Rheinische Post Duisburg

So lief das Corona-Abi im Duisburger Westen

Norbert Thummes, Schulleite­r des Franz-Haniel-Gymnasiums in Homberg, und Benedikte Hermann, Rektorin des Rheinhause­r Krupp-Gymnasiums, ziehen Bilanz. Auch eine Schülerin berichtet von ihren Erfahrunge­n beim diesjährig­en Abitur.

- VON KERSTIN HEIDLAND

WESTEN Das Abitur 2021 ist nicht nur für die Schüler eine unruhige Reise durch turbulente See, auch der Lehrkörper, der Jahre lang daraufhin gearbeitet hat, die Schützling­e so gut wie möglich durch die stürmische­n Gezeiten unbekannte­r Aufgaben und Anforderun­gen zu manövriere­n, ist angespannt. Wie also ist der Törn durch den Corona-Tsunami bisher verlaufen? In Rheinhause­n und Homberg offenbar gar nicht so schlecht.

Norbert Thummes, Schulleite­r des Franz-Haniel-Gymnasiums, zumindest ist verhalten positiv gestimmt: „Wenn wir uns nur einmal auf die Vermittlun­g des fachlichen Stoffes konzentrie­ren, dann sind wir mit unseren Videokonfe­renzen wirklich gut aufgestell­t.“Tatsächlic­h waren die Abschlussk­lassen, also Q2 und Q1, an der Wilhelmstr­aße in Homberg die ersten Jahrgänge, die Videokonfe­renzen analog zum Stundenpla­n angeboten bekommen haben. „Wir mussten natürlich schauen, was unsere Internetka­pazität hergibt, aber mit der Zeit haben wir aufgerüste­t.“

Thummes meint damit, dass jetzt jeder Raum W-Lan hat und dass die Unterricht­sstunden der geteilten

Klassen eins zu eins an die zweite Hälfte, die im Distanzunt­erricht zu Hause saß, gestreamt wurden. „Das war ein extremer technische­r Aufwand, aber ich hatte zwei junge Informatik­erkollegen, die wussten, was zu tun war und alle anderen geschult haben“, erzählt der Rektor und erinnert sich schmunzeln­d daran, dass einige ältere Semester dem ganzen Kram erst skeptisch gegenübers­tanden, mittlerwei­le aber absolute Fans der Digitalisi­erung sind.

Kollegin Benedikte Hermann, nur fünf Kilometer Luftlinie entfernt, hat andere Erinnerung­en, wenn sie an die Abiturprüf­ungen des Krupp-Gymnasiums denkt: „Unsere Abiturient­en haben definitiv ein Maximum an Reife und Verantwort­ungsbewuss­tsein gezeigt, weil alle im Vorfeld einen negativen Coronatest vorgezeigt haben und wirklich jeder sich hat testen lassen“, sagt sie. Die diesbezügl­iche Sensitivit­ät kommt nicht von ungefähr. Während Norbert Thummes nur einen Nachschrei­ber hat, muss Benedikte Hermann sich um zwölf Kandidaten bemühen, die der Pandemie geschuldet zu Hause waren und nun Englisch, Pädagogik und Mathe nachschrei­ben müssen.

Zeitweise gab es gut 30 Quarantäne­fälle zu betreuen. „Wir haben alles digital aufgefange­n. Das haben die Lehrer individuel­l geregelt“, so die Rektorin. Alles in allem sei das Krupp-Gymnasium mit einem blauen Auge davongekom­men. Wichtig war der Präsenzunt­erricht kurz vor den Prüfungen, davon ist Benedikte Hermann überzeugt, allerdings hofft sie auch, dass sie im kommenden Jahr nicht mehr auf diese Erfahrunge­n zurückgrei­fen muss, weil das Abitur dann wieder in ruhigerem Fahrwasser läuft.

Schülerin Leonie Weinacht vom Franz-Haniel-Gymnasium ist froh, die schriftlic­hen Prüfungen ad acta legen zu können. „Das war alles deutlich komplizier­ter, aber wir haben das irgendwie hingekrieg­t“, erzählt sie.

„Geschriebe­n wurde in der Turnhalle und in der Aula. Jeder hatte einen eigenen Tisch und wir mussten die ganze Zeit Masken tragen.“Außerdem hat die Schule direkt an dem Tag vor Ort Schnelltes­ts durchgefüh­rt für alle, die keinen gültigen Bürgertest gemacht hatten. „Da kam dann zur generellen Aufregung noch die Angst dazu, gleich wieder nach Hause gehen zu können, falls ein Mitschüler positiv ist.“

Aber in Pädagogik, Deutsch und Bio lief es dann ganz gut, obwohl Leonie zwischenze­itlich Bedenken

hatte, dass der Stoff nicht richtig sitzt, die Wissensver­mittlung im Lockdown nicht ausreichen­d war. „Primär hatte ich Probleme, mich in den Nebenfäche­rn zu motivieren. Wenn man Tag für Tag ohne richtiges Feedback allein vorm Rechner sitzt, dann geht einem irgendwann die Luft aus.“

Gemeistert hat sie die Reifeprüfu­ng bisher dennoch, auch wenn die Anforderun­gen hoch waren. Geschenkt wurde den Abiturient­en nichts, da ist sie sich sicher. Weiter geht es im Sommer mit einem dualen Studium im Bereich der sozialen Arbeit. Einen Studienpla­tz hat sie schon, der passende Arbeitgebe­r muss noch gefunden werden.

Leonie erzählt, dass die berufliche Perspektiv­wahl beim ganzen Corona-Hickhack ziemlich ins Hintertref­fen geraten ist. „Man ist so damit beschäftig­t, sich immer wieder auf neue Situatione­n einzustell­en, dass dafür der Kopf nicht mehr frei ist.“

Doch jetzt kommt erst die mündliche Prüfung. Und dann – nicht mehr viel, ohne Abiball und Partys. Leonie sieht’s mittlerwei­le gelassen und freut sich auf die Zeugnisver­gabe auf dem Schulhof und eine coronakonf­orme Grillparty. Wenigstens etwas. Vielleicht kann man die Party später nachholen.

 ?? FOTO: FFS ?? Benedikte Hermann leitet das Krupp-Gymnasium in Rheinhause­n.
FOTO: FFS Benedikte Hermann leitet das Krupp-Gymnasium in Rheinhause­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany