Rheinische Post Duisburg

Gehaltvoll­e Predigt beim Menschenre­chtskonzer­t

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Dass der Dirigent Adam Fischer an den Beginn seines jüngsten Menschenre­chtskonzer­ts die „Fischpredi­gt“von Gustav Mahler gesetzt hat, ist ein Trick, den nicht jeder versteht. Diese kuriose Ansprache des Antonius von Padua aus dem Zyklus „Des Knaben Wunderhorn“beleuchtet tief den Konflikt zwischen Botschaft und Taubheit, zwischen Anspruch und Verweigeru­ng. Mahlers Ironie gilt den Kopfnicker­n und Bescheidwi­ssern, die sich um Erkenntnis in Wirklichke­it nicht scheren.

Dieses feine Stück Musik, das manche in abgewandel­ter Form aus Mahlers 2. Symphonie kennen, trug jetzt in der Tonhalle der Bariton Markus Eiche vor. Das Opus dauert zwar nur knapp vier Minuten, man kann es aber fürchterli­ch verderben. Ganz anders Eiche: Er fand die richtige Mischung aus Onkelhafti­gkeit und scharfer Skizze, er sprang leicht in die Höhe und fühlte sich auch in der Tiefe wohl. Wenn Predigten nur öfter so kurz wären!

Fischers Laudatio auf die österreich­ische Plattform Mimikama, die gegen Internetmi­ssbrauch kämpft, und die Klimaschüt­zer von „Fridays for Future“haben wir bereits in einem Gastbeitra­g des Dirigenten dokumentie­rt. Kernthese hier wie dort: Auch die Wahrheit ist ein Menschenre­cht. 2020 fiel das Menschenre­chtskonzer­t wegen des ersten Lockdowns aus, deshalb gab es diesmal zwei Preisträge­r. Beide Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert; wie in den Vorjahren steuerte der Verein der Freunde und Förderer der Tonhalle die Summen bei. Für diese großmütige Unterstütz­ung dankte auch Intendant Michael Becker.

Nach der Pause war eine frische, zügige, nicht vollends durchgearb­eitete, handwerkli­ch sogar stellenwei­se heikle Interpreta­tion von Ludwig van Beethovens 4. Sinfonie B-Dur zu hören. Wie schon in dem Mahler-Lied merkte man den Symphonike­rn in dieser Interpreta­tion an, dass ihnen derzeit die letzte Spielrouti­ne fehlt. Das brandige Finale geriet allerdings prächtig: reine Energie.

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