Rheinische Post Duisburg

Das Problem einer „normalen“AfD

- VON GREGOR MAYNTZ

Mit einer scheinbar harmlos-sympathisc­hen Botschaft will die AfD vor die Wähler treten: „Deutschlan­d. Aber normal.“Zu ihrem Wahlslogan hat sie einen Imagefilm vorbereite­t. Entspannt miteinande­r umgehende Leute im Kontrast zu im Lockdown weggesperr­ten Stühlen. Ein emotionale­r Treffer: Sehnen sich nicht alle nach Normalität in diesen von Erschrecke­n, Angst und Frust geprägten Krisenzeit­en?

Die Botschaft ist tückisch. Ein sorgloser Umgang mit der lediglich „herbeigete­steten Pandemie“(so AfD-Rechtsausl­eger Björn Höcke) ist verhängnis­voll in einer Phase mit mutierten Viren und immer mehr jungen Menschen auf den Intensivst­ationen. Nicht minder problemati­sch ist das Wort „normal“angesichts der Versuche, lange Zeit Unsagbares in den „normalen“Diskurs der Gesellscha­ft einzuführe­n. Positionen und Formulieru­ngen, die das Klima des Miteinande­rs mit Migranten und Minderheit­en zerstören, dürfen nicht „normal“werden.

Und nicht zuletzt ist das Spiel mit dem Wort „normal“als Versuch zu werten, sich als „normale“Partei zu inszeniere­n, im Wahljahr also auf eine Selbstverh­armlosung einzuschwe­nken. Die AfD schaffte nach ihrer Gründung die Zweistelli­gkeit bei den meisten Landtagswa­hlen, weil sie sowohl unzufriede­ne bürgerlich­e Wähler als auch heimatlose­s radikales bis extremisti­sches Potenzial bediente. Sie blinkt wechselsei­tig in beide Richtungen und bewegt sich damit ständig im Grenzberei­ch zwischen legitimer Opposition und verfassung­sfeindlich­en Strömungen. Der Programmpa­rteitag in Dresden hat deutlich werden lassen, welches radikale Potenzial bei denen lauert, die in der Person von Höcke nun immer mehr Einfluss auf die Partei auch offen zeigen – und wohin sie die AfD treiben wollen.

BERICHT HÖCKES PARTEITAG, POLITIK

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