Rheinische Post Duisburg

Übergangsc­oach Terzic belebt Dortmund

Im Pokal noch dabei, in der Königsklas­se im Viertelfin­ale, in der Liga im Aufwind. Der BVB steht gut da.

- VON HEINZ BÜSE VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

DORTMUND (dpa) Harte Arbeit, gerechter Lohn – als Dank für den anhaltende­n Aufwärtstr­end gewährte Edin Terzic seinen abgekämpft­en Dortmunder Profis zwei freie Tage. Das 2:0 (0:0) über Hertha BSC zum Abschluss ereignisre­icher Wochen mit dem Einzug in das Viertelfin­ale der Champions League und in das Pokal-Halbfinale wertete der BVB-Übergangsc­oach als Mutmacher für den Bundesliga-Countdown: „Es gibt noch neun Spiele, in denen 27 Punkte verteilt werden. Wir versuchen, um jeden dieser 27 Punkte zu kämpfen, weil wir auch nächstes Jahr wieder solch schöne Abende wie am vergangene­n Dienstag erleben wollen.“

Vier Tage nach dem umjubelten Kraftakt gegen Sevilla war auch gegen die Berliner viel Arbeit nötig. Dank des schmucklos­en Sieges bleiben die Dortmunder in Schlagdist­anz zum vierten Tabellenpl­atz und können weiter auf eine Rückkehr in die europäisch­en Königsklas­se hoffen. Doch der momentane Höhenflug beschert der Borussia auch eine unliebsame Diskussion. Denn mit jedem Erfolg unter der Regie von Terzic kommen Fragen auf, ob der BVB nicht besser den derzeitige­n Übergangs- zum neuen Chefcoach befördert hätte, statt vom kommenden Sommer an auf den zurzeit glücklosen Gladbacher Coach Marco Rose zu setzen.

Diese Bedenken versuchte Michael Zorc zu zerstreuen. „Wir sind von diesen Entscheidu­ngen sehr überzeugt. Wir haben das alles sehr klar mit allen Beteiligte­n besprochen. Da gab es keinerlei Dissens“, sagte der BVB-Sportdirek­tor in einem Interview der „Welt am Sonntag“und betonte: „Wir wissen, dass Marco Rose ein sehr guter Trainer ist.“Terzic ließ keine Zweifel an der Loyalität für seinen Herzensklu­b aufkommen und machte keine Ansprüche auf eine Chefrolle geltend: „Da denke ich nicht eine Sekunde drüber nach.“Auf seinen Posten als Co-Trainer will er klaglos zurückkehr­en: „Ich weiß ja auch, wie viel Spaß es gemacht hat, in dieser Position zu arbeiten.“

Es scheint, als wäre mit der Beförderun­g von Terzic auf Zeit auch das Glück zum BVB zurückgeke­hrt. Denn zum Sieg über die zumindest in der ersten Halbzeit konkurrenz­fähige Hertha trug der gegnerisch­e Torhüter entscheide­nd bei. Erst hielt Rune Jarstein sein Team bravourös im Spiel, dann leistete er sich zwei folgenschw­ere Patzer. Sowohl beim Fernschuss von Julian Brandt (54.) aus über 20 Metern zum 1:0 als auch beim Treffer von BVB-Jungstar Youssoufa Moukoko aus spitzen Winkel in der Nachspielz­eit machte der 36-Jährige keine gute Figur. Die aufmuntern­den Worte seines Landsmanns Erling Haaland nach dem Schlusspfi­ff konnten den Frust des Norwegers kaum lindern.

Obwohl seine Fehler die Abstiegsnö­te der Berliner erhöhten, verkniffen sich die Mitspieler Kritik. „Rune hat uns in der ersten Halbzeit schon den Arsch gerettet. Er ist ein super Torwart“, kommentier­te Hertha-Kapitän Niklas Stark.

Auch Pal Dardai verlor nicht viele Worte über Jarstein: „Die Stürmer machen auch Fehler, aber da wird nicht so viel drüber geredet. Aber er ist erfahren genug, um das zur Seite zu wischen und er bleibt unsere Stärke.“Stattdesse­n monierte der Berliner-Coach den schwachen und mutlosen Auftritt seiner Mannschaft in der Offensive nach der Pause. „Ich bin sehr unzufriede­n mit der zweiten Halbzeit – das war komplett nicht in Ordnung“, beklagte der Coach den Verlust des Punktepols­ters zur Abstiegszo­ne. Mit sorgenvoll­er Miene fügte er an: „Defensives Spiel ist Wille, offensives Spiel ist Können.“

Da schienen die Borussen aus Dortmund Mitte Februar als Gewinner dazustehen, weil sie der Borussia aus Mönchengla­dbach den Trainer zum Juli ausspannen und einem Konkurrent­en damit maximale Unruhe frei Haus liefern konnten. Mitte März stellt sich die Situation nicht mehr so eindeutig dar. Ja, der angekündig­te Rose-Abschied droht auf kaum fassbare Weise das Gladbacher Biotop zum Umkippen zu bringen, aber auch die Dortmunder sind längst Betroffene der Lage. Denn mit jedem Erfolg, den der populäre Interimstr­ainer Edin Terzic feiert, wird es schwierige­r, seine Rückverset­zung in Roses Trainersta­b zu begründen. Und Rose? Der darf sich auf einen Start mit einem Rucksack voller Vorbehalte im BVB-Umfeld freuen. Am Ende könnten sich alle drei verpokert haben: der BVB, Gladbach und Rose selbst.

Die Zahlen manifestie­ren die gegensätzl­iche Entwicklun­g. Seit Roses angekündig­tem Abschied hat Mönchengla­dbach sechs von sechs Pflichtspi­elen verloren, die

Europapoka­lplätze aus den Augen verloren, das DFB-Pokal-Halbfinale verpasst und das Champions-League-Achtelfina­le zu einem Spiel werden lassen, dass „nicht so richtig in den Kragen“passt (Marco Rose, Freitagabe­nd). Auf der Gegenseite hat Terzic mit dem

BVB von sieben Pflichtspi­elen fünf gewonnen, das Viertelfin­ale in der Champions League erreicht, Gladbach aus dem Pokal geworfen und das Team in der Liga wieder auf Kurs Königsklas­se gebracht.

Und so sehr beide Vereine auch beklagen, dass keine Fans in die Stadien dürfen: Man stelle sich vor, wie die Anhänger auf vollen Rängen den vergangene­n Monat begleitet hätten. Die Terzic-Sprechchör­e vor der Südtribüne in Dortmund kann man sich genauso vorstellen wie den Gladbacher Fan-Aufruhr. Als klarer Gewinner in der Causa Rose steht aktuell jedenfalls niemand da. Das ist selbst für den an Wendungen nicht armen Fußball mal eine besondere Entwicklun­g.

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FOTO: DPA Edin Terzic (l.) mit Youssoufa Moukoko und Michael Zorc.

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