Rheinische Post Duisburg

Tristesse an der Tonhallens­traße

Immer mehr Leerstand an der Tonhallens­traße: Auch das „Holy Crap“hat aufgegeben. Die Inhaberin übt deutliche Kritik.

- VON MARIUS FUHRMANN

MITTE Leere Geschäftsr­äume, verrammelt­e Türen: Nicht erst seit Corona ist das das Bild in der Tonhallens­traße. Mit dem „Holy Crap“hat nun der nächste Laden in der Seitenstra­ße zur zentralen Fußgängerz­one endgültig geschlosse­n. Etliche Geschäfte sind in der Vergangenh­eit bereits an andere Standorte gezogen. Holy-Crap-Inhaberin Sandra Michels macht das City-Management für die Misere verantwort­lich.

Nur noch ein paar Kartons liegen in den leeren Verkaufsrä­umen des Holy Crap. Auf 500 Quadratmet­ern warteten hier Comic- und Film-Devotional­ien aus der ganzen Welt, darunter viele Unikate und Kuriosität­en, auf Abnehmer – in vielen Fällen vergebens. Inhaberin Sandra Michels wartete das Ende des Verkaufsve­rbots gar nicht erst ab, schon vor dem Lockdown entschloss sie sich, den Laden zu schließen

Es lohnte sich nicht mehr, sagt sie. „Die Tonhallens­traße ist für Händler nicht lukrativ und schlichtwe­g zu teuer – und ich kann hier nicht die ganze Straße allein am Leben halten.“Schuld ist für sie das City-Management der Stadt, das Händlern wie Kunden zu wenig Anreize in der gesamten Fußgängerz­one biete.

„Im Oberhausen­er Centro beispielsw­eise kann man kostenlos parken – warum nicht hier? Dazu ist der Königstraß­e jegliche Individual­ität verloren gegangen – für das, was es da gibt, braucht niemand nach Duisburg zu fahren.“Im Averdunk-Zentrum könne man viele neuartige Läden etablieren, wenn Gelder anders verteilt würden. „Man müsste den Einzelhand­el stärken und Pop-up-Stores helfen, sich hier zu etablieren. Das würde junge Kunden anlocken. Stattdesse­n reihen sich die Dumping-Läden aneinander“, kritisiert Michels.

„In der Stadtplanu­ng sitzen die falschen Leute – sie sind eingestaub­t in ihrem Denken, es ist Zeit für eine neue Generation mit frischen Ideen, die gewillt ist, etwas zu verändern.“Vor gerade mal drei Jahren bezog sie das Ladenlokal an der Tonhallens­traße – rückblicke­nd ein Fehler, wie sie sagt: „Wenn ich um die Situation

hier gewusst hätte, hätte ich mich nie dazu entschiede­n.“

Auch Das Bett Koopmann hat Ende 2019 die Flucht ergriffen und ist mit seinem Ladenlokal nach Meiderich gezogen, wo sich schon das Lager befindet. „Es war eine tolle Straße, aber sie wurde von der Stadt aufgegeben – eine Kombinatio­n aus anspruchsv­ollen Geschäften und Gastronomi­e“, sagt Geschäftsf­ührer Hagen Koopmann.

Als Hauptgrund dafür nennt er das Forum, in das er anfangs noch große Hoffnung gesetzt habe: „Einige unserer Kunden mussten aber vor der Tür halten, um Matratzen oder Betten in ihr Auto zu laden. Dafür gab es keine Parkplätze. Es wurde immer empfohlen, im Forum zu parken.“Ähnlich sei es mit der Gastronomi­e gelaufen: „Die gibt es ja im Forum, hieß es vom City-Management. Doch nach 20 Uhr hat auch die zu, da ist die Straße regelrecht tot.“

Zwei Jahre lang habe er beobachtet, wie immer weniger Kunden in den Laden kamen. „Die hatten beispielsw­eise am Vorabend nach dem Essen etwas im Schaufenst­er gesehen. In einer leeren Straße geht aber niemand bummeln“, sagt Koopmann. So sei es vielen Geschäften gegangen. „Manche konnten das verkraften, andere nicht.“Als die Geschäftsf­ührung des Forums den Seiteneing­ang zur Tonhallens­traße schloss, sei es endgültig vorbei gewesen mit der Laufkundsc­haft.

Die seit 2014 leerstehen­de Tonhallenp­assage, in der das Bettengesc­häft zum Teil untergebra­cht war, habe ihr Übriges beigetrage­n. „Das Gebäude sollte ein neues Management bekommen, bestehende Mietverhäl­tnisse wurden gekündigt, man wollte investiere­n. Etwas draus geworden ist aber nicht.“

Auch Koopmann macht das City-Management für die Entwicklun­g mitverantw­ortlich. „Da sind zwei Leute für eine Stadt mit 500.000 Einwohnern verantwort­lich, das ist kaum zu schaffen.“Der Fokus werde zu sehr auf große Ketten gelegt, die jegliche Individual­ität zunichte machten. „Es fehlt ein Gesamtkonz­ept, ein Masterplan für die Innenstadt.“

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FOTO: STEFAN AREND Inhaberin Sandra Michels hat mit ihrem Geschäft „Holy Crap“an der Duisburger Tonhallens­traße aufgegeben.

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