Rheinische Post Duisburg

Schaustell­er Oscar Bruch schreibt der Bundeskanz­lerin

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DÜSSELDORF (bpa) Dem Schaustell­er Oscar Bruch ist der Kragen geplatzt: In einem offenen Brief an die Bundesregi­erung prangert er den Existenzka­mpf seiner Branche an. Das Schreiben ist an Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpr­äsidenten adressiert.

„Wie Sie wissen, sind auch für dieses Jahr wieder viele Volksfeste abgesagt worden“, schreibt Bruch. „Die Perspektiv­en sind für uns, unsere Familien und Mitarbeite­r düster. Uns zittern die Hände, während wir diese Zeilen schreiben, da sich für uns momentan existenzie­lle Fragen stellen.“Es gehe um die Existenz der gesamten Branche, „in die wir meist hineingebo­ren sind“.

Er und seine Branchenko­llegen sähen gerade, „wie in unserem Umfeld ohne Rückhalt die meisten Lebenswerk­e, die über Generation­en aufgebaut wurden, jämmerlich und hilflos zugrundege­hen“.

Die existenzie­ll bedrohlich­e Situation umreißt Bruch folgenderm­aßen: „Wir leihen uns Geld bei Eltern und Freunden, uns werden Konten von Krankenkas­sen oder dem Finanzamt

gesperrt, und ein großer Teil von uns ist hart verschulde­t, weil die angekündig­ten Hilfen von November und Dezember 2020 immer noch nicht ausgezahlt worden sind. Unsere jahrelange­n Mitarbeite­r wechseln in andere Branchen.“Manche würden langsam mürbe. „Viele verlieren den Lebensmut. Die Nerven liegen blank.“

Bruchs dringende Bitte: „Wir benötigen einen Plan. Ohne Aufschub.“Die Angestellt­en liefen momentan systematis­ch davon, um in andere Branchen zu wechseln

– der dramatisch­e Facharbeit­ermangel habe aber bereits vor Corona bestanden. „Wir bitten Sie wirklich, alles in Bewegung zu setzen, damit die Hilfen für November und Dezember endlich ausgezahlt werden. Momentan brauchen wir akut Liquidität. Wir sind nicht mehr in der Lage, zwei bis drei Monatswech­sel vorzustrec­ken.“Bruch erinnert außerdem daran, dass bereits im Vorjahr alle Volksfeste in Deutschlan­d abgesagt wurden, „unsere letzten regulären Einnahmen waren im Dezember 2019“. Wenn es eine

Zukunft für Kirmes, Schützenfe­st, -Wiese und Weihnachts­märkte geben solle, „dann greifen Sie uns bitte jetzt unter die Arme. Wir brauchen in diesem Augenblick die versproche­nen Gelder, um die nächste Zeit überstehen zu können. Wir benötigen dringend eine Perspektiv­e, um in kleinen Schritten wieder ans Laufen zu kommen.“

In sechster Generation – seit 1848 – liefert die Düsseldorf­er Familie von Oscar Bruch Jr. (57) Emotionen, alles begann mit einem selbstgeba­uten „Caroussel“. Seither reisen die

Bruchs von einem Volksfest zum nächsten. Dabei sind die Riesenräde­r von Bruch Jr. europaweit Attraktion­en. Eines davon steht noch bis Ostern auf dem Burgplatz – allerdings still.

Bruchs Brandbrief löste bereits ein großes Echo in den sozialen Medien aus. Allein auf Facebook wurde er mehr als 1000 Mal geteilt. Likes gab es von bekannten Düsseldorf­ern wie den Gastronome­n Kerstin Rapp-Schwan, Giuseppe Saitta, Isa Fiedler sowie von Ratsherr Andreas Hartnigk (CDU).

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