„Wir wollen kein geschenktes Abitur“
Abschlussprüfungen in Corona-Zeiten: An den Gymnasien im Duisburger Westen hat das gut geklappt, berichten zwei Schüler.
WESTEN Jonas Berns vom Krupp-Gymnasium hat seine Schulsachen schon vom Schreibtisch geräumt. Jetzt kommt noch die mündliche Prüfung, aber dann war‘s das mit Schule. Ein komisches Gefühl, wie er zugibt. Irgendwie ein bisschen wie Ferien haben. Aber dann auch wieder nicht. „Generell fand’ ich die Aufgaben machbar. Nur bei den Matheaufgaben war das Ministerium wenig nachsichtig“, sagt der Abiturient und ärgert sich, denn eigentlich ist er in diesem Fach angetreten, um eine Eins oder eine Zwei zu schreiben. Doch die Klausur war sehr lang und die vielen Textaufgaben knifflig. Das ärgert den angehenden Sparkassen-Azubi natürlich, aber davon abgesehen lief das Corona-Abi eigentlich ganz gut. In den Leistungskursen Deutsch und Pädagogik hat er ein gutes Gefühl, Erdkunde kommt dann demnächst noch mündlich.
Lucas Höhnen vom Franz-Haniel-Gymnasium ist ganz seiner Meinung: „Die Aufgaben waren fair, aber nicht leicht.“Auch er verwendet das Adjektiv „machbar“. Beide Schüler sind durch eine ganz außergewöhnliche Prüfungsphase gegangen, in der jede Schule eigene Wege eingeschlagen hat. Jonas Berns lobt explizit die Vorbereitung am Krupp-Gymnasium: „Vor allem die neun Extra-Tage, die die Q2 (der Abiturjahrgang) bekommen hat, waren hilfreich. Ohne diesen konkreten Crashkurs wäre ich mit keinem guten Gefühl in die Klausuren gegangen“, erzählt er. Auch der Distanzunterricht war durch die ab dem zweiten Lockdown reibungslos funktionierenden Videokonferenzen gut und der Lernstoff wurde so vermittelt, dass die Schüler mit den Informationen selbstständig arbeiten konnten.
Allein lernen vorm Rechner ist doof, da sind sich beide komplett einig. Auch Lucas hat sich auf die veränderten Bedingungen eingestellt, aber ein geschenktes Corona-Abi ist für ihn keine Option. „Wir haben alle hart gearbeitet und mussten vieles neu machen, aber die fachliche Vermittlung des Unterrichtsstoffes hat durch die vernünftige Digitalisierung gut geklappt“, erzählt er. Allerdings verursachen die stundenlangen Videokonferenzen irgendwann Kopfschmerzen und auch die Motivation geht bisweilen flöten. „Bei den Leistungskursen ist man ja noch motiviert, weil es einen sowieso interessiert, aber bei Sporttheorie hört es dann auch mal auf und man fragt sich, ob das sein muss.“
Als emotional schwierig beschreibt Lucas die Pressemeldungen, die kurz vor Ostern durch die Medien geisterten: Es sei angedacht, die Prüfungen zu verschieben. „Dieses Hin und Her hat uns alle verunsichert, das war nicht hilfreich.“Und der Lockdown an sich? „Wir vermissen natürlich alle die sozialen Events. Es gab keine Kursfahrten, keine Partys, es wird keinen Abiball im klassischen Sinne geben, das ist sehr schade.“
Da geht es Lucas wie vielen Ü-16-Jährigen, die momentan keine Vereinssportart ausüben dürfen. Doch allgemein sind Selbststruktur und Selbstorganisation die Stichwörter, die den beiden im vergangenen Jahr am meisten zu schaffen gemacht haben. „Ich bin meinen Eltern jetzt schon dankbar dafür, dass sie nie aufgehört haben, mir Druck zu machen und mich immer wieder motiviert haben. Sonst wäre ich von der schieren Menge der Distanzaufgaben erschlagen worden“, sagt Jonas Berns.
Sein Beileid gilt der jetzigen Q1, die ja insgesamt gesehen noch weniger Schulstunden hatte und sich viel mehr selbst erarbeiten musste. Sein Tipp: „Schnappt Euch einen Mitschüler aus der Q2, fragt den und lernt mit ihm, der hat ja schon alles durch und kann helfen.“Nach diesem Aufruf wird Lucas Handy bestimmt des Öfteren klingeln, aber noch hat er ja ein bisschen Zeit. Sein freiwilliges Soziales Jahr beginnt erst im Sommer.