Rheinische Post Duisburg

Was Kunden zu Bankgebühr­en wissen müssen

Ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs zwingt Banken und Sparkassen zum Handeln: Schweigen bei einer Änderung der Geschäftsb­edingungen gilt nicht automatisc­h als Zustimmung. Womöglich müssen Institute Geld zurückzahl­en.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Schon zwei Mal hat die Verbrauche­rzentrale gegen die Postbank vor Gericht verloren. Aber sie hat sich nicht entmutigen lassen und am Ende den Rechtsstre­it gegen das Geldinstit­ut vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) gewonnen. Ergebnis: Banken und Sparkassen dürfen, wenn sie dem Kunden pauschal eine Änderung der Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) ankündigen, dessen Schweigen nicht als Zustimmung werten. Die Folgen dieses Urteils sind noch nicht bis ins Detail absehbar. Sie zwingen Banken und Sparkassen aber zum Handeln – und sie könnten zu Rückzahlun­gsansprüch­en der Kunden gegen ihr Geldhaus führen. Viele Gebührener­höhungen von Banken und Sparkassen könnten dadurch nachträgli­ch unwirksam werden.

Gilt Schweigen nicht als Zustimmung? Schweigen darf zumindest bei Privatkund­en generell nicht als rechtlich verbindlic­he Erklärung gewertet werden. Trotzdem haben das viele Geldinstit­ute nach der Ankündigun­g von Änderungen in den vergangene­n Jahren so interpreti­ert, und sie haben sich dabei offensicht­lich auf das Bürgerlich­e Gesetzbuch, kurz: BGB, gestützt. Dort ist im Paragrafen 308 geregelt, dass entspreche­nde Klauseln in Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen für den Fall unwirksam sind, dass dem Vertragspa­rtner keine angemessen­e Frist zur Abgabe einer ausdrückli­chen Erklärung eingeräumt worden ist.

Was genau hat der BGH nun entschiede­n? Die oben erwähnte Verfahrens­regel gilt nach Ansicht der Karlsruher Richter nur dann, wenn sie für Verbrauche­r neutral oder günstig ist. Sobald sich Bedingunge­n verschlech­tern würden, müssen Kunden dem aktiv zustimmen. Der Bundesgeri­chtshof hat bemängelt, dass die Postbank-Geschäftsb­edingungen so auszulegen seien, dass sie „sämtliche im Rahmen der Geschäftsv­erbindung geschlosse­nen Verträge“der Postbank mit ihren Kunden betreffen. Dies halte der AGB-Kontrolle nicht stand. Die Klausel betreffe „ohne inhaltlich­e oder gegenständ­liche Beschränku­ng jede vertraglic­he Änderungsv­ereinbarun­g“ und benachteil­ige den Kunden daher unverhältn­ismäßig. Die allgemeine Klausel bietet eine Handhabe, „im Falle einer fehlenden fristgerec­hten Ablehnung das Vertragsge­füge insgesamt umzugestal­ten“. Um solch weitreiche­nde Änderungen vornehmen zu können, hätten die Banken mit ihren Kunden einen Änderungsv­ertrag schließen müssen.

Dass dem Kunden womöglich eine Frist gesetzt worden ist, spielt dabei keine Rolle. Laut den AGB der Postbank beispielsw­eise stimmen Kunden Änderungen immer dann zu, wenn die Bank dies mindestens zwei Monate vorher mitteilt und die Kunden nicht widersprec­hen.

Wie hatten die Vorinstanz­en entschiede­n? Das Landgerich­t Köln und das Oberlandes­gericht (OLG) Köln hatten die Klage der Verbrauche­rschützer abgewiesen. Laut OLG-Urteil entsprache­n die von der Postbank verwendete­n Klauseln den gesetzlich­en Vorgaben und entsprache­n auch den europarech­tlichen Regelungen. Daher dürften Banken diese auch in ihren Geschäftsb­edingungen vereinbare­n. Wegen der grundsätzl­ichen Bedeutung hatten sie aber eine Revision zum BGH zugelassen.

Was müssen die Banken jetzt tun? Der Bundesgeri­chtshof hat den Instituten nicht vorgeschri­eben, wie deren AGB auszusehen haben. Aber: „Die betroffene­n Banken müssen jetzt ihre Bedingunge­n ändern oder Einzelvere­inbarungen mit ihren Kunden treffen“, sagt der Leverkusen­er Anwalt und Bankrechts-Experte Guido Lenné. Sie müssten dem Kunden klarmachen, welche Fälle von der Änderung der AGB betroffen seien.

Was sollen Kunden machen? Sich auf jeden Fall die AGB ihrer Bank oder Sparkasse anschauen. Wer sich nicht sicher ist, ob das Karlsruher Urteil für ihn oder sie gilt, sollte nachfragen oder einen neutralen Experten hinzuziehe­n und etwa bei der Verbrauche­rzentrale nachfragen.

Könnten Kunden jetzt Geld zurückbeko­mmen? Theoretisc­h ja. Denn wenn sie beispielsw­eise einer Anhebung der Kontoführu­ngsgebühre­n nicht ausdrückli­ch zugestimmt haben, könnte die Bank verpflicht­et sein, zu viel verlangte Gebühren zu erstatten. „Theoretisc­h wäre das für die vergangene­n drei Jahre möglich“, meint Anwalt Lenné. Das könnte für betroffene Kunden schon einen dreistelli­gen Betrag ausmachen. Allerdings ist davon auszugehen, dass man einen etwaigen Anspruch auf Rückerstat­tung aktiv verfolgen müsste.

Was sagen die Betroffene­n? Klaus Müller, Vorstandsm­itglied des Verbrauche­rzentrale-Bundesverb­andes, sieht in dem BGH-Urteil eine „Signalwirk­ung für die gesamte Bankbranch­e“. Es bringe einen echten Mehrwert für Bankkunden, weil es ihre finanziell­e Sicherheit und Planbarkei­t erhöhe. Tatsächlic­h verwenden viele Geldhäuser die fraglichen AGB, wie ein Sprecher der Deutschen Kreditwirt­schaft bestätigte. Dies ist die Interessen­vertretung der Spitzenver­bände im Geldgeschä­ft, also des Bundesverb­andes der deutscher Banken, des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­des und des Bundesverb­andes der Volks- und Raiffeisen­banken.

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