Rheinische Post Duisburg

„Schwerer Schlag ins Herz der Union“

Nach den Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz ist vor der Entscheidu­ng über die Kanzlerkan­didatur.

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Der erste Aufschlag am Tag nach den CDU-Niederlage­n bei den Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz kommt aus München. Der bayerische Ministerpr­äsident und CSU-Vorsitzend­e Markus Söder tritt um 9.45 Uhr vor die Presse und gibt den Ton für die Union schon mal vor: Er wolle „nicht mit dem Schlafwage­n zur Bundestags­wahl“fahren, poltert der Nürnberger. Und hat auch gleich ein Rezept parat: „Um das Kabinett herum müssen die beiden Unionspart­eien noch einmal Teams für die Zukunft bilden“, sagt Söder. „Die Wahlen gestern waren ein schwerer Schlag in das Herz der Union.“Besonders die Niederlage im ehemaligen CDU-Stammland Baden-Württember­g tue weh.

Eine „hektische Kabinettsu­mbildung“werde nun nach seiner Einschätzu­ng nichts bringen, betont der CSU-Chef. Er weiß zu diesem Zeitpunkt bereits, dass Gerüchte über eine mögliche Absetzung von CDU-Wirtschaft­sminister Peter Altmaier oder CDU-Gesundheit­sminister Jens Spahn in Berlin zirkuliere­n. Dass Söder Altmaier schon länger für eine Schwachste­lle hält, lässt er sich an diesem Morgen nicht anmerken. Ihm ist klar, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Austausch ihrer Minister mitten in der Pandemie nicht bereit ist. Aber die Union müsse zeigen, dass sie für die Zeit nach der Bundestags­wahl neue Kräfte zur Verfügung habe, das ist dem bayerische­n Regierungs­chef wichtig.

Denn Söder ist besorgt. Die massiven Stimmverlu­ste der CDU bei den Landtagswa­hlen seien ein „Wake-up-Call“für die Union. Es seien nun auch Mehrheiten jenseits der Union möglich. Wer glaube, CDU und CSU würden auf jeden Fall den nächsten Bundeskanz­ler stellen, sei widerlegt. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt wird die Ergebnisse später in einer internen Schalte „schockiere­nd“nennen. In CDU und CSU ist man sich durchaus bewusst, dass nicht nur die Maskenaffä­ren von Bundestags­abgeordnet­en, sondern auch Fehler im Corona-Krisenmana­gement mitverantw­ortlich sind für das miserable CDU-Ergebnis.

Markus Söder geht öffentlich darauf ein, nennt zu spät ausgezahlt­e Wirtschaft­shilfen, zu geringes Tempo bei den Impfungen, Probleme bei den Corona-Tests und die kritisiert­e Corona-Warn-App.

Knapp vier Stunden später tritt der CDU-Vorsitzend­e Armin Laschet im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin vor die Presse. Auch er setzt diesen Punkt: „Ich erwarte, dass die Bundesregi­erung gute Arbeit

leistet.“Dabei nimmt Laschet auch Minister seiner eigenen Partei ins Visier: Seine Forderung nach guter Arbeit gelte „für alle Minister und Ministerin­nen“– sei es bei Impfungen, Corona-Tests oder Abschlagsz­ahlungen. Die CDU-Kabinettsm­itglieder dürften über diesen Hinweis nicht gerade begeistert sein.

Einen aber kritisiert Laschet ganz offen und harsch. Er erwarte, dass der SPD-Bundesfina­nzminister sich künftig ausschließ­lich um sein Ressort kümmere. „Dass die Regierung als Ganzes zu guten Sachlösung­en kommt, das ist das Minimum“, sagt der NRW-Regierungs­chef unter Anspielung auf Bundesfina­nzminister und SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz, ohne diesen beim Namen zu nennen.

Laschet kündigt an, in den kommenden Wochen die Vorbereitu­ng für die Bundestags­wahl voranzutre­iben.

Am 26. März wolle er mit den Kreisvorsi­tzenden der CDU beraten, am 29. März dann mit Vertretern der CDU im Osten. Ende März solle auch die Erarbeitun­g eines Wahlprogra­mms starten – in einem „offenen Diskussion­sprozess“.

Insgesamt begegnet Laschet dem Wahldebake­l sachlich. Der Parteivors­tand beschließt am Vormittag einen Verhaltens­kodex, der künftig für alle Mandatsträ­ger und Kandidaten bei Wahlen gelten soll. Es ist die Antwort auf die Affäre um dubiose Geldleistu­ngen bei der Maskenbesc­haffung.

Laschets Miene verfinster­t sich nur bei einer Frage sichtlich: Ob er denn Ministerpr­äsident in NRW bleiben wolle, als CDU-Chef, aber auch als möglicher Kanzlerkan­didat? Laschet holt tief Luft: Wenn ein Ministerpr­äsident als Kanzler kandidiere, bleibe er bis zum Wahltag im Amt. Das werde „auch in diesem Wahljahr 2021 so für mich gelten“. Ein Freud’scher Verspreche­r? Mehr Hinweise gibt es nicht an diesem Montag.

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FOTO: KAPPELER/DPA Der CDU-Bundesvors­itzende Armin Laschet will nach den Wahlschlap­pen die Vorbereitu­ngen für die Bundestags­wahl im September vorantreib­en.

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