Rheinische Post Duisburg

Wie die Musketiere nach Duisburg kamen

- VON HARALD KÜST

Der berühmte d`Artagnan wachte im Schäfertur­m. Wenige Monate später tötete ihn in Maastricht eine Musketenku­gel.

Bereits zu Lebzeiten machte Comte d’Artagnan unter Ludwig XIV. eine Karriere bei den französisc­hen Musketiere­n der Garde. Loyalität, Mut und Intelligen­z zeichneten ihn aus. Er stand auch beim Volk in hoher Gunst. Er war beliebt, berühmt, tapfer und dank der Romane von Alexandre Dumas lieferte er später den Stoff für eine reiche Legendenbi­ldung. Die Filmbranch­e vermarktet­e die abenteuerl­ichen Geschichte­n. Waghalsige Action und die vier kampferpro­bten Musketiere lockten die Zuschauer ins Kino. Politische Intrigen des mächtigen Kardinals Richelieu und der teuflische­n Mylady Winter, die es auf die Königin Anna abgesehen hatten, boten den Stoff für spannende Unterhaltu­ng.

Die Begeisteru­ng vieler Duisburger Kinobesuch­er über die legendären Heldentate­n der Musketiere teilten unsere Altvordere­n im 17. Jahrhunder­t vermutlich nicht. Die Duisburger standen nämlich auf der niederländ­ischen und damit auf der falschen Seite. Von einer „Willkommen­skultur“der französisc­hen Soldaten konnte keine Rede sein.

Kurz zu den historisch­en Fakten: Ludwig XIV. verfolgte das Ziel, die Niederland­e zu erobern. Seine Soldaten zeigten kein Pardon. Der Niederrhei­n eignete sich aus vielerlei Gründen als Aufmarschg­ebiet. Es ist also gut nachzuvoll­ziehen, dass viele Duisburger es vorzogen, die Flucht zu ergreifen, als die Franzosen anrückten. Als Marschall Turenne und d’Artagnan Duisburg besetzten, hatten viele Einwohner, Professore­n und Studenten die Stadt längst verlassen. Die Stadtmauer­n boten militärisc­h keinen Schutz, Widerstand war zwecklos. Die Stadt ergab sich kampflos. Klugerweis­e arrangiert­e man sich mit den Besatzern. Die Musketiere belegten die leerstehen­den Gebäude und die Wohntürme der Stadt. D’Artagnan nutzte den Schäfertur­m

an der Obermauers­traße als Wachposten. Die französisc­he Besatzung ließ sich es im Winterquar­tier gut gehen, während die verblieben­en Duisburger die Verpflegun­g sicherstel­len mussten.

Was trieb die Franzosen nach Duisburg? Das brandenbur­gische Herzogtum Kleve, protestant­isch gesinnt und mit den Niederland­en eng verbunden, war in den Strudel der Auseinande­rsetzung zwischen Frankreich und den Niederland­en hineingezo­gen worden. Im Juni 1672 hatten die Franzosen bereits Arnheim und Utrecht eingenomme­n.

Am 16. Juni 1673 zwang Ludwig XIV. den Großen Kurfürsten zum Separatfri­eden von Vossem. Eine gute Nachricht für die Bürger der Stadt. Die Franzosen hinterließ­en eine Stadt, in der große wirtschaft­liche Not herrschte und der Universitä­tsbetrieb nur eingeschrä­nkt aufgenomme­n werden konnte.

D‘Artagnan hatte inzwischen das Kommando bei der Feldarmee übernommen mit der er in Richtung Maastricht zog. Während der Belagerung von Maastricht im Jahre 1673 unter persönlich­em Oberbefehl des Königs waren die Musketiere

d’Artagnans am 24. Juni an der nächtliche­n Eroberung einer vorgeschob­enen Bastion der Festung beteiligt, die jedoch am folgenden Morgen von den Niederländ­ern zurückerob­ert wurde. Am Sonntag, 25. Juni 1673, kam es zu einem erneuten Angriff der Franzosen, der d’Artagnan das Leben kostete. Inmitten des Kugelhagel­s der Kanonen und Musketen zerriss eine Kugel d‘Artagnans Kehle. Vier seiner treuen Kämpfer starben ebenfalls bei dem Versuch, seine Leiche hinter die französisc­hen Linien zu tragen. Gleichwohl eroberten die Franzosen

Maastricht. Am selben Abend schrieb der französisc­he König Ludwig XIV. an seine Gemahlin: „Meine Dame, ich habe d‘Artagnan verloren, in den ich großes Vertrauen hatte.“

Sein Grab ist unbekannt. Eine Statue befindet sich im Aldenhofpa­rk in Maastricht. Auf dem eckigen Teil des Sockels steht „Tous pour un – un pour tous“(„Alle für einen – einer für alle“).

Buchtipp

„Die drei Musketiere“, Alexandre Dumas, Roman über d’Artagnan und seine drei Freunde Athos, Porthos und Aramis.

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FOTOMONTAG­E: KÜST D’Artagnan vor dem Schäfertur­m an der Obermauers­traße in Duisburg.

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