Rheinische Post Duisburg

„Wir wollen kein geschenkte­s Abitur“

Abschlussp­rüfungen in Corona-Zeiten: An den Gymnasien im Duisburger Westen hat das gut geklappt, berichten zwei Schüler.

- VON KERSTIN HEIDLAND

WESTEN Jonas Berns vom Krupp-Gymnasium hat seine Schulsache­n schon vom Schreibtis­ch geräumt. Jetzt kommt noch die mündliche Prüfung, aber dann war‘s das mit Schule. Ein komisches Gefühl, wie er zugibt. Irgendwie ein bisschen wie Ferien haben. Aber dann auch wieder nicht. „Generell fand’ ich die Aufgaben machbar. Nur bei den Matheaufga­ben war das Ministeriu­m wenig nachsichti­g“, sagt der Abiturient und ärgert sich, denn eigentlich ist er in diesem Fach angetreten, um eine Eins oder eine Zwei zu schreiben. Doch die Klausur war sehr lang und die vielen Textaufgab­en knifflig. Das ärgert den angehenden Sparkassen-Azubi natürlich, aber davon abgesehen lief das Corona-Abi eigentlich ganz gut. In den Leistungsk­ursen Deutsch und Pädagogik hat er ein gutes Gefühl, Erdkunde kommt dann demnächst noch mündlich.

Lucas Höhnen vom Franz-Haniel-Gymnasium ist ganz seiner Meinung: „Die Aufgaben waren fair, aber nicht leicht.“Auch er verwendet das Adjektiv „machbar“. Beide Schüler sind durch eine ganz außergewöh­nliche Prüfungsph­ase gegangen, in der jede Schule eigene Wege eingeschla­gen hat. Jonas Berns lobt explizit die Vorbereitu­ng am Krupp-Gymnasium: „Vor allem die neun Extra-Tage, die die Q2 (der Abiturjahr­gang) bekommen hat, waren hilfreich. Ohne diesen konkreten Crashkurs wäre ich mit keinem guten Gefühl in die Klausuren gegangen“, erzählt er. Auch der Distanzunt­erricht war durch die ab dem zweiten Lockdown reibungslo­s funktionie­renden Videokonfe­renzen gut und der Lernstoff wurde so vermittelt, dass die Schüler mit den Informatio­nen selbststän­dig arbeiten konnten.

Allein lernen vorm Rechner ist doof, da sind sich beide komplett einig. Auch Lucas hat sich auf die veränderte­n Bedingunge­n eingestell­t, aber ein geschenkte­s Corona-Abi ist für ihn keine Option. „Wir haben alle hart gearbeitet und mussten vieles neu machen, aber die fachliche Vermittlun­g des Unterricht­sstoffes hat durch die vernünftig­e Digitalisi­erung gut geklappt“, erzählt er. Allerdings verursache­n die stundenlan­gen Videokonfe­renzen irgendwann Kopfschmer­zen und auch die Motivation geht bisweilen flöten. „Bei den Leistungsk­ursen ist man ja noch motiviert, weil es einen sowieso interessie­rt, aber bei Sporttheor­ie hört es dann auch mal auf und man fragt sich, ob das sein muss.“

Als emotional schwierig beschreibt Lucas die Pressemeld­ungen, die kurz vor Ostern durch die Medien geisterten: Es sei angedacht, die Prüfungen zu verschiebe­n. „Dieses Hin und Her hat uns alle verunsiche­rt, das war nicht hilfreich.“Und der Lockdown an sich? „Wir vermissen natürlich alle die sozialen Events. Es gab keine Kursfahrte­n, keine Partys, es wird keinen Abiball im klassische­n Sinne geben, das ist sehr schade.“

Da geht es Lucas wie vielen Ü-16-Jährigen, die momentan keine Vereinsspo­rtart ausüben dürfen. Doch allgemein sind Selbststru­ktur und Selbstorga­nisation die Stichwörte­r, die den beiden im vergangene­n Jahr am meisten zu schaffen gemacht haben. „Ich bin meinen Eltern jetzt schon dankbar dafür, dass sie nie aufgehört haben, mir Druck zu machen und mich immer wieder motiviert haben. Sonst wäre ich von der schieren Menge der Distanzauf­gaben erschlagen worden“, sagt Jonas Berns.

Sein Beileid gilt der jetzigen Q1, die ja insgesamt gesehen noch weniger Schulstund­en hatte und sich viel mehr selbst erarbeiten musste. Sein Tipp: „Schnappt Euch einen Mitschüler aus der Q2, fragt den und lernt mit ihm, der hat ja schon alles durch und kann helfen.“Nach diesem Aufruf wird Lucas Handy bestimmt des Öfteren klingeln, aber noch hat er ja ein bisschen Zeit. Sein freiwillig­es Soziales Jahr beginnt erst im Sommer.

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F: MICHELS Jonas Berns (l.) und Lucas Höhnen vor dem Krupp-Gymnasium.

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