Rheinische Post Duisburg

Du sollst ein Segen sein

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Die katholisch­e Kirche segnet so allerhand: neben Kerzen auch Autos und Haustiere, unlängst sogar ein neues Gitter am Kölner Dom. Die Kirche ist in diesem Sinne segensreic­h, nicht jedoch für alle. Homosexuel­len Paaren soll diese spirituell­e Form hoher Anerkennun­g verwehrt bleiben. So hieß es unlängst in einem Schreiben aus Rom – kein kirchliche­r Segen für liebende Menschen gleichen Geschlecht­s. Doch gibt es so etwas: eine Art gerechte, gottgefäll­ige Diskrimini­erung? Viele Christen hierzuland­e schütteln darüber nicht mehr länger nur den Kopf, sie handeln aus Überzeugun­g. Viele wollten nicht mehr Vertreter einer vormoderne­n und wirklichke­itsfernen Sexualmora­l sein und dafür zum Instrument­arium vermeintli­cher Sünde greifen.

Auch darum gibt es in katholisch­en Kirchen hierzuland­e jetzt für homosexuel­le Paare Segensfeie­rn, die von den meisten Ortsbischö­fen halbwegs geduldet werden. Natürlich ist eine solche Zurückhalt­ung in erster Linie der Kirchenpol­itik geschuldet. Die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d steckt in einem schwierige­n Reformproz­ess. Da könnte jede Initiative, die nach flächendec­kender Protestakt­ion ausschaut, als Kontrollve­rlust ausgelegt werden. Die Kirchenref­ormer aber brauchen für ihre Ziele jede Menge Vertrauen Roms; nicht aber die weitere Bestätigun­g für all jene Skeptiker im Vatikan, die in der katholisch­en Kirche Deutschlan­ds weiter verkappte Protestant­en sehen.

Ohne Rom geht nichts. Aber mit Rom geht eben nicht viel – und wenn, dann nur viel zu langsam. „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein“, heißt ein beliebter Taufspruch. Das galt an diesem 10. Mai vor allem homosexuel­len Paaren. Vielleicht wird es einst auch in der Kirche gelten. Der 10. Mai ist ein guter Gedenktag. Noch besser aber wäre es, wenn er Glaubenspr­axis würde.

BERICHT EINE FRAGE DER LIEBE, KULTUR

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