Inzidenzen über 100 – und nun?
Die Stadt könnte die drohende Notbremse aussetzen – ob sie das tun wird, ist bisher offen. Was dafür und was dagegen spricht.
DÜSSELDORF Nun ist es also auch in Düsseldorf soweit: Die Sieben-Tage-Inzidenz (also die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche) lag am Sonntag bei 109,3 – und damit den dritten Tag in Folge über der kritischen Marke von 100. Das bedeutet, dass am Dienstag die sogenannte Notbremse greifen würde – mit einigen deutlichen Einschränkungen gegenüber der jetzigen Öffnungssituation.
Die Stadt könnte das mit einer Test-Regelung verhindern und einen entsprechenden Antrag beim Land stellen, hat aber noch nicht entschieden, ob sie diesen Weg wählen wird. Der Krisenstab werde am Montag zu dem Thema tagen, hieß es von der Verwaltung auf Nachfrage. Anfang April hatte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) sich als „grundsätzlich geneigt“gezeigt, eine drohende Notbremse auszusetzen, allerdings immer mit Blick auf die Lage in den Kliniken.
Wenn in einer Stadt die Notbremse greift, darf beispielsweise der Handel nicht mehr für Kunden mit Terminen öffnen („Click & Meet“) – die Geschäfte des täglichen Bedarfs bleiben dagegen weiter geöffnet. Die
Museen müssten wieder schließen. Entschließt sich die Stadt, diese Notbremse auszusetzen, dann müsste eine strikte Teststrategie greifen. In Geschäfte wie Modeläden dürfte man dann mit einem aktuellen negativen Schnelltest, ebenso in die Museen.
Für ein Aussetzen der Notbremse sprächen in der aktuellen Situation tendenziell wohl die Infektionszahlen, die in Düsseldorf bisher nur eher knapp über der 100er-Marke liegen. Am Samstag hatte die Inzidenz mit 100,3 nur minimal die Marke überschritten, die für die Regelung entscheidend ist. Damit ist die Lage in der Landeshauptstadt weniger eindeutig als in vielen anderen Städten und Kreisen. In Köln etwa lag die Wocheninzidenz am Sonntag bei 128,1; im Kreis Mettmann sogar bei 143,3. An diesem Montag wird die Düsseldorfer Verwaltung daher sicher besonders aufmerksam auf den Wert schauen.
Auch Düsseldorfs komfortable Schnelltest-Ausstattung ist ein Argument für eine Aussetzung der Notbremse. Das Testangebot, das als Voraussetzung für eine solche Ausnahme gilt, war im Stadtgebiet in den vergangenen Wochen spürbar angewachsen. Neben den beiden großen städtischen Zentren an der Mitsubishi Electric Halle und im ISS Dome bieten inzwischen viele Ärzte und Apotheken die Tests für die Anwohner umliegender Viertel an. Auch an der Uniklinik hat ein großes Testzentrum eröffnet. Damit gäbe es ausreichende Kapazitäten, wenn künftig mehr Bürger regelmäßig einen Test beantragen würden.
Gegen eine Aussetzung der Notbremse könnte unterdessen die schwer zu kalkulierende Lage in den Krankenhäusern sprechen. OB Keller hat bereits klargestellt, dass die Lage in den Kliniken bei der Entscheidung eine Rolle spielen wird. So war die Zahl der Intensivpatienten in den Düsseldorfer Kliniken zuletzt hoch; 96 Prozent der Beatmungsbetten waren Anfang der vergangenen Woche belegt – die Häuser haben jedoch betont, dass aus ihrer Sicht bisher kein bedrohlicher Engpass drohe.
Auch dürfte die Stadtspitze kritisch beobachten, wie sich die Situation im Umfeld entwickelt. Momentan ist in den Düsseldorfer Nachbarorten vielerorts das Einkaufen per „Click & Meet“noch erlaubt. Würde sich das ändern, könnte Düsseldorf für viele Menschen aus dem Umland zum Einkaufsziel werden – was aktuell nicht im großen Stil erwünscht sein dürfte.