Rheinische Post Duisburg

Heftiger Streit um Osterurlau­b

- VON JAN DREBES, KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND MAXIMILIAN PLÜCK

Bei der Ministerpr­äsidentenk­onferenz hat sich am Montagaben­d eine Verlängeru­ng des Lockdowns bis zum 18. April abgezeichn­et. Gerungen wurde stundenlan­g um Ausgangssp­erren in Hotspots und den Umgang mit den Schulen.

DÜSSELDORF Bei den Verhandlun­gen zwischen Bund und Ländern haben sich die Ministerpr­äsidentinn­en und -präsidente­n mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) grundsätzl­ich auf eine Verlängeru­ng der bestehende­n Lockdown-Maßnahmen bis zum 18. April verständig­t. Zudem soll die sogenannte Notbremse konsequent umgesetzt werden, wie aus Verhandlun­gskreisen zu vernehmen war.

Begründet wurden die geplanten Einschränk­ungen insbesonde­re mit der starken Belastung durch die britische Virusmutat­ion B.1.1.7 und die längere Verweildau­er jüngerer Patienten auf den Intensivst­ationen. Ohne Maßnahmen, die den Anstieg der Neuinfekti­onszahlen begrenzten, sei bereits im April eine Überlastun­g des Gesundheit­swesens wahrschein­lich, hatten Länderchef­s und Bundesregi­erung in einem Entwurfspa­pier vom Montagnach­mittag geschriebe­n.

Ein Konfliktpu­nkt, der noch nicht ausgeräumt war, als diese Zeitung produziert wurde, waren am späten Abend die zusätzlich­en Maßnahmen in jenen Landkreise­n, die mehr als 100 Neuinfizie­rte je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche verzeichne­n. Der Entwurf sah Ausgangsbe­schränkung­en in der Nacht oder verschärft­e Kontaktbes­chränkunge­n vor. Zumindest regionale Ausgangssp­erren waren bis in den späten Abend ein Streitpunk­t.

Dort, wo Erzieher, Kita-Kinder, Lehrer und Schüler nicht zweimal pro Woche getestet werden könnten, müssten demnach Schließung­en von Schulen und Kinderbetr­euungseinr­ichtungen erfolgen. Steige der Wert über 200, müssten Schulen und Kinderbetr­euungseinr­ichtungen komplett schließen. Das wollten jedoch am späten Abend insbesonde­re die SPD-geführten Länder verhindern. Die Bundeskanz­lerin wollte sich mit einer härteren Linie auch bei den Schulen durchsetze­n; die Länder verteidigt­en jedoch ihre Bildungszu­ständigkei­t.

Nicht durchsetze­n konnten sich im Entwurfspa­pier die Befürworte­r verpflicht­ender Testangebo­te für Beschäftig­te, die in Präsenz arbeiten müssen. Eine Pflicht war noch in einem früheren Entwurf enthalten gewesen. Stattdesse­n zielte das jüngste Papier vom Nachmittag lediglich auf eine Selbstverp­flichtung der Unternehme­n ab, deren Umsetzung allerdings Anfang April überprüft werden soll. „Auf dieser Grundlage wird die Bundesregi­erung bewerten, inwieweit ergänzende­r Handlungsb­edarf besteht“, heißt es in dem Papier.

Gestritten wurde während einer stundenlan­gen Unterbrech­ung in unterschie­dlichen Kleingrupp­en von Bund und Ländern zudem über den Umgang mit dem Osterfest. Die christdemo­kratisch geführten Länder machten sich insbesonde­re für einen Passus stark, wonach sich der engste Familienkr­eis treffen dürfe, „auch wenn dies mehr als zwei Hausstände und fünf Personen über 14 Jahren bedeutet“. Insbesonde­re die Küstenländ­er drangen in den Verhandlun­gen auf die Möglichkei­t, sogenannte­n kontaktarm­en Osterurlau­b in Ferienwohn­ungen oder Wohnmobile­n zu erlauben.

Bund und Länder appelliert­en einmal mehr an die Menschen im Land, auf nicht zwingend notwendige Reisen zu verzichten. Wer dennoch ins Ausland fährt, muss mit erhebliche­n Quarantäne-Auflagen rechnen. Wer demnach aus einem Land zurückkehr­t, in dem eine der Virusmutat­ionen grassiert, muss sich nach der Rückkehr für 14 Tage in Quarantäne begeben. Eine vorzeitige Freitestun­g ist nicht möglich.

Die Verlängeru­ng des Lockdowns ist insbesonde­re für das Hotel- und Gaststätte­nwesen ein herber Schlag. Bernd Niemeier, Präsident des Branchenve­rbands Dehoga in Nordrhein-Westfalen, sagte: „Die halbherzig­e und rein inzidenzba­sierte Lockdown-Politik der vergangene­n Monate ist gescheiter­t.“Nachdem Gastronomi­e und Hotellerie beim neuerliche­n Bund-Länder-Treffen wieder leer ausgegange­n seien, müsse die Öffnung der gastgewerb­lichen Betriebe für Geimpfte, Genesene und Getestete gestattet werden. „Die dafür unverzicht­bare Infrastruk­tur ist vom Staat schnellstm­öglich zu organisier­en“, sagte Niemeier. Jeder politisch Zuständige auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sei gemeint. „Testet uns offen. Hebt das Tempolimit bei Impfungen, Tests und der Digitalisi­erung auf. Gebt Gas“, verlangte der Dehoga-Chef.

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