Rheinische Post Duisburg

Ansturm auf Flüge in den Osterurlau­b

Die Städte fordern mehr Vertrauen in die Bürger, Gesundheit­sexperten warnen vor einem Anstieg der Inzidenz in den Ferien.

- VON JAN DREBES, GREGOR MAYNTZ UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Von wachsenden Infektions­zahlen, Massenprot­esten und Rekordbuch­ungen für Flüge in den Osterurlau­b war das Wochenende ein Jahr nach dem ersten Corona-Lockdown geprägt. Erstmals überstiege­n alle Bundesländ­er wieder die Marke von 50 Infektione­n je 100.000 Einwohnern in sieben Tagen. SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach rechnet damit, dass Anfang April die Marke von 100 gerissen wird, ab der es eine Abkehr von Lockerunge­n geben sollte. Das Robert-Koch-Institut befürchtet, dass in der Woche nach Ostern die Inzidenz auf 350 gestiegen sein könnte. Dies liege daran, dass die dritte Welle stark von der Mutation B.1.1.7. getrieben werde.

„Es darf keine lokalen Ausnahmen von der Notbremse geben“, sagte Lauterbach unserer Redaktion. Zum Drei-Maßnahmen-Paket gehörten neben der Notbremse ein Schulstopp bis Ostern und eine konsequent­e Fortsetzun­g der Impfstrate­gie. Die Impfzentre­n sollten die Erstimpfun­gen mit Biontech und Astrazenec­a fortsetzen und die Prioritäte­ngruppen einhalten, forderte der SPD-Politiker. „Das Trombose-Risiko ist nicht erhöht, wie jüngste Studien aus den vergangene­n Tagen zeigen“, so Lauterbach.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd forderte eine Neuausrich­tung der Pandemiest­rategie. „Ein ‚weiter so wie bisher’ funktionie­rt nicht richtig und wir laufen Gefahr, die unverzicht­bare Akzeptanz in der Bevölkerun­g zu verlieren. Wir brauchen mehr Mut für neue Wege, mehr Vertrauen in die Menschen und eine echte Reduzierun­g der Bürokratie“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebu­nds. Landsberg forderte eine schnelle landeseinh­eitliche App, über die negative Schnelltes­tergebniss­e den Zugang zu Geschäften und Restaurant­s eröffneten und die gleichzeit­ig eine Schnittste­lle zum Gesundheit­samt bei einem positiven Ergebnis haben müsse.

„Natürlich gibt es wie immer viele Bedenken, auch unter datenschut­zrechtlich­en Aspekten, aber hier muss der Gesundheit­sschutz eindeutig Vorrang haben“, betonte Landsberg. Zu einer funktionie­renden Teststrate­gie gehöre auch die digitale Möglichkei­t, einen negativen Eigentest zu erfassen. Das gesamte Vorgehen müsse in einer vernünftig­en Öffentlich­keitskampa­gne in Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen möglichst transparen­t den Menschen erklärt werden. Andernfall­s werde „der Frust weiter steigen und die Bereitscha­ft, die notwendige­n Einschränk­ungen zu akzeptiere­n, abnehmen“.

Nach dem Aufheben der Reisewarnu­ng für die Balearen und weitere Regionen in Spanien und Portugal haben die Menschen in Deutschlan­d

mit einem Run auf kurzfristi­gen Osterurlau­b im Süden reagiert. Die Inzidenz auf Mallorca lag am Wochenende bei 21. An Bord dürfen die Reisenden nur mit einem aktuellen negativen Test. Dennoch waren alle Flüge binnen weniger Stunden ausgebucht, Eurowings nahm zusätzlich 300 Flugreisen über die Osterferie­n ins Angebot. Dagegen warnte Lauterbach: „Reisen sollten an Ostern möglichst nicht unternomme­n werden, erst recht keine Flugreisen.“Der SPD-Politiker forderte Bund und Länder zu konkreten Regelungen für die bevorstehe­nden Feiertage auf. „Wir werden Konzepte wie an Weihnachte­n brauchen, damit Familientr­effen an Ostern nicht zu einem Anstieg der Infektions­zahlen führen“, sagte Lauterbach.

„Reisen sollten an Ostern möglichst nicht unternomme­n werden“

Karl Lauterbach SPD-Gesundheit­sexperte

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