Wo bleibt der bezahlbare Wohnraum?
Die Stadt versucht auf vielen Wegen, nach sozialen Aspekten Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu nehmen. Doch durchgreifende Effekte dieser Instrumente sind kaum zu spüren und lassen lange auf sich warten.
DÜSSELDORF Die Mieten steigen seit Jahren unaufhaltsam. Diese Entwicklung bezeichnen die Düsseldorfer mit Abstand als das größte Problem ihrer Stadt, wie erneut eine Umfrage ergab (wir berichteten). Dabei versuchen Politik und Verwaltung auf vielen Wegen für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Doch das Bemühen kommt kaum gegen die Dynamik des Marktes an. Vor allem aus zwei Gründen. Die Instrumente greifen nur sehr langsam. Und die Effekte sind klein – zum Teil sogar verschwindet gering.
Doch der Reihe nach: Der größte politische Hebel ist das Handlungskonzept Wohnen, wonach seit 2013 bei Neubauten 40 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert oder preisgedämpft angeboten werden müssen. Das Problem: Für bereits laufende Bebauungsplanverfahren galt das nicht. Es dauerte fünf Jahre, bis die Quote voll erreicht wurde – wohl gemerkt bei der Vergabe von Planungsrecht, nicht bei gebauten Wohnungen. 2016 war noch keine einzige Einheit nach dem Konzept errichtet. Insgesamt seit 2013 vertraglich vereinbart wurden Förderungen nach dem Handlungskonzept für rund 3000 Wohnungen (städtische Erhebung aus dem Jahr 2020), die ebenfalls längst nicht alle gebaut sind. Zur Einordung: Die Stadt wuchs in dieser Zeit um mehr als 35.000 Einwohnern. Und wenn Schwarz-Grün nun die Quote auf 50 Prozent erhöht, wird es erneut lange dauern, bis dieser Mechanismus wirklich auf dem Markt spürbar wird.
Für eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik soll die Städtische Wohnungsbau-GmbH (SWD) sorgen, die seit einigen Jahren auch als Bauherrin auf dem Immobilienmarkt tätig ist. Das tut sie auch. Für 150 Millionen Euro entstehen in den nächsten sechs Jahren 1000 geförderte Wohnungen, durch Neubau und Modernisierung. Besser als nichts. Doch den Bedarf deckt das lange nicht. Zumal die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen in 15 Jahren um gut die Hälfte auf 15.000 abschmolz.
Jüngst brachten Politik und Stadt neue Instrumente auf den Weg. Mit Hilfe einer Wohnraumschutzsatzung sollen seit 2019 Leerstand und gewerbliche Nutzungen etwa über Airbnb möglichst verhindert werden. Bilanz: Bei 387 bearbeiteten Fällen könnten 66 Objekte dem
Markt zurückgeführt werden, wie die Stadt auf Nachfrage sagt. In 17 Fällen wurden Ordnungsverfahren eingeleitet. Der Aufwand für dieses überschaubare Ergebnis ist groß. Wohnungsdezernent Christian Zaum führte schon vor einem Jahr aus, dass mehr Personal zur Bearbeitung aller ermittelten Fälle nötig sei. Die Genehmigung für vier Stellen gab es aber erst im Februar vom Stadtrat. Mit der Besetzung sei in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen.
Nächster Ansatz: die Milieuschutzsatzung, wodurch Modernisierungen von der Stadt genehmigt werden müssten. Verdrängung von Mietern durch Luxussanierungen soll so entgegengewirkt werden. Es droht der nächste Verwaltungsaufwand. Und so ist man zehn Monate nach Beschluss nicht weit gekommen. Ein Sprecher: „Die Stadtverwaltung befindet sich noch in der Vorbereitung und arbeitet den Beschluss des Stadtrates ab.“Man wolle sich erst mit anderen Kommunen austauschen und es müsse ein Gebiet definiert werden, wo die Satzung
ausprobiert werden soll. Wann dieses Pilotprojekt startet und es möglicherweise erfolgreich in allen relevanten Gebieten der Stadt angewendet wird, ist also extrem ferne Zukunftsmusik.
Ernüchternde Ergebnisse liefert auch die vor fünf Monaten gestartete Wohnungstauschbörse. Zum Beispiel alleinstehende Senioren in großen sollen an Familien in kleinen Wohnungen vermittelt werden. Bei gut 100 aufgegebenen Anzeigen ist jedoch noch kein Tausch zustande gekommen.
Letzter innovativer Ansatz: An der Bertastraße in Gerresheim sollen Eigentumswohnungen für Menschen in systemrelevanten Berufen zu günstigeren Konditionen entstehen. Bis 11. Mai läuft die Ausschreibung für das städtische Grundstück (siehe Kasten). Bislang liegt jedoch keine Bewerbung eines Investors vor, wie die Stadt mitteilt. Immerhin sagt ein Sprecher, dass nach bisher geführten Gesprächen davon auszugehen sei, „dass Gebote eingehen werden“. Man darf gespannt sein.