Konjunkturbarometer: Jeder fünfte Gastronom steht vor der Insolvenz
Einzelhandel und Gastronomen fehlt in der Corona-Krise jegliche Perspektive, so die regionale IHK. Fördermittel würden nicht schnell genug ankommen.
NIEDERRHEIN Die Industrie- und Handelskammer (IHK) im Rheinland sorgt sich um den Einzelhandel und die Gastronomie in der Region. Laut ihrem aktuellen „Konjunkturbarometer“, das die IHK am Dienstag vorstellte, sehen sich in der Corona-Krise 20 Prozent der Gastronomie-Betriebe von der Insolvenz bedroht, im Einzelhandel sind es 10 Prozent. „Das hört sich in Prozent nicht so viel an, aber dahinter stecken tausende Menschen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Dietzfelbinger. „Den Gastronomen und dem Einzelhandel fehlen jegliche Perspektiven.“
Auch 2021 werde für viele Unternehmen im Rheinland ein sorgenvolles Jahr, so die IHK. „Immer größer wird die Kluft zwischen den Krisengewinnern und den Krisenverlierern. Die Wirtschaft erholt sich nur mit angezogener Handbremse“, sagt Dietzfelbinger. „Auch in der Veranstaltungsbranche oder den personenbezogenen Dienstleistungen wie Fitnessstudios stehen viele Unternehmer vor den Trümmern ihrer Existenz.“Laut Konjunkturbericht der IHK erholt sich die Wirtschaft über alle Unternehmen gesehen dennoch leicht. „Viele kommen in der Krise ganz gut über die Runden, auch dank der öffentlichen Hilfen“, sagt Dietzfelbinger. Der Konjunkturklimaindex, der Lage und Erwartungen zusammenfasst, liegt bei 97 Punkten, er hält damit trotz Lockdown das niedrige Niveau aus dem Herbst (98 Punkte). Im Frühjahrs-Lockdown 2020 war der Konjunkturklimaindex noch auf 68 Punkte abgestürzt.
Die Ergebnisse des IHK-Rheinland-Barometers zeigen: Die Schere öffnet sich weiter zwischen Krisenverlierern und Unternehmen, die sich behaupten können. In der Gastronomie bewerten 84 Prozent ihre Lage als schlecht und im stationären Einzelhandel 40 Prozent. Auch Unternehmen, die von den Aufträgen dieser Lockdown-Branchen abhängen, leiden, so die IHK. Dazu zählen etwa das Papier- und Druckgewerbe (39 Prozent mit schlechter Lage), das Ernährungsgewerbe (43 Prozent) und die Logistik (36 Prozent). Gut behaupten können sich hingegen die IT-Branche, Banken und Versicherungen, das Gesundheitswesen und die Baubranche, so die IHK. Auch der Online-Handel habe in und von der Krise profitiert.
Was vielen Unternehmen fehle, sei die Aussicht auf Besserung. Das betreffe unter anderem Reisebüros, Veranstalter, Caterer sowie Messeveranstalter und -bauunternehmen. Ein weiteres großes Problem seien ausbleibende Fördermittel. „Die Dezemberhilfen können erst seit vergangener Woche beantragt werden, für das Überbrückungsgeld III können noch gar keine Anträge gestellt werden“, sagt Dietzfelbinger. „Die Fördermittel kommen nicht schnell genug an.“Der IHK-Hauptgeschäftsführer fordert, dass die Hilfen einfacher und unbürokratischer gestaltet werden. „Selbst viele Steuerberater blicken inzwischen nicht mehr durch. Wir haben ein regelrechtes Bürokratie-Wirrwarr“, betont Dietzfelbinger.
Auch von den Kommunen fordert die Industrie- und Handelskammer Hilfen. „Sie könnten etwa Sondertarife mit Taxiunternehmen abschließen, die die Menschen zu den Impfzentren bringen.“