Rheinische Post Duisburg

Das Schwarze Schaf streamt munter

Die erste Vorrunden-Staffel wurde ohne Pannen aus der Säule übertragen.

- VON PETER KLUCKEN

Na klar, vielen hängt das Hocken vor dem Computerbi­ldschirm, das Konferiere­n per Videoschal­tung und der meist nur noch digital geführte Kontakt mit Kolleginne­n und Kollegen zum Hals raus. Der Schauspiel­er und Kabarettis­t Max Ruhbaum, der die Vorrunden zum Niederrhei­nischen Kabarettpr­eis „Das Schwarze Schaf“moderiert, macht auch keinen Hehl daraus, dass „Online“nicht so schön ist wie das Agieren vor einem leibhaftig anwesenden Publikum. Er drückt deshalb einen Knopf auf einem Elektronik­tisch und ein Misston erklingt. Aber was soll man machen? Besser ein gestreamte­r Kabarett-Wettbewerb als gar keiner.

Zwei von vier Vorrunden, die allesamt aus der Säule live online übertragen werden, sind absolviert. Ohne technische Pannen, darf man hinzufügen. Es gelingt sogar, Live-Atmosphäre fürs Publikum zu vermitteln, das irgendwo in der Welt am Bildschirm die Auftritte verfolgt: Eine ganze Reihe von Emojis (Herzchen, Applaus, Schnute ziehen...) können am Bildschirm angeklickt werden und Steigen auf der Bühne an einem Riesentabl­ett auf. Für die auftretend­en Künstler, allesamt Talente, die bislang eher Insidern bekannt sind, ist ein Auftritt in einem fast leeren Saal natürlich eine Herausford­erung.

Zum Wettbewerb angetreten sind höchst unterschie­dliche Künstler. Dabei waren zwei Liedermach­er, nämlich Jakob Heymann und Alex Döring, die sich selber auf der Gitarre begleiten. Die beiden konnten mit ihren kritischen Songs überzeugen, wobei Alex Döring die politische­n Akteure, die er kritisiert, durchaus beim Namen nennt. Richtig böse wird er beim Entlarven der Raffgier („Wenn mein Sohn eine Aktie wäre, stieße ich ihn ab“). Sulaiman Masomi beklagte etwas überraschu­ngslos sein Los als selbststän­diger Künstler mit Migrations­hintergrun­d. Er punktete dagegen mit einem intelligen­t-witzigen und originelle­m „Gedicht vom Hohen Rat der Sprache“. Wie da das Komma zur rechten Zeit unterbrich­t oder das Ausrufezei­chen auftrumpft: Das ist schon toll in Verse gebracht worden.

Publikumsl­ieblinge der ersten Vorrunde wurden die Goldfarb-Zwillinge aus Berlin, die perfekt wie einst die Kessler-Zwillinge synchron auftreten. Sie nahmen die Sozialen Medien aufs Korn („Facebook unser“als Gebet), überrascht­en mit einem Tanz. Noch überrasche­nder war allerdings der Auftritt von Micha Marx in der zweiten Vorrunden-Staffel, der charmant plaudernd seine Karikature­n und Kritzelzei­chnungen auf einer großen Leinwand zeigte. Das war originell, doch passt es eigentlich – wie beim Tanz der Goldfarb-Zwilllige – nicht zum Wettbewerb, der auf das politisch-gesellscha­ftlich relevante Kabarett zielen soll.

Einen famosen Eindruck hinterließ die junge Poetry Slammerin Victoria Helene Bergemann, die einem ihre Empörung über Spießigkei­t, Macho-Gehabe und falsche weibliche Lockungen in einer so gekonnt-artistisch­en Weise um die Ohren haut und ins Gehirn katapultie­rt, dass es einem selber die Sprache verschlägt.

Eine Anregung für die Fortsetzun­g am kommenden Mittwoch um 19.30 Uhr: Vielleicht die Lacher vom Band weg lassen. Die sind überflüssi­g und auch ein wenig nervig.

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SCREENSHOT: KLUCKEN Der politische Liedermach­er Alex Döring überzeugte das virtuelle Publikum mit kritischen Songs.

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