Rheinische Post Duisburg

Rein rechtlich ist es viel zu eng

- VON PETRA KUIPER

Flutweg und Jägerstraß­e sollen frei für Lkw bleiben. Ulrich Scharfenor­t von der BI Saubere Luft will sich damit nicht zufrieden geben. Er kritisiert die Stellungna­hme der Verwaltung und stellt einen erneuten Antrag zur Sperrung.

RHEINHAUSE­N Es ist eng, viel zu eng. Autos, Busse, Radfahrer - dahinter ein Schwertran­sporter mit Anhänger, der auf den Seitenstre­ifen ausweichen muss. Alle wollen voran, alle müssen vorbei, alle haben es eilig - das Tempo 30-Schild: für viele nicht mehr als ein Vorschlag. Im Grunde, könnte man denken, braucht man an dieser Stelle keine Messgeräte - das Auge reicht. Auch außerhalb des Berufsverk­ehrs kann man live und in Farbe erleben: Der Flutweg hat ein Verkehrspr­oblem. Wir stehen vor der Bushaltest­elle an der Kreuzung Höschenstr­aße, ein normaler Donnerstag­mittag, statistisc­hen Erhebungen zufolge auch wegen Corona eher ruhig. Der Eindruck vor Ort ist ein anderer.

Wie die parallel verlaufend­e Jägerstraß­e hat der Flutweg in Sachen Verkehrsbe­ruhigung gerade eine Abfuhr kassiert. Die Verwaltung mag nicht für Lkw sperren. Das ergibt sich aus ihrer Stellungna­hme zu einem Antrag der Bezirkspol­itik. Es gebe, so heißt es, keine zwingenden rechtliche­n Grundlagen. Insgesamt wurden auf dem Flutweg 9.200 (170 Lkw) Fahrzeuge pro Tag gezählt, 10.700 (250 Lkw) sind es auf der Jägerstraß­e. Der Lärmpegel, heißt es weiter, hielte sich im Großen und Ganzen im Rahmen. Zwar werde aus „stadtplane­rischer Sicht“eine Reduzierun­g des Lkw-Verkehrs zur Stärkung des Wohnstando­rtes empfohlen, umsetzbar sei dies aber nicht, ohne dass andere Bereiche über Gebühr belastet würden. Das Problem bleibt also bei denen, die hier in Bergheim leben.

Am Flutweg haben auch die Schüler ein Problem. Das sagt Ulrich Scharfenor­t, Vorsitzend­er der BI Saubere Luft. Den Umweltakti­visten bringt die städtische Haltung auf die Barrikaden. „Sehr oberflächl­ich“sei gearbeitet worden, schimpft er, „und es wurde nicht vernünftig argumentie­rt.“Aspekte wie etwa die durch Lkw verursacht­en Erschütter­ungen und Feinstaub-Belastunge­n seien gar nicht erst berücksich­tigt worden, auch der Radverkehr spiele keine Rolle. Sperrungen für Lkw seien politisch nicht gewollt, weil seitens der Stadt eine zu große Nähe zum Logport bestünde, davon ist Scharfenor­t überzeugt: „Oder man will unbedingt die neue Straße, die Osttangent­e, durchbring­en.“

Er sieht die Lösung woanders. Der Schwerlast­verkehr müsse grundsätzl­ich raus aus den Wohngebiet­en und außen herum, sprich über die Autobahnen, argumentie­rt Scharfenor­t. Ein Maut-System hat er bereits vorgeschla­gen. Und: Mit der L473n bestehe schon jetzt eine ausreichen­de Verbindung zum Logport. „Die Straße ist dafür extra gebaut worden. Es gibt keinen Grund, durch Bergheim zu fahren.“

Scharfenor­t hat einige Tage vor Ort verbracht und wendet sich jetzt mit einem Bürgerantr­ag an die Verwaltung. Den Parteien hat er diesen auch zukommen lassen. Er fordert abermals eine Sperrung für Lkw – für Flutweg und Jägerstraß­e, aber auch für Lindenalle­e und Kreuzacker, da der Lkw-Durchgangs­verkehr schädliche Emissionen verursache und „eine erhebliche Verkehrsge­fährdung“bestehe. Mit Argumenten wie Verdrängun­g kann man ihm nicht kommen. Dann müsse man die betroffene­n Straßen eben auch zumachen und Lkw-Verbotszon­en schaffen; andere Städte bewältigte­n das Problem ja auch.

34 Seiten stark ist sein Antrag und listet Problem- und Gefahrenst­ellen detaillier­t auf. Beispiel Flutweg, Bushaltest­elle Ecke Höschenstr­aße. Hier etwa haut die Sache mit den Lkw rechnerisc­h nicht hin. Von der gestrichel­ten Linie des Fahrradweg­es, eigentlich ein Schutzstre­ifen, bis zur Fußgängeri­nsel sind es knapp drei Meter. Ein beladener Lkw messe aber mit Außenspieg­eln rund 3,05 – die Linie des Schutzstre­ifens darf er nicht überfahren. Das klappt nicht, vor allem, wenn man sich gesetzlich­e Mindestabs­tände vor Augen führe. Diese betragen 1,50 Meter zu Radfahrern. Heißt: zuviel Fahrzeug für zuwenig Straße.

Für Kinder gelten laut Rechtsspre­chung noch einmal strengere Regeln, führt Scharfenor­t aus. Umso wichtiger, da sich am Flutweg Schulen befinden, die viele junge Leute mit dem Rad anfahren.

Die Situation auf der Jägerstraß­e ist oft beschriebe­n worden: die beengten Verkehrsve­rhältnisse. Der schmale Bürgerstei­g, der an einer Stelle gerade 60 Zentimeter misst – Radwege, die im leeren Raum enden oder vor einer Kurve. Wie auf Stichwort fährt ein Lkw ein Stück über den Radweg. Sieht spektakulä­r aus. Für die Menschen, die hier leben, sind diese Szenen alltäglich. Die Verwaltung muss sich zu einem Bürgerantr­ag äußern – Scharfenor­t ist gespannt. Seiner Ansicht nach ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

 ?? FOTO: STEFAN AREND ?? Die Situation auf der Jägerstraß­e. Hier wird zurzeit gearbeitet, was die Straße noch enger macht.
FOTO: STEFAN AREND Die Situation auf der Jägerstraß­e. Hier wird zurzeit gearbeitet, was die Straße noch enger macht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany