Gruppen leiden unter Kontaktverbot
Die Pandemie wird laut Experten Spuren bei den Selbsthilfegruppen hinterlassen.
(ma) Die Corona-Pandemie wird über ihr Ende hinaus Spuren in der Landschaft der rund 180 Duisburger Selbsthilfegruppen hinterlassen. „Einige werden danach nicht mehr weitermachen“, fürchten Anja Hoppermann und Kendra Zwickler von der Selbsthilfe-Kontaktstelle beim Paritätischen. Vor allem die Gruppen mit älteren Mitgliedern, die im Lockdown nicht an Online-Treffen teilnehmen konnten, leiden unter den Kontaktbeschränkungen. „Aber es gab auch viele kreative Ideen in den Gruppen“, berichten die Beraterinnen.
Jeder der möchte, kann kommen – diese Maßgabe für die Selbsthilfe gilt seit einem Jahr nicht mehr. Die Kontaktstelle spürt das an der hohen Nachfrage nach Hilfe und Beratung: 2515 Informationsgespräche führten die Mitarbeiterinnen laut ihrem Jahresbericht im vergangenen Corona-Jahr, 31 mehr als im Vorjahr.
Dabei war der Gesprächsbedarf von „Profis“aus dem medizinisch-sozialen Bereich (890 Kontakte) noch höher als bei den Bürgerinnen und Bürgern (664), Expertise suchten vor allem die Gruppen selbst (982 Kontakte).
„Vor allem bei Gruppen mit Sucht-Thematik war die Angst groß, dass die Kontaktverbote zu Vereinsamung und Rückfällen führen würde“, berichtet Anja Hoppermann. Zwar waren Treffen für medizinisch-therapeutisch induzierte Gruppen bald wieder möglich, nicht selten standen aber dann die Treffpunkte nicht zur Verfügung.
Wo möglich, gaben die Beraterinnen Hilfestellung bei der Organisation von Video-Konferenzen, mussten
Datenschutzbedenken ausräumen, „weil der geschützte Raum der Treffen ja entfiel“. Gefragt waren auch Informationen zu den Folgen der sich ändernden Corona-Verordnungen auf die Gruppen. Kendra Zwickler: „Die Zahl unserer Kontakte zu den Gruppen ist um fast ein Drittel gestiegen.“
In Gruppen zu spezifischen Erkrankungen mit vielen älteren Mitgliedern spiele auch die Angst vor der Infektion ein Rolle. „Sie treffen sich allenfalls zu Spaziergängen oder halten telefonischen Kontakt, sagt Anja Hoppermann. Vereinzelt hätten Gruppen vor den Schwierigkeiten kapituliert. „Andere überlegen noch, ob sie nach dem Lockdown weitermachen werden“, sagt die Beraterin. In der Folge steige die
Zahl der Anfragen wegen Vereinsamung, besonders häufig kamen sie von psychisch Erkrankten. „Die Gespräche werden länger, die Menschen müssen ihr Herz ausschütten. Das Gemeinschaftsgefühl fehlt extrem.“
Angebote zu planen für das laufende Jahr, ist schwierig für die Selbsthilfe-Kontaktstelle. „Wir reagieren spontan auf die Corona-Lage“, sagen Zwickler und Hoppermann, „bieten Online-Vorträge und -Fortbildungen an“. Für Hilfesuchende mit Depressionen oder Ängsten bieten sie einen Selbsthilfe-Schnupperkurs an. Die Resonanz sei gut, sagen die Beraterinnen: „Viele haben Angst, sich zu verpflichten, und bekommen so einen Einblick in eine Gruppe.“