Rheinische Post Duisburg

FDP-Modell: Mutter-Mutter-Vater-Vater-Kind

Der Entwurf des Wahlprogam­mes der Liberalen unterstrei­cht: „Wie es ist, darf es nicht bleiben“.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die FDP will mit ihrem Bundestags­wahlprogra­mm Deutschlan­d fit machen für einen Neustart nach der Pandemie – und sich selbst offenbar fit für einen Einstieg in eine Bundesregi­erung nach der Wahl. Der Vorstand wird an diesem Montag noch ein wenig am Entwurf feilen, der Parteitag im Mai dann noch einmal detaillier­t. Doch am umfassende­n Modernisie­rungskurs dürfte es keine Abstriche geben. „Wie es ist, darf es nicht bleiben“, lautet der erste Satz des Programmen­twurfes – und er wiederholt sich litaneiart­ig zu Beginn jedes Kapitels.

Die FDP schielt nicht auf linke Mehrheiten oder rechte Stimmen, sondern definiert beide Orientieru­ngen als „Irrwege“. Ihre Alternativ­e: „Fortschrit­t geht nur nach vorne durch die Mitte.“Das aber ist in den meisten Kapiteln und Forderunge­n durchaus kompatibel mit möglichen Bündnissen unterschie­dlichster Couleur. „Gründen wir Deutschlan­d neu“, wird als genereller Anspruch festgelegt. Konkret bedeutet das etwa, den Firmen durch eine „negative Gewinnsteu­er“Liquidität­shilfen direkt vom Finanzamt zukommen zu lassen, die Unternehme­nssteuer auf 25 Prozent zu senken, den Spitzenste­uersatz erst ab 90.000 Euro greifen zu lassen und die Steuererkl­ärung durch Online-Hilfe und vorausgefü­llte „Easy Tax“-Formulare einfacher zu machen.

Die Höhe der Sozialausg­aben im Bundeshaus­halt sollen nach den Vorstellun­gen der FDP auf 50 Prozent gedeckelt werden. Sie will ein Prozent der Mehrwertst­euereinnah­men zusätzlich in die Bildung stecken und die

Zuständigk­eiten

der Länder hier überarbeit­en. Studenten könnten sich für das Konzept eines elternunab­hängigen Baukasten-BAföG interessie­ren: Dabei gibt es einen monatliche­n Sockelbetr­ag von 200 Euro plus weitere 200 bei ehrenamtli­chem Engagement oder Nebentätig­keit und ein erst bei gutem Einkommen rückzahlba­res Darlehen.

Als Konsequenz aus den Pandemieer­fahrungen will die FDP das Robert-Koch-Institut zu einer politikuna­bhängigen Behörde machen. Im Gesundheit­skapitel findet sich auch die kontrollie­rte Abgabe von Cannabis – mit der Erwartung, durch eine Besteuerun­g jährlich bis zu einer Milliarde einnehmen und in die Suchtbehan­dlung stecken zu können. Größeren gesellscha­ftlichen Reformbeda­rf sieht die FDP unter ihrem Parteichef Christian Lindner

bei den privaten Lebensentw­ürfen.

Sie will die Mehreltern­schaft mit bis zu vier Elternteil­en rechtlich anerkennen und neben der Ehe die „Verantwort­ungsgemein­schaft“einführen. Danach sollen zwei oder mehr volljährig­e Personen eine neue Form gegenseiti­ger Absicherun­g gründen können.

Dürfte es bei diesen und vielen weiteren Forderunge­n in Koalitions­verhandlun­gen bereits lebhaft zugehen, so sind die Entwürfe für die Arbeit der politische­n Akteure selbst nicht minder interessan­t: Der Bundestag soll künftig nicht mehr alle vier, sondern nur noch alle fünf Jahre gewählt werden, der Kanzler oder die Kanzlerin dann nur noch höchstes zwei Wahlperiod­en oder zehn Jahre im Amt sein dürfen. Die Zahl der Wahlkreise wollen die Liberalen von 299 auf 250 reduzieren und damit den Bundestag selbst verkleiner­n. Wählen dürfen die Menschen nach diesen Vorstellun­gen dann künftig schon ab 16.

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