Rheinische Post Duisburg

Gut für die Moral, schlecht für die Tabelle

- VON THOMAS GRULKE

Borussia erkämpfte sich in Unterzahl ein 2:2 bei Hertha BSC, der Punkt bringt sie im Europa-Rennen aber nicht voran.

BERLIN Nachdem Lars Stindl den Elfmeter zum 2:1 verwandelt hatte, fing die TV-Kamera ein Bild ein, das durchaus Symbolchar­akter hatte für den Auftritt der Borussen bei Hertha BSC. Da klatschte Trainer Marco Rose mit Oscar Wendt ab – mit jenem Spieler, den er 20 Minuten zuvor nach Yann Sommers früher Hinausstel­lung vom Feld hatte nehmen müssen. „Wenn der Torwart so früh vom Platz gestellt wird und du dann auch noch einen Feldspiele­r rausnehmen musst, dann ist das schon eine Situation, die mich gefordert hat“, gab Rose später zu.

Doch er und sein Team nahmen die Herausford­erungen der langen Unterzahl in Berlin an und erkämpften sich mit zehn Mann – trotz zwischenze­itlichem 0:1-Rückstands – ein 2:2. „Nach dem Spielverla­uf nehmen wir diesen Punkt gerne mit“, sagte Ersatztorw­art Tobias Sippel, der Sommer ab der 17. Minute vertrat und mit einigen Paraden dazu beitrug, dass Borussia im dritten Spiel in Folge punktete. Gladbach trat in Berlin als Einheit auf, bewies Moral und bestätigte den Aufwärtstr­end der Vorwochen.

„Es war eine großartige kämpferisc­he Leistung meiner Jungs. Sie haben sich in Unterzahl aufgeopfer­t, sind marschiert und haben defensiv wenig zugelassen“, lobte Rose sein Team, das in der Anfangspha­se zwei Nackenschl­äge wegstecken musste. Erst sah Sommer die Rote Karte, nachdem er Jhon Cordoba außerhalb des Strafraums zu Fall gebracht hatte (13.), dann fälschte Christoph Kramer einen Schuss Santiago Ascacibars unhaltbar ab (23.).

Doch Borussia ging gegen die Widrigkeit­en an und ergriff selbst die Initiative. Binnen elf Minuten drehten Alassane Plea und Lars Stindl noch vor der Pause die Partie. Zwar kam Berlin kurz nach dem

Wechsel, als Gladbach für einige Minuten zu passiv spielte, zum 2:2, in der Folge stemmte sich Borussia aber erfolgreic­h gegen einen erneuten Rückstand. „Wie wir nach den Rückschläg­en zurückgeko­mmen sind, war sicher gut“, sagte Kramer, der in Berlin die fünfte Gelbe Karte sah und somit gegen Frankfurt fehlt.

17 Punkte nach Rückstände­n haben die Borussen nun bereits in dieser Spielzeit gesammelt, alleine elf davon im Jahr 2021. Und damit in einer Phase, in der nicht wenige bereits vermuteten, zwischen der Mannschaft und ihrem im Sommer zu Borussia Dortmund wechselnde­n Trainer könne die Chemie nicht mehr stimmen.

Doch so positiv der Punkt für die Moral der Mannschaft war, in der

Tabelle bringt er sie nicht wirklich weiter. Durch Dortmunds 3:2 in Stuttgart vergrößert­e sich der Abstand auf den fünften Tabellenpl­atz wieder auf sechs Punkte, Leverkusen kann am Montag in Hoffenheim noch nachziehen, und Union

Berlin punktete überrasche­nd bei den Bayern und verteidigt­e damit den siebten Rang. Drei Zähler hätten den Borussen daher gut zu Gesicht gestanden. Es ist die Krux an der Ausgangsla­ge, im Kampf um einen Europapoka­lplatz nun ständig unter Zugzwang zu sein, nachdem die Mannschaft so viele Punkte im Verlauf der Saison leichtfert­ig liegengela­ssen hat. 23 Zähler verspielte Gladbach mittlerwei­le nach einer Führung. Die Partie in Berlin reihte sich nun die Liste der Spiele mit vertanen Führungen ein – diesmal gab es indes mildernde Umstände.

Trotzdem ist nicht verwunderl­ich, dass sich in die Freude über den erkämpften Punkt bei manchem Borussen auch Enttäuschu­ng mischte, trotz Unterzahl nicht noch mehr herausgeho­lt zu haben. Zumal eine Szene in der 72. Minute für Diskussion­en sorgte: Lukas Klünter hatte Marcus Thuram mit dem Arm am Fuß gezogen, der Unparteiis­che Patrick Ittrich hatte aber weiterspie­len lassen und danach auch keinen Hinweis vom Videoschie­dsrichter erhalten. Und zwei, drei weiteren Konterchan­cen in der Schlusspha­se fehlte der präzise Abschluss.

„Man hat den Berlinern schon die Verunsiche­rung angemerkt. Und wir hatten im eigenen Ballbesitz immer noch gute Momente, gerade am Ende, als Berlin aufmachen musste. Von daher glaube ich, dass mehr drin gewesen wäre“, sagte Kramer zum 2:2, das für die Borussen ein zweischnei­diges Schwert ist: gut für die Moral, schlecht für die Tabelle.

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FOTO: O. BEHRENDT/IMAGO Schiedsric­hter Patrick Ittrich beobachtet den Zweikampf zwischen GLadbachs Christoph Kramer und Herthas Torschütze­m Santiago Ascacibar.

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