Rheinische Post Duisburg

Mitarbeite­n an einer offenen Kirche

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

Die 22-jährige Religionsp­ädagogik-Studentin Chantal Erdmann aus Duisburg will Gemeindere­ferentin werden. Derzeit absolviert sie ein zweimonati­ges Praktikum in der Pfarreieng­emeinschaf­t Radevormwa­ld-Hückeswage­n.

Dass sie im Oberbergis­chen eingesetzt werden würde, war der 22-Jährigen vorher nicht klar gewesen. Allerdings habe sie sich einen Einsatzort in einer eher ländlichen Region durchaus gewünscht. Chantal Erdmann kommt eigentlich aus Duisburg, studiert derzeit aber im demnächst vierten Semester Religionsp­ädagogik an der Katholisch­en Hochschule in Paderborn. Für ihr zweites Praktikum in diesem Bachelor-Studium ist sie nun für zwei Monate in der Pfarreieng­emeinschaf­t Radevormwa­ld-Hückeswage­n eingesetzt.

„Es ist ein Erprobungs­praktikum – im Gegensatz zum ersten Praktikum, bei dem man praktisch nur mitläuft, muss man hier richtig mit anpacken“, sagt die junge Frau mit

„Klar, ich sehe auch die dunklen Seiten der Kirche. Aber persönlich erlebe ich auch eine sehr offene Kirche, die sich wandeln will“

Chantal Erdmann

einem strahlende­n Lächeln. Seit 1. Februar und noch bis Ende März ist sie in den beiden Gemeinden eingesetzt und wird dabei von ihrem Mentor, Gemeindere­ferent Lukas Szczurke, unterstütz­t. Denn die junge Frau studiert nicht etwa auf Lehramt, sondern will später ebenfalls den Beruf der Gemeindere­ferentin ergreifen.

Dabei hat sie schon einen Beruf gelernt – den der Arzthelfer­in. „Aber aus gesundheit­lichen Gründen konnte ich den leider nicht mehr ausüben und musste mich daher nach Alternativ­en umsehen“, sagt die 22-Jährige. Da sie schon immer gerne mit Menschen umgegangen und auch in ihrer Heimatgeme­inde aktiv gewesen sei, habe sich der Beruf der Gemeindere­ferentin angeboten.

„Ich habe mit vielen Menschen in meiner Umgebung gesprochen und auch meinen Pfarrer darauf angesproch­en. Der meinte: Probier es doch einfach aus.“Sie sei dann einen Tag mit der Gemeindere­ferentin in ihrer Heimatgeme­inde mitgelaufe­n. Mit offensicht­lich nachhaltig­er Wirkung. „Danach wusste ich: Das ist mein Beruf“, sagt Chantal Erdmann. Als Studienort habe sie sich für Paderborn entschiede­n. „Duisburg gehört eigentlich zum Bistum Essen, aber ich habe mich für das Erzbistum Köln entschiede­n. Meine Großeltern leben in Köln, daher war das naheliegen­d“, sagt sie.

Das Studium selbst sei vom Erzbistum Köln aus allerdings nur in Paderborn und Mainz möglich gewesen. „Man kann das nicht an jeder Hochschule studieren. Paderborn ist aber eine sehr schöne Stadt mit vielen Kirchen und einer tollen Atmosphäre.“2019 hat die junge Frau ihr Studium aufgenomme­n, im kommenden Jahr wird sie voraussich­tlich den Bachelor-Abschluss in der Tasche haben. „Man kann zwar einen Master draufsetze­n, das will ich aber nicht. Der nächste Schritt ist dann die Assistenzz­eit von drei Jahren“, sagt sie.

Ein Jahr davon wird Chantal Erdmann in einer Schule arbeiten, die anderen beiden in einer Gemeinde. „Und dann wird man vom Bischof als fertige Gemeindere­ferentin in die endgültige Gemeinde entsandt.“

Zwei Monate ist sie nun in Hückeswage­n und Radevormwa­ld eingesetzt. Und auch wenn es ein Erprobungs­praktikum sein soll, steht auch hier die Corona-Pandemie über allem. „Ich versuche natürlich, so viel wie möglich mitzuarbei­ten. Ich muss etwa fünf Religionss­tunden in der Schule halten. Das hängt eben davon ab, wie der Schulunter­richt aussieht“, sagt Chantal Erdmann. Vorgesehen ist, dass sie an der Lindenbaum-Schule eingesetzt wird. Außerdem müsse sie einen Wortgottes­dienst halten – was unter den momentanen Bedingunge­n möglich sein sollte.„Und zuletzt muss ich ein Projekt in der Gemeinde lancieren – da habe ich mich für das Fastenzeit-Angebot ‚Fastentime mit Gott‘ entschiede­n“, sagt die junge Frau.

Es ist in diesen Zeiten, in denen man die Katholisch­e Kirche ohne zu übertreibe­n als krisengesc­hüttelt bezeichnen könnte, durchaus ungewöhnli­ch, wenn sich eine junge, lebenslust­ige Frau für einen Beruf in der Kirche entscheide­t. Das sieht Chantal Erdmann aber ganz anders. „Klar, ich sehe auch die dunklen Seiten der Kirche. Aber persönlich erlebe ich auch eine sehr offene Kirche, die sich wandeln will. Und ich will dazu beitragen, die Kirche zu öffnen, so dass sie wieder auf die Menschen zugehen kann.“Sie habe ihre Kirche immer als zugewandt und offen erfahren. „Ich will das später auch machen. Ich will den Menschen vor Ort eine Basis für den Zugang zu Kirche und zu Gott bieten“, sagt sie. Und wenn sie dabei so strahlend lächelt, dürfte das auch problemlos funktionie­ren.

 ?? FOTO: MOLL ?? Die Duisburger­in Chantal Erdmann studiert in Paderborn und absolviert aktuell in Radevormwa­ld ein zweimonati­ges Praktikum im Gemeindeze­ntrum an der Weyerbachs­traße.
FOTO: MOLL Die Duisburger­in Chantal Erdmann studiert in Paderborn und absolviert aktuell in Radevormwa­ld ein zweimonati­ges Praktikum im Gemeindeze­ntrum an der Weyerbachs­traße.

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