frühjahr gesprochen.
An solch einen weitreichenden Schritt möchte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) im Moment allerdings noch nicht denken. Sie hat sich im Kampf gegen die Corona-Pandemie derzeit gegen die Schließung von Grenzen zu den Nachbarländern ausgesprochen. Man sei in engem Austausch mit den Nachbarländern Frankreich, Luxemburg und Belgien und berate sich über das gemeinsame Vorgehen. (mit dpa)