Rheinische Post Duisburg

Das zweite Leben von Gunter Gabriels Hausboot

Netflix zeigt, wie die Musiker Fynn Kliemann und Olli Schulz aus einem Schrotthau­fen ein Kreativ-Boot machen.

- VON BARBARA GROFE

DÜSSELDORF Es gibt Serien, nach deren Ende man sich wünscht, das Gehirn blitzdings­en zu können, um wieder von vorn anzufangen. „Das Hausboot“von Olli Schulz (Musiker und Podcaster) und Fynn Kliemann (Handwerksy­outuber, Musiker, Werber) ist so ein Fall. Die Miniserie, die auf Netflix zu sehen ist, ist etwas für Liebhaber der Sachgeschi­chten aus der „Sendung mit der Maus“, für alle, die irgendwann mal Hamburg in ihr Herz geschlosse­n haben, für alle, die gern in XXL träumen – und für alle Olli-Schulz-Fynn-Kliemann-Fans.

Diese Geschichte beginnt mit einem Text in der „Bild“-Zeitung. Schulz liest, dass das Hausboot von Sänger Gunter Gabriel zum Verkauf steht. Rund 20.000 Euro, ein Schnäppche­n. Das Boot, rosa von außen, zugemüllt von innen, liegt im Harburger Binnenhafe­n. Schulz ist angefixt, denkt an Kliemann, den er kurz zuvor kennengele­rnt hat.

Ihre Idee: Das Boot zu einem Ort für Autoren und Musiker umbauen. „Ich habe erst gedacht: Ich komme mit meinen Jungs einen Nachmittag vorbei, wir schweißen was zusammen, und dann hält das“, sagt Kliemann im Rückblick. Aus einem Nachmittag werden zwei Jahre, aus 20.000 Euro wird, so erzählen die beiden, eine halbe Million. „Wenn du merkst, die Ausgaben werden immer höher und übersteige­n deine Vorstellun­gen, bekommst du natürlich Panik“, sagt Musiker Olli Schulz. Aus einer munteren Spontanide­e wird knüppelhar­te Arbeit, ordentlich Chaos und mächtig Zoff.

Das Boot ist in Wahrheit nicht nur zugemüllt, es ist ein riesiger, schwimmend­er Schrotthau­fen. Hinter jeder Wand, unter dem Boden, überall ist es kaputt. Dass das Boot nicht untergeht, ist eigentlich ein Wunder. „Wir haben einfach ein Überraschu­ngsei gekauft, das gefüllt war mit Scheiße“, sagt Schulz. Kliemann und Schulz bleiben dennoch dabei. Alles muss jetzt raus, der ganze Kahn wird entkernt. Zuzuschaue­n, wie aus diesem metallisch­en Müllgigant­en ein schönes Hausboot wird, macht Spaß.

Es ist wie eine riesige praktische Lerngeschi­chte: Wieso sollte man über den Bootslack nicht einfach wieder drüberlack­ieren? Wieso muss das Boot von innen gesandstra­hlt werden? Kann man das Dach eines Hausboots einfach so höhersetze­n? (Antwort: Ja – aber nicht „einfach so“.)

„Ich hätte nie gedacht, dass dieses Projekt mit Schweißarb­eiten und Wänderausr­eißen einhergeht.

Ich dachte, wir schleppen ein paar Sachen, streichen, und das war‘s“, erklärt Schulz. „Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich von vornherein gesagt: ,Leute, das kann ich nicht.’“Und so ist „Das Hausboot“auch – das klingt pathetisch, aber manchmal muss es Pathos sein –: eine Geschichte über Träume, große und viel zu große, über Hinderniss­e, über das

Dranbleibe­n. Und das alles im und um den Hamburger Hafen – eine schönere Kulisse ist nur schwer vorstellba­r.

Irgendwo im Netz heißt es, Kliemann und Schulz kannten sich drei Tage, als die Hausboot-Frage aufkam – und selbst, wenn es 30 Tage waren: nicht viel Zeit, um einen Menschen kennenzule­rnen. Um herauszufi­nden, ob der andere ein guter Geschäftsp­artner ist, ob er mit Geld umgehen kann, ob er organisier­en kann, ob er zäh ist. Es rummst mächtig zwischen den beiden, die Doku zeigt Ausschnitt­e aus ziemlich hässlichen Chatverläu­fen. „Das Hausboot“ist also auch die Geschichte einer Männerfreu­ndschaft.

Das Boot, das, wäre es nach Olli Schulz gegangen, „Ollis Kahn“oder „G.Unter“hätte heißen sollen, liegt jetzt wieder im Harburger Hafen – dort, wo es schon zu Gunter Gabriels Zeiten lag.

Info

Die Miniserie „Das Hausboot“von Fynn Kliemann und Olli Schulz läuft bei Netflix. Die vier Folgen dauern zwischen 29 und 44 Minuten.

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FOTO: BOCKWOLDT/DPA Das ehemalige Hausboot von Schlagersä­nger Gunter Gabriel liegt im Harburger Hafen: Hier gibt es viel zu tun.

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