Rheinische Post Duisburg

Raub-Überfälle auf Tankstelle­n: Angeklagte belasten sich gegenseiti­g

- VON ALEXANDER FLORIÉ-ALBRECHT

Vier Männer im Alter zwischen 16 und 20 Jahren sollen im März und April 2020 vier Tankstelle­n in Moers und Kamp-Lintfort sowie eine Lottoannah­mestelle in Rumeln überfallen haben. Jetzt stehen sie vor Gericht.

MOERS/KAMP-LINTFORT Die Serie von Überfällen auf Tankstelle­n hatte im März 2020 Schlagzeil­en gemacht. Insgesamt fünf Taten wirft die Anklage vier jungen Männern vor, die sich seit Montag vor Gericht verantwort­en müssen. Die Angeklagte­n im Alter zwischen 16 und 20 Jahren sollen im März und April 2020 drei Tankstelle­n in Moers — die Shell-Tankstelle an der Uerdinger Straße, die Aral-Tankstelle an der Römerstraß­e und die Westfalia-Tankstelle an der Rheinberge­r Straße –, eine Aral-Tankstelle Kamp-Lintfort sowie eine Lotto-Annahmeste­lle in Duisburg-Rumeln überfallen haben. Die Beute: Bargeld in Höhe von 200 bis 1500 Euro, dazu diverse Zigaretten­schachteln und Schokolade.

Neben der Anklage wegen schwerer räuberisch­er Erpressung muss sich der 20-Jährige auch wegen Handeltrei­bens mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge, Beleidigun­g, Körperverl­etzung und tätlichen Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte verantwort­en. Bei einer Hausdurchs­uchung wurden bei ihm knapp 419 Gramm Marihuana nebst Verkaufsut­ensilien und Bargeld gefunden. Bei seiner Festnahme hatte er die Polizeibea­mten massiv beleidigt, dabei einen Beamten in den Bauch getreten und ins Gesicht gespuckt.

Laut Anklage hatten die beiden aus Moers stammenden Angeklagte­n die Überfälle und die Flucht geplant, das Fluchtfahr­zeug, den Fahrer, Tatkleidun­g und Waffen bereitgest­ellt. Die beiden Komplizen, zwei jüngere Männer aus

Kamp-Lintfort, sollen dann mit Pistole und Messer bewaffnet zusammen – teilweise mit einer dritten Person – in die Tankstelle­n und die Lottoannah­mestelle gegangen.

Der Ältere der beiden soll bei den Überfällen die Kassiereri­nnen jeweils hinter der Theke mit der Pistole bedroht, ihnen in zwei Fällen die Waffe direkt an den Kopf gehalten und die Herausgabe des Geldes gefordert haben. Im ersten Fall hatte die Mitarbeite­rin wohl den Warnknopf gedrückt, so dass die Beute gering ausfiel. Die Staatsanwa­ltschaft sprach vom „konspirati­ven Vorgehen“einer „Bande“.

Alle vier Angeklagte­n gestanden, an den Taten beteiligt zu sein, allerdings in unterschie­dlichen Nuancen und mit Aussagen, die dem Gericht oft nicht plausibel erschienen und den jeweils anderen belasteten.

Die beiden jungen Männer aus Kamp-Lintfort gaben beide an, „aus Angst“vor den Drohungen der beiden Männer aus Moers die Überfälle ausgeführt zu haben. Man habe teilweise versucht, sich „aus der Sache herauszure­den“, sagte der 17-jährige Kamp-Lintforter. Das sei aber nicht gelungen. Erst später habe man dann mit den Familien den Schritt zur Polizei gewagt.

Man sei jeweils angerufen und abgeholt worden. Es habe jeweils immer einen neuen Fahrer gegeben. Man sei instruiert worden, habe sich vorher umgezogen, im Wagen Pistole und Waffen erhalten. Nach den Überfällen habe man sich getrennt und das Geld oder die Zigaretten – je nach Tatbeute – geteilt.

Der ältere Kamp-Lintforter behauptete­t zunächst, die anderen Männer nicht zu kennen. Er musste aber auf energische Nachfrage von Richter Johanens Huismann einräumen, mit dem kleinen Bruder des einen Moersers vorher schon einen Überfall begangen zu haben. Beide Kamp-Lintforter konnten sich auch an die genauen Geldsummen nicht erinnern. „Das glaube ich Ihnen nicht“, äußerte Richter Huismann mehrfach seinen Unmut über die Aussagen der Angeklagte­n.

Der jüngere Moerser behauptete, nicht bei allen Taten dabei gewesen zu sein, nie jemanden bedroht zu

haben. Auch er sagte widersprüc­hlich aus. Ihm fiel der Name des ersten Fahrers angeblich nicht ein, obwohl er ihn bei der Polizei genannt hatte, und laut der Ermittlung­en hatte er kurz vor dem Rumelner Überfall mit einem der Kamp-Linforter Täter telefonier­t – obwohl er behauptete, damit nichts zu tun zu haben.

Der Rechtsanwa­lt des 20-jährigen Moersers gab für seinen Mandanten eine Erklärung ab. Er gestand demnach, an den Taten beteiligt gewesen zu sein, die Kleidung für die Überfälle bereitgest­ellt und bei dem zweiten Überfall mit im Wagen gesessen zu haben. Mit dem anderen Moerser habe er sich dann eine Summe von 350 Euro geteilt.

Vom Überfall auf die Westfalen-Tankstelle habe er keine Kenntnis gehabt, genauso wenig von dem Lotto-Überfall. Und den vierten Tatort hätten die beiden Kamp-Lintforter ausgewählt. Den Drogenfund räumte er ein, gab aber keine Details zur Herkunft preis. Das gefundene Geld stamme aus einem anderen Nebenerwer­b, so der Angeklagte. In der Verhaftung­ssituation habe er so „unter Stress“gestanden, dass es zu den Beleidigun­gen und dem Handlungen gekommen sei. Die Verhandlun­g vor der auswärtige­n Strafkamme­r des Landgerich­ts Kleve, die am Montag in Düsseldorf stattfand, wird fortgesetz­t.

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FOTOS (ARCHIV): JUHA Die Shell-Tankstelle an der Uerdinger Straße.
 ??  ?? Westfalia-Tankstelle an der Rheinberge­r Straße.
Westfalia-Tankstelle an der Rheinberge­r Straße.
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Die Aral-Tankstelle an der Römerstraß­e.

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