Zeitung und Kirche
„Zeitung für Politik und christliche Kultur“steht im Untertitel der Rheinischen Post. Das klingt wie ein Relikt, ist es aber nicht. Der Glaube hat Wertemaßstäbe gesetzt, die eine Haltung zur Gegenwart prägen.
Kirche und Zeitung = Kirchenzeitung? Das ist eine Rechnung, die irgendwie stimmig klingt. Die Rechnung scheint also aufzugehen, allerdings auf eine derart simple Art und Weise, dass sie nachdenklich machen sollte. Uns auch. Wie halten wir es mit der Berichterstattung vor allem über die beiden christlichen Kirchen?
Diese Frage stellt sich uns weitaus eindringlicher als anderen Medien. Dazu reicht ein Blick auf den Titel der gedruckten Zeitung: Die Rheinische Post ist danach zwar keine Kirchenzeitung, aber doch auch ein Medium für „christliche Kultur“, wie es im Untertitel ganz oben rechts im Kopf zu sehen, zu lesen und – ja doch: inzwischen zu bestaunen ist. Denn dieses Markenzeichen wirkt wie ein Relikt aus den Anfängen unserer Zeitung vor 75 Jahren, als getrost noch von Volkskirche die Rede sein konnte und der Sonntag selbstredend mit dem Gottesdienst begangen wurde.
Zugegeben, das ist jetzt schon etwas länger her. Viele Jahre sind ins Land gegangen, unser Untertitel aber ist geblieben und verkündet eine Haltung, zu der wir auch im Jubiläumsjahr stehen. Beinahe wie in Stein gemeißelt und fast so unumstößlich wie die ein wenig älteren 95 Thesen, die Martin Luther beherzt an die Türe zur Wittenberger Schlosskirche geschlagen haben soll. Da aber guter Journalismus ein bisschen auch Literatur in Eile ist, brauchen wir dazu an dieser Stelle keine 95 Thesen. Uns reicht ein Zehntel. Und so formulieren wir unser kleines RP-Bekenntnis jetzt auch in nur 9,5 Thesen.
1. Die Rheinische Post ist keine Kirchenzeitung
Eine Kirchenzeitung ist gut für Verlautbarungen. Etwa vom Bischof oder Präses, von Pfarrerinnen und Priestern. Wir hingegen wollen nichts verlautbaren, sondern davon erzählen, welche Spuren der Glauben in unserer Welt und in den Menschen noch hinterlässt. Wir wollen mit gläubigen und auch mit weniger gläubigen Menschen über Kirche, Theologie und Werte, über Glaube, Liebe, Hoffnung nachdenken, aber kein verlängerter Arm der Kirche sein. 2. Wir glauben, dass
Glaube alltäglich ist
Wenn Glaubensgeschichten vor allem von Menschen erzählen, dann tun sie das nicht nur an den großen Feiertagen und nicht nur in der Kirche. Glauben ereignet sich im täglichen Leben, in vielen Begegnungen, in Momenten der Zuversicht. Der Glaube im Alltag schreibt dann Geschichten, die spannend sind.
3. Wir hoffen, dass
Glaube verträglich ist
Glaube erscheint heute vielen Menschen als ein Relikt aus unaufgeklärten Zeiten und damit irgendwie unzeitgemäß zu sein, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn wer nimmt sich heute noch die Zeit für Kirchenbesuche, gar für lange Gottesdienste oder für aufwendiges Gemeindeengagement? Wer sich dann aber die Zeit nimmt, erfährt oft, wie viel Zeit er eigentlich hat und wie verträglich und bereichernd unser Glaube auch in der Gegenwart sein kann. Das begleiten wir mit Respekt und Wertschätzung.
4. Wir erfahren, dass
Glaube hilft
Das Leben ist nicht immer nur schön und erst recht nicht immer das pure Glück. Das erfährt jeder Mensch. Wie gut ist es dann, wenn andere Menschen einem zur Seite stehen und davon erzählen können, was auch ihnen hilft. Der Glaube kann kein Leid dieser Welt ungeschehen machen, aber manchmal findet er Worte, die Kraft spenden. Auf unserer Suche nach den sogenannten guten Nachrichten werden wir auch hier fündig.
5. Wir erleben, dass
Kirche empört
In der Kirche unserer Tage gibt es viel, worüber man sich empören kann und muss. Und ganz besonders über die sexualisierte Gewalt von Priestern an Kindern. Viele sehen darin einen Grund, sich von der Kirche abzuwenden und sie zu verlassen. Aber dass die Kirche voller Fehler ist, kann auch zum Antrieb werden, in ihr zu wirken. Auch das erfahren wir in vielen Geschichten, die wir hören, erleben, erzählen.
6. Wir lassen die
Kirche im Dorf
Kirche ist gar nicht so weit weg, wie