Was sich in Hochfeld ändern muss
Hohe Kinderarmut, viele Bezieher von Transferleistungen, drei Viertel der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und zum Teil schlechten Deutschkenntnissen: Die Bestandsaufnahme ist ernüchternd.
Erst vor kurzem sorgte die Räumung von Schrottimmobilien auf der Gravelottestraße für Aufregung. Kritiker warfen der städtischen Taskforce vor, hier „rassistisch“gegen Zuwanderer vorgegangen zu sein. Es gab ein großes Echo in sozialen Netzwerken und eine Demonstration, die Linken wollen den Vorgang im Stadtrat diskutiert wissen. Die Räumung wirft ein bezeichnendes Licht auf einen Stadtteil, der in vielerlei Hinsicht großen Nachholbedarf hat. Die „Integrierte Stadtteilentwicklung Duisburg-Hochfeld“ist ebenfalls Thema im Rat. Hierbei geht es um die Städtebauförderung von Bund und Land. Konzepte zur Überwindung des Strukturwandels gibt es in Hochfeld bereits seit Beginn der 1980er-Jahre, MItte der 1990er-Jahre begann dann die Umsetzung geförderter Handlungskonzepte.
Die Verwaltung sieht durch die EU-Erweiterung einen deutlichen Einschnitt: „Durch die in den letzten Jahren massive Zuwanderung von Menschen aus Südosteuropa steht der Ortsteil weiterhin vor Herausforderungen, deren Bewältigung ausschlaggebend für die nachhaltige Sicherung der erreichten Erneuerungserfolge ist“, heißt es in einer Verwaltungsvorlage für die nächste Ratssitzung am 19. April.
Bis in die 1970er-Jahre sei Hochfeld ein gründerzeitlicher Arbeiterortsteil gewesen, der sich durch eine besondere Verzahnung von Wohnen und Arbeit ausgezeichnet habe. Dann habe der Niedergang der Schwerindustrie zu einem Verlust von rund 20.000 Arbeitsplätzen und fast der Hälfte der Bevölkerung geführt.
Die zunehmende Arbeitslosenzahl führte zu Kaufkraftverlusten, die zahlreiche Geschäftsschließungen nach sich zog. Durch den Abriss von 1500 Wohneinheiten sei eine Pufferzone zwischen Industriegebiet und Wohnbebauung geschaffen worden. In der Folge kehrten Menschen mit geregeltem Einkommen dem Stadtteil den Rücken, dafür zogen immer mehr benachteiligte Gruppen nach.
Im Bezug auf städtebauliche Mängel konstatiert die Verwaltung: „Es hat sich ein kontinuierlicher Abwärtstrend verfestigt, der zwar über staatliche Maßnahmen abgefedert, aber bis heute nicht umgekehrt werden konnte.“Heute prägten „Armutsmigranten“vor allem aus Südosteuropa die Bewohnerstruktur, das soziale Leben und die Anforderungen an eine integrierte Stadtentwicklung.
Die Ausgangssituation: Ein Drittel der Menschen sind auf Transferleistungen angewiesen; die Kinderarmut ist hoch; drei Viertel der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund; die Deutschkenntnisse der Erstklässler sind gering; es fehlt an Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur. Hochfeld sei „bunt“: Über 100 unterschiedliche Staatsangehörigkeiten sind vertreten. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, das Einkommensniveau und die Kaufkraft sind niedrig. Hochfeld hat ein schlechtes
Image und Unterhaltsrückstände bei Gebäuden, eine hohe bauliche Dichte, einen geringen Grünanteil und hohe Lärm-, Luft- und Wärmebelastungen.
Natürlich ist nicht alles schlecht. Als Positivelemente zählt die Verwaltung Potenziale für Kulturschaffende und Ansätze für eine Kreativszene auf, vielfältige Einkaufsmöglichkeiten, günstigen Wohnraum und eine gute Anbindung mit Bus und Bahn.
Das Zukunftsbild, auf dem die Städtebauförderung nun fußen soll, lautet wie folgt: „Hochfeld ist ein urbanes, junges, multiethnisches Quartier am Rhein – Ankommen, Leben und Begegnen“. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es eine ganze Reihe von Projekten, die die Bildungsund Teilhabechancen aller Bevölkerungsgruppen verbessern sollen, die Rahmenbedinungen für ein respektvolles Miteinander vermitteln sollen und die Lebens-, Wohn- und Freiraumqualität ebenso verbessern sollen wie die Umweltund Klimabedingungen.
Insgesamt 29 Projekte sollen dabei umgesetzt werden. Dabei geht es unter anderem um den Grünen Ring, die Umgestaltung des Bonifatiusund des Brückenplatzes, des Paulus-Quartiers, des Siechenhausdreiecks und der Rheinhauser Straße/Karl-Jarres-Straße, eine Neuplanung für den Süd- und den Kultushafen, ein Straßenbaumkonzept und die Schaffung von Grünoasen.
Auch der Umgang mit Problemimmobilien, ein Hof- und Fassadenprogramm sowie eine städtebauliche Krminalprävention sollen dabei eine Rolle spielen. Flankierend dazu kommen private Investitionen außerhalb des Förderprogramms (siehe Infobox) hinzu, wie die Entwicklung des Theisen-Geländes, Rheinort, City-Wohnpark, der Radschnellweg RS1 und die Internationale Gartenausstellung IGA 2027 im Rheinpark.