Was Kunden zu Bankgebühren wissen müssen
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs zwingt Banken und Sparkassen zum Handeln: Schweigen bei einer Änderung der Geschäftsbedingungen gilt nicht automatisch als Zustimmung. Womöglich müssen Institute Geld zurückzahlen.
DÜSSELDORF Schon zwei Mal hat die Verbraucherzentrale gegen die Postbank vor Gericht verloren. Aber sie hat sich nicht entmutigen lassen und am Ende den Rechtsstreit gegen das Geldinstitut vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gewonnen. Ergebnis: Banken und Sparkassen dürfen, wenn sie dem Kunden pauschal eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ankündigen, dessen Schweigen nicht als Zustimmung werten. Die Folgen dieses Urteils sind noch nicht bis ins Detail absehbar. Sie zwingen Banken und Sparkassen aber zum Handeln – und sie könnten zu Rückzahlungsansprüchen der Kunden gegen ihr Geldhaus führen. Viele Gebührenerhöhungen von Banken und Sparkassen könnten dadurch nachträglich unwirksam werden.
Gilt Schweigen nicht als Zustimmung? Schweigen darf zumindest bei Privatkunden generell nicht als rechtlich verbindliche Erklärung gewertet werden. Trotzdem haben das viele Geldinstitute nach der Ankündigung von Änderungen in den vergangenen Jahren so interpretiert, und sie haben sich dabei offensichtlich auf das Bürgerliche Gesetzbuch, kurz: BGB, gestützt. Dort ist im Paragrafen 308 geregelt, dass entsprechende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Fall unwirksam sind, dass dem Vertragspartner keine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt worden ist.
Was genau hat der BGH nun entschieden? Die oben erwähnte Verfahrensregel gilt nach Ansicht der Karlsruher Richter nur dann, wenn sie für Verbraucher neutral oder günstig ist. Sobald sich Bedingungen verschlechtern würden, müssen Kunden dem aktiv zustimmen. Der Bundesgerichtshof hat bemängelt, dass die Postbank-Geschäftsbedingungen so auszulegen seien, dass sie „sämtliche im Rahmen der Geschäftsverbindung geschlossenen Verträge“der Postbank mit ihren Kunden betreffen. Dies halte der AGB-Kontrolle nicht stand. Die Klausel betreffe „ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkung jede vertragliche Änderungsvereinbarung“ und benachteilige den Kunden daher unverhältnismäßig. Die allgemeine Klausel bietet eine Handhabe, „im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten“. Um solch weitreichende Änderungen vornehmen zu können, hätten die Banken mit ihren Kunden einen Änderungsvertrag schließen müssen.
Dass dem Kunden womöglich eine Frist gesetzt worden ist, spielt dabei keine Rolle. Laut den AGB der Postbank beispielsweise stimmen Kunden Änderungen immer dann zu, wenn die Bank dies mindestens zwei Monate vorher mitteilt und die Kunden nicht widersprechen.
Wie hatten die Vorinstanzen entschieden? Das Landgericht Köln und das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatten die Klage der Verbraucherschützer abgewiesen. Laut OLG-Urteil entsprachen die von der Postbank verwendeten Klauseln den gesetzlichen Vorgaben und entsprachen auch den europarechtlichen Regelungen. Daher dürften Banken diese auch in ihren Geschäftsbedingungen vereinbaren. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hatten sie aber eine Revision zum BGH zugelassen.
Was müssen die Banken jetzt tun? Der Bundesgerichtshof hat den Instituten nicht vorgeschrieben, wie deren AGB auszusehen haben. Aber: „Die betroffenen Banken müssen jetzt ihre Bedingungen ändern oder Einzelvereinbarungen mit ihren Kunden treffen“, sagt der Leverkusener Anwalt und Bankrechts-Experte Guido Lenné. Sie müssten dem Kunden klarmachen, welche Fälle von der Änderung der AGB betroffen seien.
Was sollen Kunden machen? Sich auf jeden Fall die AGB ihrer Bank oder Sparkasse anschauen. Wer sich nicht sicher ist, ob das Karlsruher Urteil für ihn oder sie gilt, sollte nachfragen oder einen neutralen Experten hinzuziehen und etwa bei der Verbraucherzentrale nachfragen.
Könnten Kunden jetzt Geld zurückbekommen? Theoretisch ja. Denn wenn sie beispielsweise einer Anhebung der Kontoführungsgebühren nicht ausdrücklich zugestimmt haben, könnte die Bank verpflichtet sein, zu viel verlangte Gebühren zu erstatten. „Theoretisch wäre das für die vergangenen drei Jahre möglich“, meint Anwalt Lenné. Das könnte für betroffene Kunden schon einen dreistelligen Betrag ausmachen. Allerdings ist davon auszugehen, dass man einen etwaigen Anspruch auf Rückerstattung aktiv verfolgen müsste.
Was sagen die Betroffenen? Klaus Müller, Vorstandsmitglied des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes, sieht in dem BGH-Urteil eine „Signalwirkung für die gesamte Bankbranche“. Es bringe einen echten Mehrwert für Bankkunden, weil es ihre finanzielle Sicherheit und Planbarkeit erhöhe. Tatsächlich verwenden viele Geldhäuser die fraglichen AGB, wie ein Sprecher der Deutschen Kreditwirtschaft bestätigte. Dies ist die Interessenvertretung der Spitzenverbände im Geldgeschäft, also des Bundesverbandes der deutscher Banken, des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes und des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken.