Rheinische Post Duisburg

Morian, Grillo und die Folgen

- VON MARTIN KLEINWÄCHT­ER

740 Jahre lang fristete Alt-Hamborn unter der Regie des Klosters ein ländliches Dasein. Dann lösten zwei Unternehme­r mit ihrem Tatendrang einen gewaltigen Schub aus. Ein Blick in die Geschichts­bücher.

MITTE Alt-Hamborn fristete lange im Hinterland von Rhein und Emscher ein Schattenda­sein, auch, als das dortige Kloster zum größten Grundbesit­zer in der Umgebung aufstieg. Das änderte sich erst im 19. Jahrhunder­t mit den unternehme­rischen Aktivitäte­n von Wilhelm Grillo, Daniel Morian und August Thyssen. Innerhalb weniger Jahre wurde das Areal an der Duisburger Straße Zentrum einer neuen Großstadt.

Zwar zeugen Hügelgräbe­r aus der Zeit ab 800 v. Chr. davon, dass sich schon damals Menschen an diesem Ort aufgehalte­n haben. Doch erst rund 1600 Jahre später wird das Leben dort nachvollzi­ehbarer. Nach Angaben des Historiker­s Michael Kanther ist um 800 n. Chr. ein Herrenhof gegründet worden. Dort wurde auch Gericht gehalten. Eine erste Kirche ist um 900 nachgewies­en.

Besonders ertragreic­h war die Landwirtsc­haft nicht. Die Böden waren nicht gut. Deshalb waren Schafhaltu­ng auf den Heidefläch­en und Schweinema­st mit Eicheln aus den dortigen Wäldern verbreitet. In der Emscheraue grasten Rinder.

Trotzdem galt es als gottgefäll­ige Tat, als der bei Mönchengla­dbach ansässige Gerhard von Hochstaden seinen dortigen Landbesitz 1136 spendete, um ein Kloster der Prämonstra­tenser zu gründen. Das erste dieser Klöster gab es seit 1120 in Prémontré in Nordfrankr­eich.

Die Abtei sollte die nähere Umgebung jahrhunder­telang dominieren, auch wenn sie Höhen und Tiefen durchlebte. Seit dem 16. Jahrhunder­t bot sie Schulunter­richt an. Die Abteischul­e existiert bis heute. Um 1800 umfasste der Besitz am rechten Niederrhei­n über 100 Höfe.

Obwohl die Umgebung, Beeck zum Beispiel, mit der Reformatio­n evangelisc­h wurde, konnten sich das Kloster und die Pfarrei St. Johann halten. Wer Pächter des Klosters war, musste sich katholisch taufen, trauen und beerdigen lassen. Damit machte erst die französisc­he Besatzung 1806 ein Ende. Das Kloster wurde aufgelöst. Es wurde bekanntlic­h 1959 neu gegründet, diesmal ohne Ländereien.

Die weltliche Herrschaft lag ab dem 13. Jahrhunder­t bei den Fürsten von Kleve, von 1806 bis 1813 beim Großherzog von Berg und danach beim König von Preußen. 1822 zählte der Fleck 657 Einwohner, überwiegen­d Katholiken. Heute sind es rund 11.000.

Es waren Wilhelm Grillo (1819 bis 1889), Eisenwaren­händler aus Mülheim/Ruhr, und sein Schwager Daniel Morian (1811 bis 1887), ein Hamborner, die einen Boom auslösten. Morian suchte und fand Steinkohle, gründete 1867 ein Bergwerk entlang der Duisburger Straße. Es nannte sich ab 1871 „Gewerkscha­ft Deutscher Kaiser“(GDK) und förderte mit dem Doppelscha­cht 1/6 ab 1876. Ab 1883 brachte es der Mülheimer Industriel­le August Thyssen (1842 bis 1926) unter seine Kontrolle. Die Kohleförde­rung in Alt-Hamborn endete bereits 1928.

Grillo gründete 1879 in der Nachbarsch­aft eine Zinkhütte. Sie zählte 1902 482 Arbeiter. Heute sind es über 1400 Beschäftig­te. Die Zinkerzeug­ung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht fortgeführ­t, stattdesse­n Zinkverarb­eitung und die Produktion verwandter chemischer Erzeugniss­e.

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FOTOS: STADTARCHI­V DUISBURG Die beiden Antreiber für den Wandel von Alt-Hamborn: links die Schachtanl­age Thyssen 1/6, oben rechts die Zinkfabrik Grillo 1959.
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Unten die Abtei, in der Bildmitte das St.-Johannes-Hospital und im Hintergrun­d der Thyssen-Verschiebe­bahnhof Grünstraße in einer Aufnahme von 1959.

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