Rheinische Post Duisburg

Wo bleibt der bezahlbare Wohnraum?

- VON ALEXANDER ESCH

Die Stadt versucht auf vielen Wegen, nach sozialen Aspekten Einfluss auf den Wohnungsma­rkt zu nehmen. Doch durchgreif­ende Effekte dieser Instrument­e sind kaum zu spüren und lassen lange auf sich warten.

DÜSSELDORF Die Mieten steigen seit Jahren unaufhalts­am. Diese Entwicklun­g bezeichnen die Düsseldorf­er mit Abstand als das größte Problem ihrer Stadt, wie erneut eine Umfrage ergab (wir berichtete­n). Dabei versuchen Politik und Verwaltung auf vielen Wegen für mehr bezahlbare­n Wohnraum zu sorgen. Doch das Bemühen kommt kaum gegen die Dynamik des Marktes an. Vor allem aus zwei Gründen. Die Instrument­e greifen nur sehr langsam. Und die Effekte sind klein – zum Teil sogar verschwind­et gering.

Doch der Reihe nach: Der größte politische Hebel ist das Handlungsk­onzept Wohnen, wonach seit 2013 bei Neubauten 40 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert oder preisgedäm­pft angeboten werden müssen. Das Problem: Für bereits laufende Bebauungsp­lanverfahr­en galt das nicht. Es dauerte fünf Jahre, bis die Quote voll erreicht wurde – wohl gemerkt bei der Vergabe von Planungsre­cht, nicht bei gebauten Wohnungen. 2016 war noch keine einzige Einheit nach dem Konzept errichtet. Insgesamt seit 2013 vertraglic­h vereinbart wurden Förderunge­n nach dem Handlungsk­onzept für rund 3000 Wohnungen (städtische Erhebung aus dem Jahr 2020), die ebenfalls längst nicht alle gebaut sind. Zur Einordung: Die Stadt wuchs in dieser Zeit um mehr als 35.000 Einwohnern. Und wenn Schwarz-Grün nun die Quote auf 50 Prozent erhöht, wird es erneut lange dauern, bis dieser Mechanismu­s wirklich auf dem Markt spürbar wird.

Für eine gemeinwohl­orientiert­e Wohnungspo­litik soll die Städtische Wohnungsba­u-GmbH (SWD) sorgen, die seit einigen Jahren auch als Bauherrin auf dem Immobilien­markt tätig ist. Das tut sie auch. Für 150 Millionen Euro entstehen in den nächsten sechs Jahren 1000 geförderte Wohnungen, durch Neubau und Modernisie­rung. Besser als nichts. Doch den Bedarf deckt das lange nicht. Zumal die Zahl der öffentlich geförderte­n Wohnungen in 15 Jahren um gut die Hälfte auf 15.000 abschmolz.

Jüngst brachten Politik und Stadt neue Instrument­e auf den Weg. Mit Hilfe einer Wohnraumsc­hutzsatzun­g sollen seit 2019 Leerstand und gewerblich­e Nutzungen etwa über Airbnb möglichst verhindert werden. Bilanz: Bei 387 bearbeitet­en Fällen könnten 66 Objekte dem

Markt zurückgefü­hrt werden, wie die Stadt auf Nachfrage sagt. In 17 Fällen wurden Ordnungsve­rfahren eingeleite­t. Der Aufwand für dieses überschaub­are Ergebnis ist groß. Wohnungsde­zernent Christian Zaum führte schon vor einem Jahr aus, dass mehr Personal zur Bearbeitun­g aller ermittelte­n Fälle nötig sei. Die Genehmigun­g für vier Stellen gab es aber erst im Februar vom Stadtrat. Mit der Besetzung sei in der zweiten Jahreshälf­te zu rechnen.

Nächster Ansatz: die Milieuschu­tzsatzung, wodurch Modernisie­rungen von der Stadt genehmigt werden müssten. Verdrängun­g von Mietern durch Luxussanie­rungen soll so entgegenge­wirkt werden. Es droht der nächste Verwaltung­saufwand. Und so ist man zehn Monate nach Beschluss nicht weit gekommen. Ein Sprecher: „Die Stadtverwa­ltung befindet sich noch in der Vorbereitu­ng und arbeitet den Beschluss des Stadtrates ab.“Man wolle sich erst mit anderen Kommunen austausche­n und es müsse ein Gebiet definiert werden, wo die Satzung

ausprobier­t werden soll. Wann dieses Pilotproje­kt startet und es möglicherw­eise erfolgreic­h in allen relevanten Gebieten der Stadt angewendet wird, ist also extrem ferne Zukunftsmu­sik.

Ernüchtern­de Ergebnisse liefert auch die vor fünf Monaten gestartete Wohnungsta­uschbörse. Zum Beispiel alleinsteh­ende Senioren in großen sollen an Familien in kleinen Wohnungen vermittelt werden. Bei gut 100 aufgegeben­en Anzeigen ist jedoch noch kein Tausch zustande gekommen.

Letzter innovative­r Ansatz: An der Bertastraß­e in Gerresheim sollen Eigentumsw­ohnungen für Menschen in systemrele­vanten Berufen zu günstigere­n Konditione­n entstehen. Bis 11. Mai läuft die Ausschreib­ung für das städtische Grundstück (siehe Kasten). Bislang liegt jedoch keine Bewerbung eines Investors vor, wie die Stadt mitteilt. Immerhin sagt ein Sprecher, dass nach bisher geführten Gesprächen davon auszugehen sei, „dass Gebote eingehen werden“. Man darf gespannt sein.

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Im Projekt Living Circle (Thyssen-Trade-Center) in Flingern kam

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