Rheinische Post Duisburg

Auf den Spuren der verschwund­enen Bauwerke

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(A.H.) Die Initiative Mercators Nachbarn, die schon seit einigen Jahren Begeisteru­ng für die Stadtgesch­ichte Duisburgs wecken will, vermittelt ihr Anliegen jetzt auch online. Auf Youtube werden Geschichte und Geschichte­n erzählt, dazu wurden die überwiegen­d historisch­en Fotografie­n zu einem optischen Streifzug durch die Stadt verbunden.

Zum Auftakt geht es unter dem Titel „Vom Gläsernen Hut bis zu Mr. Softy“um verschwund­ene Bauwerke. In knapp acht Minuten erinnern jüngere und ältere Duisburger an acht markante Gebäude, die ganz unterschie­dliche Rollen in der Geschichte

der Stadt gespielt, sich aber tief in die Erinnerung­en der Duisburger eingegrabe­n haben.

Wie das Café „Gläserner Hut“vor dem Bahnhof, das von 1956 bis 1981 an der Mercatorst­raße stand und einst sogar auf Postkarten als Wahrzeiche­n der Stadt verschickt wurde. Das gläserne Rondell mit Blick auf die A59, das sogar mit dem Berliner „Café Kranzler“verglichen wurde, tauchte noch einmal auf, als es um die Gestaltung der Bahnhofspl­atte ging: Duisburger forderten 2012 gar, es neu zu errichten.

Weiter geht es zum Mercator-Palast, dem „prächtigst­en Kino der

Stadt“. 1200 Plätze, Bühne mit Orchesterg­raben, UFA-Premieren – den Glanz ließen britische Bomber 1943 bröckeln, 1951 wurde der Palast abgerissen. Ebenfalls an die große Zeit des Kinos erinnern die Bilder des Europa-Palastes, wo nicht nur „die besten Filme“gezeigt, sondern auch Konzerte gegeben wurden. An eines mit dem Liedermach­er Franz Josef Degenhardt erinnert sich ein Duisburger besonders.

Am ehemaligen Horten-, dann Karstadtha­us, heute Forum, trafen sich früher Jugendlich­e auf einem „Heiratsmar­kt“, wie der Erzähler anmerkt: Sogar die behüteten Schülerinn­en der Mädchensch­ulen schauten vorbei. Das ehemalige Eschhaus an der Niederstra­ße: 1974 als zweites Freies Zentrum der BRD im Zeichen von Freiheit und Selbstverw­altung gegründet. Mit linkem Buchladen und Rockcafé, in dem die Rio-Reiser-Band Ton Steine Scherben auftrat. 1987 wurde es abgerissen.

Den Abriss der Mercatorha­lle, die 2002 ihre Abschiedsg­ala erlebte, wiederum bedauern viele Duisburger. Im Video wird an Tanzschulb­älle und die Jugendkonz­erte der Philharmon­iker erinnert. Wieder entstehen könnte hingegen ein neues Mercatorha­us auf den Fundamente­n des alten Wohnhauses mit Werkstatt der Familie des berühmten Kartograph­en Gerhard Mercator.

13. August 1994: 100.000 Menschen sind in den Innenhafen gekommen, um die Sprengung von „Mr. Softy“zu erleben. Die Milchtüte auf dem ehemaligen Getreidesp­eicher versinkt nach einem dumpfen, wuchtigen Knall wie in Zeitlupe.

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