Endlich kommt der Bus für alle
Peter Rademacher hat jahrelang für den Ausbau der Haltestelle am Johanniter-Krankenhaus in Rheinhausen gekämpft. Erste Pläne für die Neugestaltung gab es schon 2010.
RHEINHAUSEN Baustellenlärm kann so gut klingen! Was heißt denn hier Lärmbelästigung? Das Rattern des Baggers und das Steineklopfen der Arbeiter ist Musik in den Ohren von Peter Rademacher. Zufrieden sitzt der Senior in seinem Electroscooter und begutachtet den Fortschritt vor seiner Haustür. „Drüben auf der anderen Straßenseite ist schon fast alles fertig. Nur das Wartehäuschen fehlt noch“, sagt der 88-Jährige und nickt anerkennend. „Sogar der Mülleimer hängt schon.“
Unsere Begegnung hat eine Vorgeschichte. Eine lange Vorgeschichte. Im Dezember 2018 haben wir uns schon einmal hier getroffen. Damals hat uns Peter Rademacher, der in einer der altengerechten Wohnungen der Johanniter am Kreuzacker lebt, von seinem Kampf für den barrierefreien Ausbau der Haltestelle am Krankenhaus berichtet. Denn ausgerechnet an einer Klinik samt angeschlossenem Altenheim mit rund 160 Bewohnern war die Busstation bisher so angelegt, dass ein ebenerdiges Einsteigen unmöglich war.
Für Peter Rademacher und seinen hundert Kilo schweren Elektroscooter bedeutete das, dass er auch nicht über eine mobile Rampe in den Bus rollen konnte. Keine einzige der vier Buslinien, die hier Zwischenstopp machen, konnte er nutzen. „Ich musste immer bis zum Flutweg oder zur Moerser Straße fahren, obwohl ich die Haltestelle vor der Haustür habe.“
Aus seinem Zimmer mit Aussicht auf den Kreuzacker konnte er außerdem täglich beobachten, wie Alte und Gehbehinderte versuchten, mit großer Anstrengung in den Bus zu kommen. „Da gab es Rollstuhlfahrer, die fast von der Rampe gefallen wären.“
Wenn es irgendwo ein Problem gibt, dann gehört Peter Rademacher zu denen, die versuchen, die Sache zu regeln. So war das auch bei der Haltestelle. Der Mann, der auch im Beirat des Seniorenheims aktiv ist, hat versucht bei den Verantwortlichen nachzuhaken, hat mit Unterstützung des Beirats einen Brief an die Stadt aufgesetzt und einen Termin bei der damaligen Bezirksbürgermeisterin Astrid Hanske gemacht. Die SPD-Politikerin hatte sich bemüht, den schnelleren Ausbau
der Haltestelle zu unterstützen. Leider ohne Erfolg.
Peter Rademacher hält eine Mappe mit rotem Einband in seinen Händen. Das ist so etwas wie seine „Akte Haltestelle“. Hier hat der Rheinhauser seit 2017 alles abgeheftet, was mit der Sache zu tun hat. Zu den jüngsten Schriftstücken, die seinen Ordner füllen, gehört ein Brief der Wirtschaftsbetriebe vom 4. Februar 2021. Der 88-Jährige tippt auf das Anschreiben, das mit einem Satz beginnt, den er damals zweimal lesen musste, um seinen Augen zu trauen: „Sehr geehrte Damen und Herren, in der oben bezeichneten Straße werden Straßenbauarbeiten zur Herstellung barrierefreier Bushaltestellen durchgeführt.“
Er hat es geschafft! „Ich werde mir größte Mühe geben, dass ich noch bis 2021 lebe.“Diesen Satz hatte Peter
Rademacher 2018 mit einem Augenzwinkern zu uns gesagt, als klar wurde, dass die Stadt zu diesem Zeitpunkt zwar nicht handeln würde, durch das neue Personenbeförderungsgesetz aber die Verpflichtung hat, sämtliche Haltestellen Duisburgs bis Ende 2021 barrierefrei zu machen.
Der Ausspruch zum „Überlebenswillen“bis zum Ausbau der Haltestelle war zwar dem wunderbar trockenen Humor von Peter Rademacher geschuldet, aber die zähe Geschichte der seniorenfeindlichen Haltestelle am Johanniter-Krankenhaus ist alles andere als lustig. Denn in den vergangenen Jahren hat nicht nur Peter Rademacher, sondern auch vielen anderen Bewohnern und Besuchern der Einrichtung der Johanniter durch die eingeschränkte Mobilität ein Stück Lebensqualität
gefehlt. Warum ausgerechnet einer solchen Haltestelle direkt an einem Krankenhaus und Altenheim keine Priorität eingeräumt werden konnte, das hat Peter Rademacher in all den Jahren, in denen er auf den Umbau gewartet hat, nicht verstanden. Erste Pläne zur barrierefreien Neugestaltung hatte es nämlich schon 2010 gegeben.
Diese hätten laut Stadt aber nicht umgesetzt werden können, da es „Bedenken hinsichtlich der Sichtbehinderung durch die haltenden Busse für die querenden Fußgänger“gegeben hätte. Ein Problem, das zehn Jahre lang nicht gelöst werden konnte?
Im Jahr 2018 hatte die Stadt auf unsere Anfrage dann auch noch diese Begründung angegeben: „Es ist leider so, dass uns als Haushaltssicherungskommune derzeit die finanziellen Mittel fehlen, um den Umbau der Bushaltestelle, der nicht unproblematisch ist, zeitnäher durchzuführen.“Da traf es sich gut, dass im vergangenen Jahr planmäßig die Wasserleitungen vor dem Johanniter-Krankenhaus erneuert werden mussten. An diese Baustelle konnten die Wirtschaftsbetriebe nun direkt anknüpfen und die Haltestelle endlich anpacken.
Ob dieses zeitliche Zusammenspiel auch ein Grund für die Verzögerung war, ist Peter Rademacher jetzt egal. Er ist einfach froh, dass er den Umbau, den die Stadt für 220.000 Euro nun endlich umsetzt, noch erlebt. Der 88-Jährige freut sich auf seine Jungfernfahrt mit Bus und Elektroscooter von der neuen Haltestelle Johanniter-Krankenhaus. Im Mai könnte es so weit sein.