Rheinische Post Duisburg

Ausgangssp­erre erst bei Inzidenz von 200

Der Wert liegt in Düsseldorf aktuell bei 150. Der Vorsitzend­e des Gesundheit­sausschuss­es fordert die Sperre bereits jetzt.

- VON ALEXANDER ESCH UND UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF In Düsseldorf liegen so viele Covid-Patienten auf Intensivst­ationen wie noch nie. Am Sonntag waren es 53, der bisherige Höchstwert lag an vier Dezemberta­gen sowie einem Tag im vorigen April bei 47. Bei einem Krisengesp­räch mit den Klinikdire­ktoren einigte sich die Stadtspitz­e am Freitag auf die Verschiebu­ng von Operatione­n, um ausreichen­d Platz für Intensivpa­tienten mit Beatmungsb­edarf zu haben. Verweilver­bote oder Ausgangspe­rren soll es jedoch erst ab einer Inzidenz von 200 geben, wenn auch die Schulen wieder schließen müssen, aktuell liegt dieser Wert in der Landeshaup­tstadt bei 150. Die Stadtverwa­ltung will mit Info- und Testmobile­n in Stadtteile fahren, denen relativ viele Infektions­fälle zuzuordnen sind.

„Die Lage ist unveränder­t ernst“, kommentier­te Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche (SPD), der Leiter des Krisenstab­es, die aktuelle Situation. Am Sonntag waren 190 Beatmungsb­etten auf Düsseldorf­er Intensivst­ationen belegt, 23 Prozent davon entfielen auf Covid-19-Patienten. Sechs Betten waren noch frei, weitere 21 könnten innerhalb von zwölf Stunden zusätzlich bereitgest­ellt werden. Wenn nun so genannte elektive Operatione­n zurückgest­ellt werden, um das Krankenhau­ssystem nicht zu überlasten, dann leiden darunter auch Krebspatie­nten und andere schwere Fälle, die auf eine rasche

Operation hoffen.

Hintzsche appelliert vor diesem Hintergrun­d an die Bevölkerun­g, viel Zeit zu Hause zu verbringen und so wenig Kontakte wie möglich zu haben. Die Krankenhäu­ser müssen nämlich mit einem weiteren Anstieg schwerkran­ker Covid-Patienten rechnen. Als die Fallzahlen im Oktober stiegen, erhöhte sich die Zahl der Todesfälle erst im Januar dramatisch. Die Kliniken setzen jetzt Prognoseto­ols der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin (Divi) ein, um den weiteren Verlauf besser abschätzen zu können. Darauf hat man sich am Freitag verständig­t.

In der neuen Woche startet an den Schulen erneut das Wechselmod­ell, es gibt also wieder Präsenzunt­erricht. Hintzsche geht davon aus, dass es dadurch ein zusätzlich­es Infektions­geschehen gibt. Die

Hoffnung ruht darauf, dass die Notbremse anderersei­ts einen positiven Effekt hat.

Da die Zahlen dennoch weiter steigen dürften, ist die Frage, ob es nicht auch in Düsseldorf bereits in Kürze zu einer Ausgangssp­erre kommt. Dafür spricht sich Andreas-Paul Stieber (CDU), der Vorsitzend­e des Gesundheit­sausschuss­es, aus. Er hatte am Samstag bei einer Fahrt durch Düsseldorf viele

sechs- bis achtköpfig­e Gruppen gesehen, die gemeinsam ein Bier tranken. Mund-Nasen-Schutz sei die Ausnahme gewesen. „Ich kann die Menschen verstehen, wir sind soziale Wesen und Corona macht mürbe“, sagt Stieber. Dennoch seien genau diese Situatione­n jetzt besser zu vermeiden. Köln hat bereits bei einer Inzidenz von 160 die Ausgangssp­erren beschlosse­n, Stieber hält das „für nicht sinnlos“.

Wie umstritten Ausgangssp­erren in der Bevölkerun­g sind, zeigte sich am Samstag bei einem Besuch der Rheinufer-Promenade nach 21 Uhr. Die beiden Familienvä­ter Axel D. und Thomas F. trafen sich zum Bier am Fortuna-Büdchen und zeigten kein Verständni­s. Axel D.: „Für mich ist da die Grenze erreicht. Ich würde es dann drauf ankommen lassen, erwischt zu werden.“Ein Bußgeld von 250 Euro könnte drohen. Er sei mit vielen Einschränk­ungen einverstan­den gewesen, aber da fehle ihm das Verständni­s, da es draußen nur eine geringe Infektions­gefahr gebe. Auch wenn er verstehe, dass mit der Regel auch drinnen Kontakte reduziert werden sollen. Thomas F. sieht die Wirkung einer Ausgangssp­erre als zu unsicher an. Wenig sinnvoll sei sie zudem, wenn gleichzeit­ig Schulen, Bahnen und Büros gut besucht seien.

Anders sehen das Ganze zwei 18-Jährige, die in der Nähe des KITs auf einer Bank sitzen. Ruben Nebel sagt: „Ich finde eine Ausgangssp­erre gut. Viele Freunde von mir gehen immer wieder auf Partys im privaten Raum oder auch draußen. Sie haben zwar auch schon Strafen von der Polizei bekommen, aber das ändert nichts. Mit einer Ausgangssp­erre könnten diese Kontakte viel besser unterbunde­n werden. Es soll sich mal etwas bessern bei den Infektions­zahlen und auch beim Lockdown.“Auch Freundin Soraya U. bekennt, dass sie bereit wäre, weitere persönlich­e Einschränk­ungen hinzunehme­n.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Blick auf Patienten der Intensivst­ation in der Sana-Klinik Gerresheim, die Hälfte dort ist an Covid-19 erkrankt. Aktuell steht in Gerresheim nur noch ein Intensivbe­tt zur Verfügung.

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